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Weihnachten 2020

Samichlaus fällt wegen Corona aus – Dafür kommt der Fichen-Fritz zurück. Statt „Oh du Fröhliche“ oder „Stille Nacht“, singen wir heuer „Fischers Fritz macht friche Fichen, frische Fichen macht Fischers Fritz.“

von Hans-U. Jakob (Gigaherz.ch)
Schwarzenburg, 24.Dezember 2020

Da haben wir ihn doch 1990 aus dem Land gejagt, meinten wir wenigstens. Jetzt ist er zurück. Voll digitalisiert und fleissiger denn je.

Die jüngeren Leser mögen sich kaum mehr oder überhaupt nicht daran erinnern, was 1989 passiert ist. Als im Bundeshaus zu Bern ein Archiv von fast einer Million Fichen (Karteikarten) durch Zufall ans Tageslicht kamen. Angelegt von einer munteren Schar übereifriger Staatsschützer, die sich tief im Hintergrund, auf Grund der damaligen Hysterie des kalten Krieges selbständig gemacht und über das ganze Land ein Nachrichtendienstnetz von ungeahnter Dichte errichtet hatten. Auf jedem Kantonspolizeiposten gab es einen vaterländisch gesinnten Polizisten, der neben normaler Polizeiarbeit als Staatsschutzbeauftragter funktionierte und jede Woche dem kantonalen Polizeikommando einen Rapport über Non-Konforme Bürgerinnen und Bürger abliefern musste. Nach einer ersten Triage wurden dann diese «Meldungen» über Leute welche die staatliche Ordnung irgendwie zu verbessern gedachten, nach «Bern» gemeldet.
Jeder dieser örtlichen Vaterlandssschützer hatte dann wiederum seine Spitzel und Zuträger in den örtlichen Vereinen, welche für ihn die Ohren offen hielten. Besonders fruchtbare Böden dazu fanden sich naturgemäss in den Schützengesellschaften. Wo jeder der seiner obligatorischen Schiesspflicht nur mit Widerwillen nachkam oder sich über ein schlechtes Resultat an Trefferpunkten überhaupt nicht ärgern oder gar schämen wollte, prompt einen Eintrag auf einer Fiche einhandelte.
Alle öffentlich geäusserten Ansichten, die etwas links der Mitte lagen, hatten gute Chancen auf einer der 990’000 Karteikarten eingetragen zu werden. Natürlich mit den üblichen Verdrehungen und Ausschmückungen.
Beliebte Opfer waren die Kämpferinnen und Kämper für Frauenrechte oder soziale Gerechtigkeit. Noch beliebter waren die AKW-Gegner, gefolgt von andern Umweltschützern, wie etwa den Warnern vor zu viel Elektrosmog. Damals gab es zwar noch keinen Mobilfunk. Die grössten Dreckschleudern bestanden damals aus den Mittelwellen- und Kurzwellen-Radiosendern oder aus den riesigen analogen TV-Sendern auf den Bergrücken

Da gab es die kuriosesten Einträge.
Etwa die Folgenden: Wenn sich der örtliche Polizist beklagte, er habe nicht beobachten können, wer alles an der Sitzung der «Freien» teilgenommen habe, da die Leiter, zu kurz gewesen sei, um einen Blick durchs Fenster im Sääli des Restaurants B werfen zu können.
Oder die «Grünen» würden jetzt ihre Sitzungen sogar in entlegenen Höfen abhalten und es gebe jeweils gefährliche Konflikte mit den Hofhunden. Abgesehen von den Spuren im Schnee, die er auf der Flucht vor einem solchen hinterlassen habe.
Zu komischen Situationen kam es etwa dann, wenn eine linientreue, aber dafür umso geschwätzigere Nachbarin beauftragt wurde, alle Autonummern zu notieren die auf deinem Parkplatz vor dem Haus stehen würden.

Gesammelt wurde schlichtweg alles, was irgendwie nicht ins Schema von Otto Normalbürger passte. Etwa wie Zitat: «Er trinkt abends gerne ein Bier»

Item die Sache flog auf, es gab eine parlamentarische Untersuchungskommission und die 700’000 Fichierten konnten ihre Fichen im Bundeshaus abholen. Die Enttäuschung war allerdings gross, als man feststellen musste, dass sämtliche Namen von Denunzianten geschwärzt worden waren. Oder schlimmer noch, wenn man den Bescheid erhielt: «Sie sind nicht verzeichnet, was jedoch auch bedeuten kann, dass über Sie eventuell ein Dossier besteht, das eventuell noch gebraucht wird». Da wusste man gleich viel, wie vorher.

Darüber hätte man ja nur laut lachen können. Aber das Lachen verging manchem, als er erfahren musste, dass Arbeitgebern bei Neuanstellungen Einsicht gegeben worden war und manch einer oder manch eine plötzlich erfahren musste, auf Grund welch lächerlicher Ficheneinträgen er oder sie eine bestimmte Stelle nicht erhalten hatte.
Selbst Selbständigerwerbende waren vor den übereifrigen Staatsschützern nicht sicher. Manch schöner Auftrag wurde auf Grund falscher oder kurioser Ficheneinträge anderweitig vergeben.

Nun sind sie also auch offiziell zurück, all die Fichen Fritzen. Nur dass sie langst keine papierenen Karteikarten mehr ausfüllen, sondern elektronische. Auch rücken sie nicht mehr mit dem Dienstvelo und Feldstecher aus wie damals, sondern sitzen hinter ihren Computern, lesen unsere e-mails und hören unsere Telefongespräche mit. Wenn meist nicht online, so doch auf gewisse Stichworte hin, auf welche sich die Abhörvorrichtung automatisch einschaltet. All das nicht etwa auf begründeten Verdacht hin, einer Terrororganisation anzugehören, sondern auf den blossen Verdacht hin, man(n) könnte eventuell einmal einen Terroranschlag planen. Als sogenannte «Gefährder» gelten bereits Leute, welche die staatliche Ordnung ändern möchten. Natürlich ist damit auch die staatliche 5G-Ornung gemeint. Und als «Gefährder» gilt bereits, wer solches mit Wort und Bild durch Verbreitung von Furcht und Schrecken in der Bevölkerung tut. Etwa durch entsprechende Internertartikel oder Blog-Einträge.

Das ist nicht irgendwie aus der Luft gegriffen, oder blosser Verfogungswahn, sondern es steht schwarz auf weiss im neuen revidierten Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus.
Sehen sie dazu unbedingt nach unter: https://www.gigaherz.ch/5g-die-fichenaffaere-ist-zurueck/

Wenn sie liebe Leserinnen und leser möchten, dass es die Vereine «Gigaherz.ch», «Schutz vor Strahlung» oder «Frequencia» auch im nächsten Jahr noch gibt, dann bitte sofort und unverzüglich, diese Unterschriftenliste zum Referendum herunterladen, ausfüllen und einsenden.
https://wecollect.ch/media/Unterschriftbogen-Willkuerparagraph-5er-DE.pdf
Nach dem 10.Januar ist es bereits zu spät!

Ich hätte euch lieber eine schönere Weihnachtsgeschichte erzählt. Laut lachen ob so viel Dummheit gewisser Politiker dürft Ihr trotzdem!

Von Hans-U. Jakob

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