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Die Lobbyisten lassen nicht locker

Nach dem Abstimmungs-Debakel im Ständerat vom 8.Dezember 2016, wo mit 20:19 Stimmen eine Lockerung der Schweizerischen Strahlungs-Grenzwerte für Mobilfunk abgelehnt wurde, proben die Strahlemänner erneut den Aufstand.

von Hans-U. Jakob, Gigaherz.ch
Schwarzenburg, 27. August 2017

Diesmal in einer Fragestunde an den Bundesrat, eingereicht am 6.6.2017 von Nationalrat Christian Wasserfallen (im Bild links) namens der FDP-Liberalen Fraktion.

Fragen von NR Wasserfallen an den Bundesrat:

Am 11. Januar 2017 hat der Bundesrat den Bericht „Rahmenbedingungen der digitalen Wirtschaft“ verabschiedet. Für die Digitalisierung der Schweiz sind die Mobilfunknetze ein wesentlicher Pfeiler. Eine qualitativ hochstehende Mobilfunk-Infrastruktur ist für Privatpersonen, die Wirtschaft sowie die Sicherheitsorganisationen unabdingbar. Im Gegensatz zum öffentlichen Verkehr und zu den Strassennetzen werden Mobilfunknetze aber grundsätzlich durch Private aufgebaut, unterhalten und finanziert. Für die Beschaffung von Standorten für Mobilfunkanlagen müssen die Anbieter mit Grund- und Hauseigentümern Verträge abschliessen und Mietpreise aushandeln. In der Wahl der Standorte sind diese keineswegs frei und müssen oft langwierige Baubewilligungsverfahren durchlaufen. Danach sind sie an diesen Standort gebunden und können nicht einfach ein alternatives Angebot auf dem Nachbargebäude einholen. Angebot und Nachfrage spielen hier leider nicht und das macht die Betreiber von Mobilfunkanlagen erpressbar. Bei Neuabschlüssen und Vertragsverlängerungen wird das leider zunehmend ausgenutzt, um die Mietpreise in die Höhe zu treiben.
Aufgrund diesen Überlegungen wird der Bundesrat aufgefordert, folgende Fragen zu beantworten:

Frage 1:
Wie gedenkt er, den für die Digitalisierung der Schweiz benötigten Ausbau der Mobilfunknetze weiterhin zu ermöglichen und zu unterstützen?

Frage 2:
Wo sieht er Möglichkeiten, um das Aufrüsten von bestehenden Anlagen mit neuen Technologien und Frequenzen zu erleichtern?

Frage 3:
Ist er der Meinung, dass die Position der Mobilfunkanbieter gegenüber den Hauseigentümern gestärkt werden müsste, so dass sie ihrem Versorgungsauftrag nachkommen können?

Frage 4
: Welche Möglichkeit sieht er, um konkrete gesetzliche Rahmenbedingungen im Rahmen der laufenden Revision des Fernmeldegesetzes zu schaffen, die die Höhe und Anpassung der Mietpreise für Antennenanlagen präzisieren?

Frage 5:
Wo sieht er Handlungsoptionen betreffend die Unterstützung der Mobilfunkanlagen von Seiten der Behörden sowie der Bundesbetriebe und staatsnahen Betriebe wie z.B. die SBB?

