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5G: Die Motion Wasserfallen ist beerdigt

Am 21. September wurde im Nationalrat die Motion Wasserfallen 20.3237 nach 3 Jahren schwerer Krankheit zu Grabe getragen. Das im Bernerland bestens bekannte Sprichwort, dass nirgendwo mehr gelogen werde, als anlässlich einer Abdankung, hat sich einmal mehr bewahrheitet.

Von Hans-U. Jakob (Präsident von Gigaherz.ch)
Schwarzenburg, 25. September 2023

Völlig überraschend, fast überfallmässig und ohne 24h-Vorankündigung, stand am 21. September im Nationalrat die innerhalb dieser Session bereits 2 mal auf unbestimmte Zeit verschobene Motion Wasserfallen Nr.20.3237 plötzlich wieder zur Debatte. Wollte man mit diesem Vorgehen unliebsamen Demonstrationen vor dem Haus oder auf der Zuschauertribüne vorbeugen? Denn auf das, was Nationalrat Wasserfallen in seinem Votum zum Besten gab, wären durchaus Tumulte und Protestaktionen zu erwarten gewesen.


Bild:
Nationalrat Christian Wasserfallen während seiner Trauerrede vom 21.September 2023 im Parlament.

Was stand zur Debatte?
Die Motion von Herr Nationalrat Wasserfallen verlangte ursprünglich, um dem wunderbaren neuen 5G aus den Startlöchern zu helfen, eine massive Lockerung der einst als Vorsorge gedachten, heute von der Realität längstens eingeholten und zu Gefährdungswerten gewordenen Anlage-Grenzwerte von 5 auf ca. 20Vm.
Ursprünglich am 17.6.2021 vom Nationalrat gutgeheissen, änderte der Ständerat am 13.6.2023, also nach 2 Jahren  die Motion kurzerhand dahingehend ab, dass dieser zugestimmt werden könne, falls die Grenzwerte unangetastet bleiben und nur noch der übrige Auftrag an den Bundesrat, nämlich die möglichst hohe Beschleunigung der Baubewilligungsverfahren, durchgesetzt werden solle. Was dies allerdings noch beinhalten sollte, wurde nicht gesagt. Nach dem bisherigen schleppenden Verlauf, die Motion war brereits am 25.9.2020 eingereicht worden, wäre zu erwarten gewesen, dass diese erst etwa in 2 Jahren wieder auf der Traktandenliste des Nationalrates auftauchen würde. Doch weit gefehlt. Die eingesetzten Schmiermittel der Mobilfunk-Lobby bewirkten da schon ein ungewohntes Durchrutschen.

Da Herr Wasserfallens Wünsche,
nämlich die massive Lockerung der Strahlungs-Grenzwerte für 5G, vom Bundesrat mittels zweier üblen Tricks längstens eingeführt worden sind, hätte sich Herr Wasserfallen mit einem müden Lächeln zufrieden geben können.
Bekanntlich hat ja der Bundesrat bereits am 17. Dezember 2021 mittels einer neuen Ziffer 63 in Anhang 1 der NISV, für das adaptive 5G den sogenannten Korrekturfaktor eingeführt, welcher den Mobilfunkbetreibern erlaubt, in den Baugesuchen, je nach Antennentyp, um 2.5 bis 10 mal zu wenig Sendeleistung zu deklarieren, als dann effektiv benutzt wird.
Und als Krönung des Schwindels das Ganze noch mit dem 6-Minuten Mittelwert, statt mit dem bisherigen Spitzenwert zu berechnen. Item die Lockerung des Anlagegrenzwertes von 5 auf 16 bis 20V/m war bereits seit 19 Monaten Realität.

