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Erneuter Volksbeschiss im Anzug

Nach den Test-Messungen die von der Zeitschrift www.chip.de veranlasst und von den Messtechnikern deren Partners NET CHECK durchgeführt wurden, haben die Schweizer die besten Mobilfunknetze im deutschsprachigen Raum. Will wohl heissen in Westeuropa? Trotzdem will unser Bundesrat den Strahlungsgrenzwert für Mobilfunksender weiter lockern.


Von Hans-U. Jakob (Gigaherz.ch)
Schwarzenburg, 5. Dezember 2023

Ein kurzer Auszug aus dem Artikel auf Chip.de

Die Schlagzeile: Zitat, Die Schweizer haben die besten Netze im deutschen Sprachraum, und überzeugen durch einen fortgeschrittenen 5G-Ausbau. Unser ausführlicher Test, den wir zusammen mit unserem Partner NET CHECK durchgeführt haben, sieht den Marktführer Swisscom in diesem Jahr in allen Belangen vorne. Die Herausforderer Sunrise und Salt schneiden allerdings auch sehr gut ab.

Testfahrt durch das Land der Eidgenossen
Grundlage für unsere Aussagen über die Netzqualität sind Messungen, die ein Team mit Spezial-Equipment durchgeführt hat. Die Messtechniker unseres Partners NET CHECK haben für den Netztest insgesamt fast 6.000 Kilometer durch die Kantone der Eidgenossen zurückgelegt: vom Genfer See im Westen bis Davos und Sankt Moritz im Osten. Dabei haben sie 5 Metropolen, 10 mittelgroße und 20 kleinere Städte genauer untersucht. Zwei PKWs mit Mess-Equipment waren in diesen Städten 2.265 Kilometer unterwegs. Auf Autobahnen und Landstraßen haben sie 2.478 Kilometer zurückgelegt. Zusätzlich war ein Team mit einem Rucksacksystem auf Reisen. Es hat auf einer Strecke von 1.226 Kilometern die Netzqualität in den Fernzügen untersucht. Das Team war auch zu Fuß sowie in öffentlichen Verkehrsmitteln an zentralen Plätzen, Einkaufszentren und Bahnhöfen in den Großstädten Basel, Bern, Genf, Lausanne und Zürich unterwegs. Hier haben sie knapp 48 Stunden lang gemessen. Ende Zitat.

Und die Motion Wasserfallen (20.3237) geistert immer noch im Bundeshaus herum.
Wenn eine Lockerung der Strahlungsgrenzwerte unterdessen gestorben ist, soll der überlebende Teil der Motion den Bundesrat beauftragen dem wunderbaren neuen 5G und dem vor der Türe stehenden 6G mit allen andern Mitteln zum Durchbruch zu verhelfen.
https://www.gigaherz.ch/5g-die-motion-wasserfallen-ist-beerdigt/
Dazu, wie die Quadratur des Kreises gelingen soll, hatten Nationalrat Michael Töngi (Grüne) und Nationalrätin Anna Giacometti (FDP) einige unangenehme Fragen an den Bundesrat.

Aus den Antworten des Bundesrates auf eine Interpellation von Nationalrat Michael Töngi (Grüne) und einer weiteren Interpellation von Nationalrätin Anna Giacometti (FDP):

Frage 1 Töngi: Liegen inzwischen unabhängige und aktuelle wissenschaftliche Vergleichsstudien vor, welche die langjährige Praxis bei der Beurteilung von berechneten Strahlungswerten in Baugesuchen in Frage stellen und sich allfällige Lockerungen rechtfertigen?

Antwort Bundesrat: Im Jahr 2006 hat die Tessiner Fachhochschule Supsi die zur Überprüfung der Grenzwerteinhaltung berechnete Strahlung von Mobilfunkantennen mit der in der Realität gemessenen Strahlung verglichen. Im Vergleich zu den Berechnungen waren die gemessenen Werte in 20 % der Fälle höher, in 65 % tiefer und ansonsten in der gleichen Grössenordnung. Eine neuere Auswertung von Messungen an über 1700 Orten im Kanton Zürich seit 2018 kam zu ähnlichen Ergebnissen. Die Messungen zeigen auch, dass die Strahlung unterhalb der Antenne in der Realität stärker abgeschwächt wird, als dies bei der Berechnung angenommen wird.

Kommentar Gigaherz: Mein Gott Albert. Muss jetzt der Bundesrat tatsächlich auf die SUPSI-Studie aus dem Jahr 2006 zurückgreifen. Da gab es noch nicht einmal 4G. Und dabei waren in 20% der publizierten  Fälle die gemessenen Werte höher als die berechneten. Und was der Bundesrat natürlich verschweigt, ist dass bei den 20% die höher als die Berechneten ausfielen mindestens 15% saftige Grenzwertüberschreitungen aufwiesen.