ANTWORT DES BUNDESRATES VOM 23.08.2017

Dem Bundesrat ist eine gute Versorgung der Schweizer Bevölkerung und Wirtschaft mit leistungsfähigen Mobilfunkdiensten ein wichtiges Anliegen, um die Ziele der Digitalisierung zu erreichen. Er hat sich auch bereits mit der Problematik des Auf- und Ausbaus der Mobilfunknetze befasst und am 25. Februar 2015 in Erfüllung der Postulate 12.3580 Ruedi Noser „Zukunftstaugliche Mobilfunknetze“ und 14.3149 FDP-Liberale Fraktion „Weniger Mobilfunkantennen dank Verbesserung der Rahmenbedingungen“ einen Bericht dazu verabschiedet. Darin hat er die notwendigen Rahmenbedingungen für einen Ausbau zukunftstauglicher Mobilfunknetze dargelegt und festgestellt, dass die Kapazität der Netze aufgrund des starken Wachstums des zu übertragenden Datenvolumens stetig erhöht werden muss. Kapazitätserweiterungen sind insbesondere durch die Nutzung zusätzlicher Frequenzen, die Einführung neuer und effizienter Technologien sowie durch den Bau zusätzlicher Antennenanlagen im Rahmen der Verdichtung der Netze möglich.
Der Ausbau bestehender Antennenanlagen mit neuen Frequenzen und die Einführung zusätzlicher Technologien führen in der Regel zu einer Erhöhung der Sendeleistung. Aufgrund der heute geltenden Vorsorgewerte der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV) ist eine Erhöhung der Sendeleistung bei einem grossen Teil der bestehenden Anlagen nicht mehr möglich. Wo dies der Fall ist, kann eine Erhöhung der Netzkapazitäten nur durch den Bau zusätzlicher Antennenanlagen erreicht werden.

Kommentar von Gigaherz: Das stimmt so nicht. Die meisten heutigen Antennenanlagen sind sozusagen «übermotorisiert» das heisst, diese werden im Vergleich zum Ausland mit viel zu hohen Leistungen betrieben, nur um der Konkurrenz die Mitbenützung des Standortes infolge ausgeschöpfter Grenzwerte zu verwehren. Die Mobilfunkbetreiber können die bewilligte maximale Sendeleistung eines Antennenstandortes ganz gut ohne Qualitätseinbusse unter sich aufteilen. Der Hortung von nicht benötigter Sendeleistung muss ein Riegel geschoben werden. Quelle: über 250 neue Standortdatenblätter aus Baurechts-Verfahren der letzten 5 Jahre im Gigaherz-Archiv.

Der Bundesrat: Die Motion 16.3007 der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen NR  «Modernisierung der Mobilfunknetze raschestmöglich sicherstellen» bezweckte, den Bundesrat zur Anpassung der NISV zu bewegen und insbesondere die NIS-Vorsorgewerte anzuheben. Die Motion wurde vom Nationalrat angenommen und vom Ständerat abgelehnt.

Antwort des Bundesrates zur Frage 1:
Im Rahmen der Verabschiedung des Nationalen Frequenzzuweisungsplans (NaFZ) im Herbst 2017 wird der Bundesrat zusätzliche Frequenzen für den Ausbau der Mobilfunknetze verfügbar machen. Die für die Vergabe dieser Frequenzen zuständige Eidg. Kommunikationskommission ist daran, das entsprechende Vergabeverfahren vorzubereiten. Zudem schlägt der Bundesrat im Rahmen der anstehenden Revision des Fernmeldegesetzes eine Flexibilisierung der Frequenznutzung vor (Network-Sharing, Frequenzhandel).

Antwort des Bundesrates zur Frage 2:
Die Kapazität der bestehenden Anlagen kann erhöht werden, indem alte Mobilfunktechnologien, welche die Frequenz- und Strahlungsressourcen ineffizient nutzen, ausser Betrieb genommen werden. Alle drei schweizerischen Mobilnetzbetreiber haben angekündigt, diesen Schritt in den nächsten Jahren zu tun und die veraltete GSM-Technologie abzuschalten. Dadurch entsteht Spielraum für den Einsatz neuer Frequenzen und Technologien. Für eine weiter gehende Kapazitätssteigerung wäre eine Lockerung der vorsorglichen Emissionsbegrenzungen der NISV erforderlich, was der Ständerat am 8. Dezember 2016 mit Blick auf ungewisse Langzeitauswirkungen der Mobilfunkstrahlung abgelehnt hat.

Das UVEK plant jedoch, den heute vorhandenen Spielraum für die Berechnung und Messung der Strahlung besser zu nutzen, was den Betreibern eine moderate Kapazitätserhöhung unter Einhaltung der aktuell gültigen NIS-Vorsorgewerte ermöglichen wird.