Herr Wasserfallen liess sich indessen die günstige Gelegenheit nicht entgehen, seinen funktechnisch ahnungslosen Kolleginnen und Kollegen nochmals die schönsten Mobilflunker-Märchen aufzutischen. Hier einige Zitate in Schrägschrift und unsere Bemerkungen dazu Normalschrift:

Votum Wasserfallen: «Gegen 90 Prozent der Strahlung, die wir beim Mobilfunk aufnehmen, stammt vom eigenen Endgerät – also gar nicht von der Antenne, sondern vom eigenen Mobiltelefon in Körpernähe.»
Kommentar Gigaherz: Herr Wsserfallen, da sollten sie schon noch etwas differenzieren. Die Mobilfunk-Sendeantenne auf dem Nachbardach weist typisch eine Sendeleistung von 3000Watt ERP pro Senderichtung, also von 3 mal 3000 = 9000Watt ERP auf und das Handy, wenn es hochkommt von 1-2 Watt ERP. Und das erst noch freiwillig für ein paar Minuten an den Schädel gedrückt, während die andere Quelle rund um die Uhr strahlt und strahlt und strahlt….

Votum Wasserfallen: «Die Anlagegrenzwerte liegen in der Schweiz – je nach Frequenz – zwischen 4 und 6 Volt pro Meter und damit weit, weit unter dem Maximum, das die WHO, die Weltgesundheitsorganisation, zulässt. Das ist einfach eine Tatsache. Die Schweiz hat hier einen Sonderweg beschritten.»

Kommentar Gigaherz: Der älteste und grösste, der Schweizer Bevölkerung je aufgetischte Schwindel, durfte hier keinesfalls fehlen. Dass die 4-6V/m mit Vorsorge rein nichts zu tun haben, sondern sich infolge der Distanz und der Abweichung zur Senderichtung sowie infolge der eventuell noch vorhandenen Dämpfung durch eine Gebäude-Decke ganz von selbst einstellt, hat er natürlich nicht gesagt.

Votum Wasserfallen: «Wir haben in den verschiedenen Berichten, die der Kommission vorlagen, auch gesehen, dass 5G dazu geführt hat, dass wesentlich grössere Datenmengen – etwa zehnmal so viele Daten – mit deutlich weniger Strahlenbelastung transportiert werden konnten. Das heisst also: Je schneller wir alte Technologien wie z. B. 1G, 2G und 3G abschalten und 5G installieren, desto mehr Daten können wir versenden, und das mit weniger Strahlenbelastung, die dann entsprechend entsteht. Die Berichte haben auch gezeigt, dass die Strahlung insbesondere in Wohngebieten, aber auch in Zügen, Trams, Bussen usw. dank 5G abgenommen hat. Das ist ja eigentlich eine gute Nachricht, und genau deshalb sollte mit adaptiven 5G-Antennen eben vermehrt dafür gesorgt werden, dass die Versorgungssicherheit besser wird, die Datenvolumen steigen und die Strahlenbelastung sinkt.»

Kommentar Gigaherz: Du lieber Himmel, da kommt doch tatsächlich das Staats-Monitoring zum Vorschein, in welchem Dr. Martin Rööslis Wandergruppen mit einem Dosimeter im Rucksack losgeschickt wurden, um die Schweiz strahlungstechnisch zu erkunden. Die dann logischerweise, weil mit dem falschen Gerät, am falschen Ort und erst noch zur falschen Zeit erfasst, mit 2 bis 10 mal zu tiefen Messwerten nach Hause kamen. Die Story kann hier nachgelesen werden:
https://www.gigaherz.ch/staats-monitoring-oder-die-5g-wanderer/
und die Fortsetzung dazu hier:
https://www.gigaherz.ch/der-2-jahresbericht-zum-staats-monitoring/
Es ist einfach nur erstaunlich welch gewaltiger höherer technischer Blödsinn sich ahnungslosen Politikern auftischen lässt.

