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Qualitätssicherungssystem endgültig geplatzt?

Aemisegger1.JPGWie lange kann Bundesrichter Heinz Aemisegger, links im Bild, als Lobbyist der Mobilfunkbetreiber, beim Bundesgericht den Schlamassel mit dem sogenannten Qualitätssicherungssystem noch decken?

Vorgeschichte

Die Sendeleistungen von Mobilfunkstationen können vom Netzbetreiber mittels Fernsteuerung reguliert werden,. Die in den Baugesuchen (Standortdatenblättern deklarierte abgestrahlte Leistung ist in der Regel 10 bis 30 mal niedriger als die technisch maximal mögliche Strahlungsleistung der verwendeten Antennen.

Es besteht deshalb keine Gewähr dafür, dass die Grenzwerte im Betrieb tatsächlich eingehalten werden.  Die Anwohner von Mobilfunkanlagen haben jedoch ein schutzwürdiges Interesse daran, dass die Einhaltung der NIS-Grenzwerte durch objektive und überprüfbare bauliche Vorkehrungen gewährleistet sind.  Siehe dazu Bundesgerichtsurteil 1A 160/2004 (Bolligen) Das Bundesgericht verlangte hier objektive und überprüfbare bauliche Vorkehrungen, also klare Hardwareanpassungen an den Antennen und Senderendstufen.

Nebst dem ferngesteuerten Ueberfahren der deklarierten Leistungen können auch die im Baugesuch deklarierten vertikalen Abstrahlwinkel ferngesteuert über den deklarierten Bereich hinaus abgesenkt werden, was ebenso zu massiven Grenzwertüberschreitungen führen kann. 

von Hans-U. Jakob, 25.3.08

Das Bundesgericht wird unterlaufen

Um das Urteil von Bolligen zu unterlaufen, haben Mobilfunkbetreiber, Kantonale Umweltämter (zusammengeschlossen im sogenannten Cercl‘ d’Air) das Bundesamt für Umwelt und das Bundesamt für Kommunikation gemeinsame Sache gemacht und den Einbau eines sogenannten Qualitätssicherungssystems in den Steuerzentralen der Mobilfunkbetreiber verlangt und mitentwickelt.

Das Funktionieren dieses softwaremässig eingebauten Systems ist jedoch höchst fragwürdig bis unglaubwürdig.    Siehe /phantastisches-qualitaetssicherungssystem/

In sämtlichen der zahlreichen Bundesgerichtsurteilen zu diesem Thema, spricht das höchste Gericht davon, dass die Volzugsbehörden (Kantone und Gemeinden) fortan mittels Stichproben zu  beweisen haben, dass das QS.System ein taugliches Instrument zwecks Ueberprüfung der Einhaltung der deklarierten Sendeleistungen und Einstellwinkel sei.

Gigaherz hat in mehreren Beschwerdeverfahren beim Bundesgericht wiederholt darauf hingewiesen, dass sich solche unangemeldeten Stichproben logischerweise nur von ferne, das heisst nur online, mittels Datenleitungen zu den Steuerzentralen der Mobilfunkbetreiber und mit der erforderlichen Soft- und Hardware bei den kantonalen Umweltschutzämtern und dies erst nur mit speziell ausgebildetem Personal vornehmen lassen.

Die Notlüge kantonaler NIS-Fachstellen

Wie wir aus sicherer Quelle wissen, verfügte auch Ende März 08 noch kein einziger Kanton und keine einzige Gemeinde die zu diesen Stichproben notwendigen Datenleitungen, sowie die erforderliche Hard- und Software sowie das erforderliche Personal. Es ist auch nicht anzunehmen, dass dies je der Fall sein wird, weil dazu schlicht die finanziellen Mittel fehlen. Die Vereinigung der Kantonalen NIS-Fachstellen, der sogenannte Cercle d’air hat sich bereits letzten Sommer auf folgende Notlüge geeinigt:

Zitat: „Gegenwärtig führen die kantonalen NIS-Fachstellen Stichprobenkontrollen bei den Mobilfunkbetreibern durch.  Die Auswahl der zu prüfenden Mobilfunkbasisstationen findet spontan vorort beim Netzbetreiber, das heisst in dessen Betriebszentrale statt.  Dabei werden die aktuell eingestellten Betriebsdaten mit den bewilligten Werten verglichen.  Die Bewilligungsbehörden haben jederzeit auch die Möglichkeit, die Betriebsdaten jeder Mobilfunkbasisstation in der NIS-Datenbank des BAKOM abzufragen.“ Ende Zitat

Diesem Zitat angefügt sind, je nach Kanton, noch die persönlichen Beteuerungen des jeweiligen Vollzugsbeamten, dass er jederzeit unangemeldet in jede beliebige Steuerzentrale „einmarschieren“ könne.