Kommentar von Gigaherz: Das dumme Volk soll also einmal mehr nach Noten belogen und betrogen werden?
Den Ansatz dazu kennen wir bereits. Mit der Berechnung lässt sich nicht mogeln, da gelten physikalische und nicht juristische Gesetze. Und an der «Strahlenphysik» kann selbst der mobilfunkfreundlichste  Bundesrichter nichts ändern. Sollte da etwa an Dämpfungsfaktoren herumgeschraubt werden, wüsste sich Gigaherz schon zu wehren.
Wahrscheinlich wollen die Kollaborateure auf den Bundesämtern die Sendeleistungen anhand der Abnahmemessungen, welche bis zu 45% zu wenig anzeigen dürfen, um diesen Prozentsatz erhöhen? Ohne uns!
Siehe:
https://www.gigaherz.ch/weiterhin-wahrsagen-und-kaffeesatzlesen-bei-abnahmemessungen-an-mobilfunk-basisstationen/

Der Bundesrat: Sollte sich die Einhaltung der Anlagegrenzwerte der NISV beim weiteren Ausbau der Mobilfunknetze als technisch oder betrieblich nicht möglich oder als wirtschaftlich nicht tragbar erweisen, wäre eine Erhöhung der Werte ins Auge zu fassen, sofern dadurch keine schädlichen oder lästigen Einwirkungen resultieren (Art. 11 Abs. 2 und Abs. 3 des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 1983, SR 814.01).

Kommentar von Gigaherz: Dem Vorsorgeauftrag des Umweltschutzgesetzes wird bereits mit der heutigen Immissionsbegrenzung (sprich Anlagegrenzwert) nicht nachgelebt. Im Gegenteil, gemäss oben zitiertem Artikel 11 Abs.3 USG wäre der Bundesrat sogar bereits heute verpflichtet, eine Grenzwertverschärfung vorzunehmen. Der Anlagegrenzwert von 5V/m, welcher fälschlicherweise als Vorsorgewert proklamiert wird, ist längst überholt. Die EUROPAEM-EMF-Richtlinie verlangt für Orte wo sich Menschen längere Zeit aufhalten, im Frequenzbereich des Mobilfunks Richtwerte von 0.19V/m tagsüber und 0.06V/m nachts. Siehe https://www.gigaherz.ch/nur-die-fsm-waescht-weisser/
Und dass die Schweiz 10 mal strengere Grenzwerte als die EU habe, ist eh der grösste Schwindel, welcher der hiesigen Bevölkerung je übergezogen wurde. Da in der Schweiz die Grenzwerte dort erfasst werden, wo diese aus Gründen der Distanz und)oder aus Gründen der Abweichung zur Senderichtung ohnehin ganz von selbst auf 10% der EU-Werte zurückgegangen sind. Siehe   
https://www.gigaherz.ch/grenzwerterhoehung-die-wahnsinnsidee-einiger-motionaere/

Zu den Fragen 3 und 4: Der Ausbau der Mobilfunknetze erfolgt marktgetrieben. Die Verhandlungen zwischen Hauseigentümern und Mobilfunkanbietern betreffend die zu entrichtenden Mietpreise sind privatrechtlicher Natur. Der Bundesrat hat diesbezüglich keine Handhabe.
Falls im Rahmen der anstehenden Revision des Fernmeldegesetzes Massnahmen bezüglich der Mietpreise für Antennenstandorte thematisiert würden, wäre zu bedenken, dass entsprechende Regelungen einen massiven Eingriff in die Privatautonomie darstellen und eigentumsrechtlich bedenklich sein könnten.
Das geltende Fernmelderecht sieht in Art. 36 FMG bereits das Enteignungsrecht zur Erstellung von Fernmeldeanlagen vor. Im Bereich des Mobilfunks wurde von diesem Recht jedoch bis anhin kein Gebrauch gemacht. Die Durchführung von Enteignungsverfahren beinhaltet insbesondere die Gefahr, dass die Akzeptanz von Mobilfunkantennen in der Bevölkerung weiter abnehmen könnte.