Der nächste Schwindel ist bereits im Anflug
Votum Wasserfallen: «Wichtig ist, dass diese Motion jetzt endlich durchkommt und ein positives Zeichen setzt; aber nicht nur das, sondern sie soll der Verwaltung auch den Rücken stärken in Bezug auf die Verordnungsgebung und den Vollzug dieser ganzen Baubewilligungsverfahren usw. Wir müssen dort innerhalb dieser Anlagegrenzwerte, und auch beim Immissionsgrenzwert, das Maximum ausschöpfen können.
Die Strahlung unterhalb der Antenne ist in Realität stärker abgeschwächt, als dies in der Berechnung angenommen wurde. Solche Reserven, die immer noch vorhanden sind, könnten mit einer Anpassung der Vollzugsempfehlungen des Bundes relativ rasch abgebaut werden. Für die Zukunft sollten daher grundlegende Vereinfachungen bei der Beurteilung von Mobilfunkanlagen geprüft werden. Ich erinnere daran: Viele haben ein 5G-fähiges Mobiltelefon, das ist jetzt die aktuelle Technologie. Aber der nächste Standard, 6G, ist schon in der Pipeline. Wir müssen jetzt wirklich auch bei diesen Anlagen so vorwärtsmachen können, dass wir für die Zukunft gerüstet sind. 6G wird etwa 2027 auf den Markt kommen. Das ist nicht mehr weit weg.»
Kommentar Gigaherz: Wenn schon Grenzwerte nicht mehr angetastet werden dürfen, sollte innerhalb dieser Grenzwerte auch das  Maximum ausgeschöpft werden. Und die Lobby hat Herr Wasserfallen auch schon gesteckt, wie. Selber dürfte er wohl kaum auf diese Idee gekommen sein. Siehe rot eingefärbter Text. Nämlich mittels eines Angriffs auf die 15dB-Regel. Kurz erklärt bedeutet dies:
Da Reflektionen (Spiegelwirkungen) von Nachbarfassaden resp. deren metallischen Fensterläden, metallischen Storen oder von sonstigen Metallteilen oder gar parkierten Fahrzeugen einen beträchtlichen Anteil der an einem Ort empfindlicher Nutzung einfallenden Strahlung ausmachen, wird die Dämpfung aus der Abweichung zur Senderichtung in den Vollzugsverordnungen auf 15dB, das heisst auf Faktor 32 beschränkt. Ohne Berücksichtigung dieser Reflektionswirkung könnte der Dämpfungsfaktor laut Antennendiagramm rein theoretisch bis zu 25dB oder dem 320-Fachen betragen. Was aber in der Realität NIE zutrifft. Weil die Lobby annimmt, dem blöden Volk könne man nebst dem unsäglichen Korrekturfaktor, auch noch diesen Schwindel zumuten, wird demnächst mit Sicherheit ein Angriff auf die 15dB-Regel erfolgen. Aufgepasst Herr Wasserfallen, wir haben euch bereits durchschaut! Und punkto 6G sind wir auch im Bild. Swisscom macht damit in Burgdorf bereits die ersten Versuche. Im Geheimen, versteht sich.

Votum von Bundesrat Albert Rösti
Vom Ratsmitglied Töngi darauf aufmerksam gemacht, dass eine Motion eigentlich eine Wirkung hervorrufen müsste, antwortete Bundesrat Rösti:
«Gewisse Berechnungsempfehlungen für die Prüfung, ob die Anlagegrenzwerte eingehalten worden sind, datieren aus der Anfangsphase der Mobilfunkversorgung. Damals war man vorsichtig und hat gewisse Reserven eingebaut. Nun hat man zwanzig Jahre Vollzugserfahrung. Dabei hat man festgestellt, dass bei der Beurteilung die tatsächliche Belastung überschätzt wird. Aufgrund dieser Erfahrung könnten und würden wir nun die Berechnungsmethoden anpassen, damit sie der Realität besser entsprechen. Es gibt also keine Gesetzesvorlage in diesem Sinne, aber wir würden die technischen Parameter so anpassen, dass wir mit dem Bau vorwärtskommen, ohne die Grenzwerte zu übersteigen oder die Belastung zu erhöhen.
Kommentar: Herr Bundesrat, die Realität sieht ganz anders aus, nämlich dass bereits im Bereich der einst als Vorsorge erdachten Anlage-Grenzwerte mit oxidativem Stress, also mit beginnender Krebserkrankung, zu rechnen ist. Siehe BERENIS-Sondernewsletter vom Januar 2021. Und woher wollen Sie denn die Realität kennen? Über eine funktechnische Ausbildung verfügen Sie bekanntlich nicht, und ein verlässliches Strahlungsmessgerät haben sie wahrscheinlich auch noch nie in ihren Händen gehalten.? Also, wer hat Ihnen Ihre Weisheit eingeflüstert? Selber ist Ihnen das alles mit Sicherheit nicht eingefallen. Und mit uns spricht man ja prinzipiell nicht!
Die technischen Parameter so anpassen, dass die Strahlenbelastung nicht erhöht wird, dürfte etwa der Quadratur des Kreises entsprechen.
Mit welch neuem Volksbeschiss uns deshalb der Bundesrat beglücken möge, hat ja Herr Nationalrat Wasserfallen bereits dargelegt. Der Lockerung oder gar Abschaffung der 15dB-Regel sagen wir schon heute den Kampf an!