Die Situation ist weit skandalöser als erwartet.

Dass die Aussagen der kantonalen NIS-Beamten nicht stimmen, musste das Bundesamt für Umwelt (BAFU) dem Bundesgericht bereits am 14 Dezember 07 (in einem Gigaherz vorliegenden Brief) bestätigen, in welchem es heisst:

Zitat: „In der Regel melden sich die für den Vollzug der NISV zuständigen Behörden tatsächlich vorgängig beim entsprechenden Mobilfunkbetreiber an, wenn sie Stichkontrollen durchführen wollen, da auch die entsprechenden Fachkundigen des Betreibers vor Ort sein sollten.  Die Behörde gibt jedoch nicht zum Voraus bekannt, welche Mobilfunkbasisstationen überprüft werden sollen.  So ist es dem Betreiber nicht möglich, vorgängig gezielte Aenderungen an den Daten der Datenbank des QSS vorzunehmen.“ Ende Zitat.

Es wird immer schöner

In einem weiteren, Gigaherz ebenfalls vorliegenden Brief, schreibt das Bundesamt für Umwelt dem Bundesgericht am 12. März:

Zitat: „In Erfüllung ihres Kontrollauftrages haben die Kantonalen NIS-Fachstellen auf Empfehlung der Arbeitsgruppe NIS des Cercl‘ d’Air in der zweiten Jahreshälfte des vergangenen Jahres bei den Mobilfunkbetreibern umfangreiche Stichkontrollen nach einem vom Ausschuss der Arbeitsgruppe NIS ausgearbeiteten Konzept durchgeführt.  Zurzeit werden die Ergebnisse ausgewertet.“  Ende Zitat.

Was steckt hinter diesen salbungsvollen Worten?

Die Bausektion der Stadt Zürich plaudert in einer Gigaherz ebenfalls vorliegenden Stellungnahme vom 5. Februar 08 aus der Schule:

Zitat“  Jede Mobilfunkunternehmung wird von einer ausgewiesenen Fachperson 2 mal im Jahr aufgesucht. Bei jedem Besuch lässt sich der betreffende Sachbearbeiter die Betriebsdaten von ca 10 Antennenanlagen vorführen.“  Ende Zitat

Ob alle 20 NIS-Fachstellen gemeinsam 2 mal im Jahr einen Sachbearbeiter schicken, oder ob jede NIS-Fachstelle das separat macht, lässt die Bausektion der Stadt Zürich offen.

Bei der ersten Variante würden gerade mal 10 von 10‘000 Anlagen überprüft und bei der zweiten Variante wären es 200 von 10‘000

Das ergibt eine Wahrscheinlichkeit, dass ein Mobilfunkbetreiber beim Mogeln erwischt wird von 0.1% und in der zweiten eher unwahrscheinlichen Variante von 2%

(Wir gehen davon aus dass Orange und Sunrise je 8000 und Swisscom 10‘000Anlagen im Betrieb hat.)

FAZIT

Die Schweizer Mobilfunkbetreiber überwachen sich mittels eines ungeprüften Qualitätssicherungssystems gleich selbst.   Das System gilt als ungeprüft, weil  die Prüffirma wohl ein SES Zertifkat besitzt, jedoch von einer seriösen Prüfung einer Industrie-Software offensichtlich keine Ahnung hat. /phantastisches-qualitaetssicherungssystem/

Solchermassen liederlich geprüfte Anlagen weisen erfahrungsgemäss in sich selbst bereits Fehlerquoten von mindestens 10% auf.

  • Die Vollzugsbehörden haben keinerlei Online-Zugriff auf die Betriebsdaten.
  • Die Vollzugsbehörden müssen sich für sogenannt unangemeldete Stichproben voranmelden
  • Die Vollzugsbehörden prüfen stichprobenweise gerade 2 mal im Jahr 10 Anlagen.

Tritt bei dieser liederlichen Kontrolle der unwahrscheinliche Zufall ein, dass ein Mobilfunkbetreiber beim Mogeln erwischt wird, existieren keinerlei Strafbestimmungen

Wewitere Angaben zum QS-System:

/wurmmaessige-stichproben/  wurmmässiges QS-System

/bundesamt-fuer-umwelt-meldet-klaegliches-scheitern-des-qs-systems/  BAFU meldet klägliches Scheitern des QS-Systems

Von Hans-U. Jakob

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