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Liechtenstein: Weiterhin unzulässige Einmischung des BAKOM

Obschon der Verein Gigaherz am 5.10.09 beim Vorsteher des Umwelt-, Verkehrs- und Energiedepartementes,  Bundesrat Moritz Leuenberger eine Aufsichtsbeschwerde gegen das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) wegen unerlaubter Einmischung in die Volksabstimmung eines fremden Staates eingereicht hat, gehen die Aktivitäten der  BAKOM-Leute in Liechtenstein ungebremst weiter.

Die Aufsichtsbeschwerde ist unter /liechtenstein-unsere-aufsichtsbeschwerde-gegen-das-bakom/ nachzulesen.

Hans-U. Jakob, 27.10.09

Die Devise heisst wie gewohnt: „Ohren auf Durchzug stellen und einfach ignorieren.“  Dies obschon Art. 299 des schweizerischen Strafgesetzbuches den Beamten und Angestellten des Bundes die Vornahme von Amtshandlungen im Ausland ausdrücklich verbietet.

Das Ganze gipfelt jetzt in einem ganzseitigen Interview mit dem BAKOM-Vertreter Markus Riederer in der Tageszeitung Liechtensteiner Vaterland vom 21.10.09.


Riederer.jpgDie Schlitzohrigkeit  des BAKOM-Mannes (links im Bild) ist beeindruckend.  Er lügt nicht!  Man denke, ein Mann in einer solchen Position. Er verschweigt einfach die Hälfte der Wahrheit und manchmal sogar etwas mehr.

Als Erstes wird einmal mehr die Mär von den in der Schweiz angeblich bereits 10mal tieferen Grenzwerten, als im übrigen Europa aufgetischt.

Riederer gibt jetzt immerhin zu, dass diese nur an Orten mit empfindlicher Nutzung (OMEN) gelten, verschweigt aber tunlichst, dass an diesen OMEN  in Folge der Gebäudedämpfung und der Dämpfung aus den Abweichungen zu den Senderichtungen, diese 10% ohne jegliche Behinderung der Mobilfunkbetreiber zu Stande kommen. Und dass die Schweizer somit in keiner Art und Weise besser geschützt sind als andere Erdenbürger.

Dafür, dass sich diese Standardlüge über 10 Jahre halten konnte, sind die Journalisten der Tageszeitungen ebenso verantwortlich. Die meisten von ihnen haben wohl noch eine Ahnung vom Rechnen in Prozenten, bei der Ausbreitungscharakteristik von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern jedoch eine riesige Bildungslücke.

Als Zweites zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Interview dass es laut Riederer bei der geplanten Grenzwertsenkung von 6 auf 0.6V/m mindestens 10mal mehr Antennenstandorte (Basisstationen) brauche. Was er jetzt unter dem Druck der Ereignisse eingesteht, ist die Tatsache, dass es sich bei diesen zusätzlichen Stationen um sogenannte Mikrozellen handelt. Als Mikrozellen werden nach der Sprachregelung des BAKOM jedoch Antennen mit einer abgestrahlten Leistung von weniger als 6 Watt ERP bezeichnet, was wiederum tunlichst verschwiegen wird. Noch verschwiegener wird Riederer wenn es um die Sendeleistung einer heutigen Mobilfunkantenne in Liechtenstein geht. Diese liegt nämlich bei bis zu 1600Watt ERP pro Sektor oder bei 4800Watt ERP gesamt. Das heisst, ein zukünftiges Mikrozellennetz von 150 Antennen, kommt gesamthaft über das ganze Staatsgebiet gesehen, nicht annähernd an eine einzige heutige Antenne heran.

Aber das dürfen Liechtensteins Staatsbürger ja nicht wissen. Im Gegensatz zur Schweiz, wo die Standortdatenblätter auf jeder Gemeindeverwaltung einsehbar sind, werden diese in Liechtenstein mit tatkräftiger Hilfe des Staatsgerichtshofes auch wie Staatsgeheimnisse gehütet.

Als Drittes macht Riederer geltend, die Mikrozellen müssten dann über ein mehrere Millionen  teures Glasfaser-Kabelnetz miteinander verbunden werden. Das ist absolut richtig. Was Riederer aber wiederum tunlichst verschweigt, ist die Tatsache, dass dieses Glasfaser-Kabelnetz in Liechtenstein seit über 10 Jahren existiert, nach der Einführung der Handy-Technologie jedoch in Vergessenheit geriet.

Als Viertes wird von Riederer erwähnt, die Liechtensteinischen Handys würden sich nach der Grenzwertsenkung vielfach auf ausländischen Basisstationen einwählen, weil von diesen aus, dann eine höhere Feldstärke in Liechtenstein eintreffe, als vom neuen Liechtensteinischen Netz erzeugt.  Das mag zum Teil zutreffen. Was Riederer aber überhaupt nicht erwähnt, ist die Tatsache, dass es zum Überstrahlen von Landesgrenzen ganz klare internationale Regeln gibt und dass diese Regeln in Liechtenstein nicht im Entferntesten eingehalten sind. Mehr noch. Um diese Regeln zu umgehen, hat das BAKOM Liechtenstein mobilfunktechnisch zum 27. Kanton der Schweiz erklärt. Man könnte ja mal die Fürstenfamilie fragen, was sie zu dieser Okkupation meint.

Wenn in Liechtenstein Regierung und Landtag auf der Einhaltung internationalen Rechts beharren würden, müssten auch die Schweizer Mobilfunkbetreiber bis weit ins Land hinein ihre Feldstärken drastisch reduzieren oder eben auch auf ein Mikrozellennetz umsteigen.

Als Fünftes spricht Riederer das sogenannte „Handovern“ an. Das ist das Springen einer Handyverbindung von einer zur nächsten Basisstation (Antenne) wenn sich die Teilnehmer schnell fortbewegen. Zum Beispiel auf der Autobahn.

Hier behauptet Riederer ziemlich unüberlegt, mit dem Mikrozellenprinzip sei dies nicht mehr gewährleistet, weil Mikrozellen häufiger besetzt seien, als bisherige Standorte.  Das kann schon rein mathematisch nicht stimmen.  Die 150 neuen Mikrozellen könnten gesamthaft 4500 Verbindungen gleichzeitig herstellen, die 29 bisherigen Stationen dagegen nur gerade 2610.  (150×30 zu 29×90) Das Mikrozellensystem könnte sogar eine um 72% höhere Anzahl Verbindungen gleichzeitig bewältigen.

Und erstens ist das Handy-telefonieren auf der Autobahn verboten und zweitens hat Liechtenstein gar keine Autobahn. Höchstens Autobahnwegweiser (immerhin!)

Zum Schluss ein Zitat aus einem Schreiben von Orange an das Amt für Umwelt in Vaduz vom 4.9.09:

Wir haben die Debatte im Mai-Landtag verfolgt. Ohne auf Wortmeldungen einzelner Abgeordneter einzugehen, war doch zu spüren, dass den technischen und wirtschaftlichen Aussagen der Betreiber wenig bis gar nicht geglaubt wird.

Wundert das jetzt noch jemand?

Von Hans-U. Jakob

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