Auf die Frage von Nationalrätin Isabelle Pasquier-Eichenberger (G, GE), ob er, Bundesrat Rösti sich darüber im Klaren sei, dass eine erneute Änderung der Umsetzungsempfehlungen, von verschiedenen Schutzorganisationen als eine weitere Abschwächung des Schutzes wahrgenommen werde, antwortete Rösti:
«Von „affaiblissement de la protection“ (Abschwächung des Schutzes) würde ich aber nicht sprechen, denn früher – wie ich schon erwähnt habe – haben wir, in Unkenntnis der genauen Situation, auch eine gewisse Marge in die Grenzwerte mit einberechnet. Heute kennen wir die Situation wissenschaftlich besser, deshalb wollen wir die Umsetzungsrichtlinien anpassen. Das soll aber nicht in einen geringeren Schutz der Bevölkerung betreffend Strahlung münden. Ich kann Ihnen übrigens sagen: Zwischen 2014 und 2021 hat die Datenmenge im Mobilfunk um das Achtzehnfache zugenommen. Gleichzeitig haben wir aber in den Messungen keine höhere Strahlenbelastung festgestellt.»
Kommentar Gigaherz: Soso, Sie haben in den Messungen keine höhere Strahlenbelastung festgestellt, obschon zwischen 2014 und 2021 die Anzahl Mobilkfunk-Sendeanlagen in der Schweiz von 17’000 auf 24’000 zugenommen hat und jede davon bis zum Grenzwert ausgereizt wurde. Nachgewiesen anhand der Standortdatenblätter in den Baugesuchen. Herr Bundesrat, hören Sie auf, die Bevölkerung für dumm zu verkaufen. Wir wissen unterdessen auch, um welchen ausgekochten Schwindel es sich bei Ihren Wandersleuten mit dem «Peut-êterli», sprich Dosimeter im Rucksack, es sich handelt.
https://www.gigaherz.ch/staats-monitoring-oder-die-5g-wanderer/
und
https://www.gigaherz.ch/der-2-jahresbericht-zum-staats-monitoring/
Wir wiederholen hier lediglich nochmals noch die Erwägungen die alt Oberrichter Dr. jur Eugen Fischer bereits im Jahre 2014 zu einer Klage von Gigaherz.ch gegen Dr. Martin Röösli zog: Mit dem falschen Gerät am falschen Ort zur falschen Zeit messen sei nicht etwa wissenschaftlicher Betrug, geschweige denn wissenschaftliches Fehlverhalten, sondern einfach wissenschaftliche Freiheit. Der Wissenschaftler müsse nur festhalten, was er wann, wo womit gemessen habe. FAZIT: Wer den Schwindel nicht bemerkt ist halt selber schuld.

Das Abstimmungsresultat:
Die vom Ständerat dahingehend abgeänderte Motion 20.3237, dass der Bundesrat jetzt alles unternehmen müsse, um dem wunderbaren 5G zum Durchbruch zu verhelfen, jedoch ohne dabei die einst als Vorsorge erdachten Anlage-Grenzwerte zu lockern, wurde mit 121 gegen 43 Stimmen und 11 Enthaltungen angenommen.  Die Grünen stimmten (fast) geschlossen dagegen. Wer jetzt gegen wen oder was gewonnen oder verloren hat, ist unklar.

Dieser Bericht ist unvollständig. Die Debatte vom 21. September im Nationalrat kann hier im Protokoll wie in Videos nachverfolgt werden: https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/amtliches-bulletin/amtliches-bulletin-die-verhandlungen?SubjectId=62081

 

Von Hans-U. Jakob

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