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NFP-57 – Manipulation der öffentlichen Meinung?


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Medienmitteilung


St. Gallen, 9. Mai 2011

Medien sollen dem Nationalfonds helfen, die öffentliche Meinung zu manipulieren

Stellungnahme des Dachverbandes der Elektrosmog-Schutzorganisationen der Schweiz und des Fürstentum Liechtensteins zur Pressekonferenz des Schweizer Nationalfonds am 12. Mai 2011 und zur Informationsveranstaltung am 20. Mai 2011 in Bern.

MedienvertreterInnen wurden auf den 12. Mai zu einer Pressekonferenz des Schweizer Nationalfonds eingeladen.  Ausgewählte Ergebnisse des nationalen Forschungsprogramms Nr. 57 zu den Risiken des Elektrosmogs (NFP57) sollen an diesem Anlass präsentiert werden. Die Schutzorganisationen der Schweiz wurden nicht zu dieser Konferenz eingeladen. Auch hat der Nationalfonds bislang den Einblick in die ihm schon längere Zeit vorliegenden Forschungsberichte mit fadenscheinigen Argumenten verweigert. Erst auf den 20. Mai wurden die Elektrosmog-Schutzorganisationen zu einer gesonderten Informations- und Diskussionsveranstaltung in Bern eingeladen, an der dann vermutlich erstmals vertiefte Einblicke in die Studienergebnisse gewährt werden.

Versierte Medienschaffende durchschauen das Vorgehen des Nationalfonds sofort. Es wird für die Medien ein Anlass inszeniert, bei dem kritische Fragen der Schutzorganisationen unerwünscht sind. Die Schutzorganisationen will man erst später an einem gesonderten Anlass – natürlich ohne Medienpräsenz – informieren. Ist es für eine mit Steuergeldern finanzierte Institution wie den Nationalfonds opportun, die Medien auf derart durchschaubare Weise instrumentalisieren zu wollen? Was hat der zu Unabhängigkeit verpflichtete Nationalfonds für Gründe, dass er mit so wenig Transparenz vorgeht? Jedenfalls kommen Zweifel auf, ob die finanziellen Mittel wirklich zweckmässig und den Stiftungsstatuten entsprechend eingesetzt wurden.

Bei den Forschungsvorhabengeht es um die gegenwärtig besonders aktuellen Strahlenrisiken, mit gesundheitlichen Auswirkungen für grosse Bevölkerungsteile. Wir bitten deshalb alle Medienschaffenden, diese vorbereitete Manipulation der öffentlichen Meinung nicht zu unterstützen und erst nach der zweiten und wesentlich ausführlicheren Informationsveranstaltung vom 20. Mai ausgewogen zu berichten.

Auch wenn vom Nationalfonds bislang der Einblick in die Forschungsberichte der elf Projekte verweigert wurde, lassen sich aufgrund der Vorgeschichte bereits einige kritische Fragen stellen. Da die Schutzorganisationen nicht zur Pressekonferenz eingeladen wurden, werden die dort anwesenden Medienschaffenden dringend gebeten, die eine oder andere der in der Beilage aufgeführten Fragen selber zu stellen.

Beilage:          Fragen zur Organisation des NFP57

Verteiler:        Medien, National- und Ständerat

Beilage zur Medienmitteilung, St. Gallen, 9. Mai 2011

Fragen zur Organisation des NFP57

Frage 1

Weshalb wurde die Zusammenfassung der Forschungsergebnisse (Synthesebericht) nicht schon vorab veröffentlicht, damit an der Pressekonferenz konkrete Fragen dazu gestellt werden können?

Frage 2

Die beteiligten Forscher mussten dem Nationalfonds ihre einzelnen Forschungsberichte abgeben, damit das Leitungsgremium nach eigenen Präferenzen die Zusammenfassung (Synthesebericht) erstellen konnte. Weshalb durften die Forscher ihre detaillierten Berichte vorgängig nicht auch an andere interessierte Kreise, wie beispielsweise Schutzorganisationen abgeben?

Frage 3

Die referierenden Projektleiter des NFP57 sind Elektrotechniker und Statistiker. Was sagen die ebenfalls am Projekt beteiligten Mediziner und Biologen zu den gesundheitlichen Risiken elektromagnetischer Strahlung?

Frage 4

Weshalb sind im Leitungsgremium des NFP57 nachweislich Interessenvertreter der Industrie (z.B. ICNIRP als rein privater Verein von 14 Mitgliedern, die sich gegenseitig selbst wählen oder absetzen), aber keine Vertreter von Betroffenenorganisationen aufgenommen worden? Die Europäische Umweltagentur, bei der auch die Schweiz Mitglied ist, fordert schon lange, dass die Bevölkerung frühzeitig in umweltbezogene Forschungsprojekte einbezogen werden soll.

Frage 5

Ist der Stiftungsrat des Nationalfonds bereit, die Industrieverflechtungen der Mitglieder des Leitungsgremiums lückenlos aufzudecken und zu publizieren?

Frage 6

Wer hat den Nationalfonds, der über keine eigene Kompetenz auf dem Gebiet der elektromagnetischen Strahlung verfügt, bei der Konzeption des NFP57 und der Zusammenstellung des Leitungsgremiums beraten?