Dazu kommt noch der neue Volksbeschiss: Dass die Messungen auch aufzeigen, dass die Strahlung unterhalb der Antenne in der Realität stärker abgeschwächt wird, als dies bei der Berechnung angenommen wird, ist funktechnisch gar nicht möglich Denn es gilt wegen allfälliger Reflektionen von Nachbarfassaden oder grösserer Metallteilen wie Dachkännel, Metallstoren usw, die 15dB-Regel. Das heisst dass die Richtungsdämpfung bei den berechneten Werten mit maximal 15dB oder Faktor 31.6 eingesetzt werden darf, obschon diese gemäss Antennendiagramm gut 25dB oder Faktor 316 betragen könnte.
Die Aufhebung der 15dB Regel, die dem Bundesrat von den Mobilfunkbetreibern offensichtlich eingeflüstert worden ist, wird zu einer massiven Lockerung des als Vorsorge gedachten Anlage-Grenzwertes führen.

Frage 3 Töngi: Führen angepasste Berechnungsmethoden und Parameter in Baubewilligungsverfahren dazu, dass Mobilfunkanlagen stärker strahlen dürfen und damit die Anwohner höher als bisher belastet werden? Dies betrifft insbesondere die (fiktive) Annahme höherer Dämpfungswerte von Gebäudehüllen.

Antwort Bundesrat: In Situationen, in welchen die Berechnung die Belastung im Vergleich zur Realität bislang überschätzt hat, könnte in zukünftigen Verfahren die Sendeleistung erhöht werden. Auch mit angepasster Berechnungsmethode müssen die Grenzwerte jedoch eingehalten werden.

Kommentar Gigaherz: Genau hier liegt der neue Schwindel. Ein interessantes Beispiel: Wenn bei einer Sendeleistung von 4000Watt ERP, 15m unterhalb der Antennenkörper mit einer Richtungsdämpfung von 15dB (Faktor 31.6) ein Strahlungswert von 4.92V/m anliegt, könnte mit einer Richtungsdämpfung von 25dB (Faktor 316) rechnerisch eine Sendeleistung von 40’000Watt ERP, oder dem 10-Fachen  erzielt werden, ohne dass die 4.92V/m überschritten würden.
40’000Watt ERP mit nur 15dB Richtungsdämpfung nach unten würden dann aber hier 15.6V/m. (Grenzwert 5V/m) bedeuten. Man darf gespannt sein, welchen Unsinn die Mobilflunker dem Bundesrat hier wieder einflüstern, wie er die NIS-Verordnung zu ändern habe.

Zusätzlich beantwortete der Bundesrat zeitgleich auch Fragen welche Nationalrätin Anna Giacometti (FDP), am 28. September 2023 in ihrer Interpellation 23.4120 zur Umsetzung der Wasserfallen-Motion stellte:

Frage 1 Anna Giacometti: Wie sieht der Zeitplan für die Umsetzung der Motion aus?

Antwort Bundesrat: In einem ersten Schritt sollen 2024 Empfehlungen des Bundes zur Berechnung der Strahlung von Mobilfunkantennen angepasst werden.
In einem zweiten Schritt wird das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) prüfen, wie die aufgrund des technischen Fortschritts immer häufigeren Anpassungen an Mobilfunkanlagen mit weniger Verfahrensaufwand abgewickelt werden können. Dabei wird eine Anpassung der Verordnung über den Schutz vor nichtionsierender Strahlung (NISV; SR 814.710) ins Auge gefasst.

Kommentar Gigaherz: Gut zu wissen was die radikalisierten Digitalisierer mit uns vorhaben. rotz den angeblich besten Mobilfunknetzen Westeuropas, die logischerweise auch den grössten Verseuchungsgrad des Landes mit NIS-Strahlung aufweisen, will der Bundesrat einen neuen Anlauf nehmen, die bestehenden Grenzwerte ein zweites mal hinterrücks zu lockern. Einen ersten Coup landete er ja bereits am 17. Dezember 2021 mit der Einführung eines ungerechtfertigten Korrekturfaktors (Erleichterungsfaktors) für adaptive 5G-Sendeantennen. Das heisst mit dem Einfügen einer neuen Ziffer 63 in Anhang 1 der NIS-Verordnung.
https://www.gigaherz.ch/5g-bundesrat-legalisiert-volksbeschiss/
Dies war nur der erste Streich, doch der zweite folgte dann sogleich. Da müssen wir aber dem Albert die Rösti noch gehörig versalzen!

Nicht genug damit. Jetzt auch noch das da:
Der Bau neuer Mobilfunkanlagen oder die Aufrüstung von bestehenden soll mit weniger Verfahrensaufwand abgewickelt werden können. Auch dabei werde eine Anpassung der Verordnung über den Schutz vor nichtionsierender Strahlung (NISV; SR 814.710) ins Auge gefasst.
im Klartext: Offensichtlich soll das Einsprache- und Beschwerderecht massiv eingeschränkt werden. Liebe Bundesrätinnen und Bundesräte, das kommt nicht gut!

Von Hans-U. Jakob

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