Kommentar von Gigaherz: So weit sind wir also schon. Da sich schon bald keine Haus- und Grundstückeigentümer, die noch bei Verstand sind, mehr finden lassen, welchen man einen Antennenmast auf ihr Hausdach- resp. Grundstück stellen kann, fassen die Mobilfunker bereits das Enteignungsrecht ins Auge.
Es fragt sich jetzt wirklich, wer da wen erpresst? Ob die Haus- und Grundeigentümer mit ihren Mietzinsforderungen die Mobilfunker oder die Mobilfunker die Haus- und Grundeigentümer mit der Enteignungs-Androhung?
Bei 52% oder 4.3Millionen Menschen in diesem Land, welche Mobilfunk-Antennen für gefährlich oder eher gefährlich halten, wird kaum mehr ein vernünftiger Hauseigentümer und Vermieter ein solches Monstrum auf einem seiner Dächer haben wollen. Ausgenommen solche, die nicht dort wohnen oder so oder so bereits um den Kunkurs herum tanzen. Siehe
https://www.gigaherz.ch/die-8-hoechsten-gefahren-fuer-die-schweiz/ Lieber Bundesrat: Wer da noch von Akzeptanz spricht, dem ist nicht mehr zu helfen.

Zu Frage 5:
Die Zuständigkeiten für die Erteilung von Baubewilligungen für Mobilfunkantennen liegen im Kompetenzbereich der kantonalen und kommunalen Behörden. Diese stützen sich bei ihren Entscheiden jeweils auf die entsprechenden bau- und planungsrechtlichen Vorgaben. Der Bundesrat hat mit seiner Botschaft vom 16. November 2016 zur Organisation der Bahninfrastruktur einen neuen Absatz 1bis zu Artikel 18 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (EBG; SR 742.101) vorgeschlagen, der bezüglich Versorgung der Eisenbahnlinien deutliche Verbesserungen brächte. Darüber hinaus erachtet er Handlungsoptionen, welche die geltende föderalistische Zuständigkeitsordnung in Frage stellen würden, als nicht zielführend.
Hingegen begrüsst der Bundesrat allfällige Vereinbarungen zwischen den Mobilfunkanbietern und Bundesbetrieben sowie staatsnahen Betrieben, welche zum Ziel haben, den Bau von Digitalisierungsinfrastrukturen wie etwa Mobilfunkanlagen zu fördern. Entsprechende Vereinbarungen liegen im Kompetenzbereich der einzelnen Betriebe. Der Bundesrat nimmt keinen Einfluss auf die operativen Tätigkeiten der bundesnahen Betriebe.

Kommentar Gigaherz: Zum Glück sind Bundesbetriebe und bundesnahe Betriebe nicht so dicht gesät, dass die landesweite Verseuchung mit Mobilfunkantennen von dort aus stark ins Gewicht fallen würde. Mit Bundesämtern haben wir eher die Erfahrung gemacht, dass sich diese die Mobilfunkantennen in ihrer Nähe eher demontieren, als etwa noch auf ihre Hausdächer stellen lassen. Ein Prachtsbeispiel haben wir bei unserem Bundesamt für Gesundheit in Liebefeld bei Bern. Hier wurden 2 Sektorantennen, die auf das neue BAG-Gebäude gerichtet waren, kurzerhand demontiert. Eigentlich verrückt….. Siehe https://www.gigaherz.ch/strahlungsmessungen-im-who-gebaeude-in-genf/

Und wer gerne wissen möchte, wie viel man im Bundesrat von Moobilfunk versteht, bitte hier entlang: https://www.gigaherz.ch/kaiserschmarren/
Dazu gibt es auch noch einen hübschen Film. Bitte sehr:
http://www.mobilejoe.ch/neu/news/wlan_info_new_kaiserschmarren.html (zum Filmstart etwas hinuterscrollen)

Von Hans-U. Jakob

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