Frage 7

Zu Beginn der Forschungsarbeiten wurde erklärt, dass die zu erwartenden Ergebnisse grundlegender Natur sein werden und sicher keine konkreten und abschliessenden Hinweise zur in der Praxis besonders interessierenden Gesundheitsfrage liefern werden. Wird man an der Pressekonferenz gegenteilig doch Stellungnahmen zur Gesundheitsfrage und insbesondere zu den Grenzwerten abgeben?

Frage 8

Der Bund beabsichtigt dieses Jahr Konzessionen für die vierte Generation des Mobilfunks (LTE) zu versteigern. Dies, obwohl weltweit keinerlei Forschungsarbeiten hinsichtlich der gesundheitlichen Risiken dieser neuen Funktechnologie bekannt sind. Auch im NFP57 wurde LTE nicht auf seine Gesundheitsverträglichkeit hin untersucht. Wird man an der Medienkonferenz trotzdem erklären, dass dem Ausbau der zukünftigen Mobilfunknetze aus gesundheitlicher Sicht nichts entgegensteht?

Frage 9

Wird man erklären, dass weiterhin (unbestrittenerweise) Forschungsbedarf besteht, aber implizit weismachen wollen, dass deshalb vorsorgliche Schutzmassnahmen für die Bevölkerung nicht notwendig seien?

Frage 10

Es wurden Arbeiten in Auftrag gegeben, bei denen schon vom Studiendesign her klar ist, dass deren Ergebnisse keine Praxisrelevanz haben und deshalb keine direkte Gefahr für die Industrie darstellen. Lässt man vereinfacht ausgedrückt, Wissenschafter – gut bezahlt – Eisbären in der Wüste suchen?

Frage 11

Weshalb wurden keine relativ einfach und kostengünstig durchzuführende Studien im Umfeld von Mobilfunk- und Rundfunksendeanlagen durchgeführt? Solche Studien liefern nämlich im In- wie im Ausland regelmässig kritische Ergebnisse, was Gesundheitsschäden anbelangt.

Frage 12

Es wurden 36 Projekte eingereicht aber bloss 11 mit grosser Verzögerung durchgeführt. Weshalb hat der Nationalfonds trotz früheren Anfragen die Themen der unberücksichtigten Projektanträge nicht (anonymisiert) veröffentlicht? Waren unter diesen auch solche mit hoher Praxisrelevanz hinsichtlich gesundheitlicher Risiken?

Frage 13

Weshalb wurden einige Studien mit (realitätsfernen) Computersimulationen und Modellen finanziert, anstatt klinische und epidemiologische Studien mit mehr Praxisrelevanz durchzuführen?

Frage 14

Weshalb wurden keine praktischen Studien an Tieren durchgeführt? Die vielen und inzwischen wissenschaftlich belegten Schäden beispielsweise bei landwirtschaftlichem Nutzvieh, bei Bienen und bei Amphibien sollten doch genügend Anlass dazu geben. Liegt es möglicherweise daran, dass es bei Tieren äusserst schwierig wäre, wie gehabt damit zu argumentieren, dass Krankheitssymptome, welche durch Elektrosmog ausgelöst werden, rein psychosomatischer Natur seien?

Frage 15

Am 30. April 2011 fand in Bern der 8. Nationale Elektrosmog-Kongress in Bern statt. Rund 180 Personen aus der Schweiz und den Nachbarländern nahmen an dieser Veranstaltung teil (Infos auf www.gigaherz.ch). Forschungsarbeiten auf dem neuesten Stand der Medizin und der Technik wurden von renommierten Wissenschaftern präsentiert – Arbeiten, die zum Teil weit über die des NFP57 hinausgehen. Am Kongress hat kein einziger Vertreter der geladenen Presse teilgenommen. An der Pressekonferenz des Nationalfonds werden wohl zahlreiche Journalisten anwesend sein. Was sind die Gründe für diese Selektion?

Frage 16

Ist es nicht ein wichtiges Anliegen der meisten Anwender, dass Handy-Gespräche, SMS, elektronische Zeitungen und Fernsehsendungen mit der minimalst notwendigen Strahlung auf Handys, Smartphones und Tablet-Computer gesendet werden, um im Sinne der Vorsorge gesundheitliche Risiken verantwortungsvoll zu minimieren? Weshalb werden bislang keine Forschungsprojekte mit dem Ziel der Strahlungsminimierung beim Mobilfunk gefördert?

Ende der Medienmitteilung

Links zum 8. Nationalen Elektrosmog-Kongress vom 30.4.2011:

/der-8nationale-elektrosmog-kongress-vom-3042011/  Die Bilder

/der-8-nationale-elektrosmog-kongress-vom-3042011/  Die Vorträge

/am-8-nationalen-elktrosmog-kongress-vom-3042011/  Die Eröffnungsansprache

Weitere Informationen zur Geschichte des NFP-57:

/stiftungsaufsichtsbeschwerde-abgewiesen/

/nfp57-der-skandal-ist-perfekt/

/nfp-57-das-falsche-spiel-beginnt/

/nfp-57-der-skandal-geht-weiter/

/bundesrat-wuenscht-starke-industriepraesenz-im-forschungsprogramm-nfp-57/

Weitere Auskünfte bei

Hans-U. Jakob

Präsident von gigaherz.ch

tel 031 731 04 31

oder per e-mail: prevotec@bluewin.ch

Von Hans-U. Jakob

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