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AXPO wirft das Handtuch

19km Hochspannungsleitung von Müllheim (Hasli) bis Schlattingen (TG) kommen unter den Boden

Von Hans-U. Jakob

Schwarzenburg, 19.12.2013

Es handelt sich zwar „nur“ um eine 110kV-700Amp. Leitung, aber nichtsdestotrotz um einen weiteren Meilenstein in der Geschichte um die Erdverlegung von Hochspannungsleitungen in der Schweiz.

Nach 5 Jahre langem Seilziehen mit Anwohnern und Umweltorganisationen gab der AXPO-Konzern in einer überraschenden Medienkonferenz am 11.Dezember in Diessenhofen (TG) eine noch „überraschendere“ Erklärung ab.




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Bild oben: Seerücken ohne Hochspannungs-Freileitung



Da die Boden-Verkabelungstechnik in den letzten Jahren grosse  Fortschritte gemacht habe, die Kabelpreise massiv gesunken seien(?)  und mit Bodenkabeln bis 75% der Strom-Transportverluste eingespart werden könnten, möchte die AXPO auf die geplante Hochrüstung der bestehenden Freileitung verzichten und diese über 19km in den Boden verlegen.

Die bestehende 50kV (Kilovolt)-Freileitung sollte ursprünglich abgebrochen und durch eine 110kV-700Ampère Freileitung mit wesentlich stärkeren und höheren Masten ersetzt werden.

Da sich auf Grund der geänderten Rahmenbedingungen eine Projektänderung geradezu aufgedrängt habe, sagte Dieter Reichelt, Leiter Division Netze bei AXPO, würde jetzt ein neues Projekt mit Erdverlegung der 19km aufgelegt.    

Damit schiesst die AXPO dem Departement Leuthard (UVEK), den Bundesämtern BAFU und BFE, der ELCOM (Eidg. Elektrizitätskommission) und der neuen Netzgesellschaft Swissgrid voll in den Rücken.

Denn es war im Kanton Thurgau nicht anders als im Kanton Bern, als die Bundesämter die Interessen der Stromnetzbetreiber BKW bei der geplanten Hochrüstung der 230kV-Freileitung von Wattenwil nach Mühleberg, wesentlich besser verteidigt hatten als deren 72 Anwälte. Bekanntlich redete man damals von einer Preisdifferenz von Faktor 14 zu Gunsten der Freileitung.

Trotz rigoroser Korrektur dieses Faktors nach unten durch das Bundesgericht (siehe unter /hochspannunsleitung-wattenwil-muehleberg/ ) und nun auch noch durch den AXPO-Stromkonzern selbst, versuchen das UVEK und die Bundesämter immer noch krampfhaft, den Bau von Hochspannungs-Freileitungen am Leben zu erhalten.

Dies mittels eines Bewertungsschemas mit Punktevergabe pro Freileitung oder pro Erdkabel, welches dermassen raffiniert aufgebaut ist, dass Freileitungen praktisch immer obsiegen müssen. Was noch schlimmer ist als dieses Mogelschema, ist der zur Zeit laufende Versuch die Einspracherechte der Bevölkerung massiv einzuschränken. Siehe unter /bundesaemter-immer-noch-nicht-auf-dem-stand-der-technik/

Das kann nicht gut kommen! Der Landesfrieden könnte massiv gestört werden. Mit den Einsprachemöglichkeiten konnte der Druck der aufgebrachten Bevölkerung immerhin durch ein Überdruckventil abgelassen werden. Wenn Regierung und Stromkonzerne dieses Ventil zuschweissen, könnte der Dampfkessel auf welchem sie sitzen, bald einmal explodieren!

Iinteressant an der Medienkonferenz von AXPO war deren Feststellung, das Umschwenken auf Bodenkabel sei keineswegs auf die Einsprachen von Anwohnern zurückzuführen, sondern auf die Erkenntnis, dass eine Bodenverkabelung bei 110kV/700Amp. sogar preisgünstiger sei.

Das glauben wir gerne, denn noch vor 11 Monaten hatte AXPO versucht, die Kabeltrassee auf praktisch ebenem Gelände mit zahlreichen unnötigen Umwegen und ebenso unnötigen scharfen Richtungsänderungen, künstlich zu verdoppeln, um wenigstens noch den doppelten Preis einer Freileitung herauszuschinden. Ebenso wurden die Stromverlustkosten für einen Strom von bloss 170 der möglichen 700Ampèere berechnet.

Jetzt drängt offensichtlich der Zeitfaktor. Hätten das BFE, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesgericht nochmals je 2-3 Jahre vertrödelt, wäre man wiederum auf den 9-10 Jahren Projektverzögerung angelangt, mit dem Ergebnis wie bei Wattenwil-Mühleberg, dass die Projektanten nach 9 Jahren Krieg mit den Anwohnern, wieder zurück an den Start gepfiffen werden.

Schlussendlich ist es egal, aus welchen Gründen auch immer eine Erdverlegung zustande kommt. Hauptsache sie kommt!

Gigaherz ist stolz darauf, auch bei diesem Entscheid, wenn diesmal auch nur in bescheidenem Rahmen, mitgewirkt zu haben.

Von Hans-U. Jakob

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