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Ein Osterei für die Mobilfunker

Aargauische Gemeinden dürfen nicht mehr, sie müssen jetz! Nämlich das Dialogmodell anwenden.

von Hans-U. Jakob

Schwarzenburg, 26.3.2013

Im sogenannten Dialogmodell ist vorgesehen, dass die Mobilfunkbetreiber den Gemeinden möglichst frühzeitig bekanntgeben, wo genau sie eine Basisstation (Mobilfunkantenne) errichten möchten. Im Gegenzug können die Gemeinden im Umkreis von 200m einen Ersatzstandort anbieten, welcher qualitativ die selbe Netzabdeckung gewährleistet.

Das Dialogmodell ist jedoch ein oberfaules Modell, denn eine Verschiebung eines Mobilfunkmastes um nur 200m bringt den Anwohnern selten die gewünschte Entlastung vor der rund um die Uhr Bestrahlung. Im schlimmsten Fall sogar eine höhere. Erklärungen dazu gibt es unter:

/mobilfunkstrahlung-sichtbar-gemacht/  /nebenkeulen/  /renitente-gemeinden/




Wappen__Aargau.jpgIm Kanton Aargau
hat der Regierungsrat das sogenannte Dialogmodell den Gemeinden bereits im Mai 2009 aufgebrummt, ohne diese jemals um ihre Meinung zu fragen.


Sowohl der Kanton Luzern wie der Kanton Thurgau bearbeiten zur Zeit die Gemeinden ständig, dem Dialogmodell doch freiwillig beizutreten und verschicken laufend Musterverträge dazu, die sie mit den Mobilfunkbetreibern endlich abschliessen möchten.

Die allermeisten zum Dialogmodell verdonnerten aargauer Gemeinden futieren sich jedoch seit 4 Jahren um die Möglichkeit des Anbietens von Ersatzstandorten. Jede Gemeinderätin und jeder Gemeinderat ist heilfroh, den Masten ja nicht etwa neben ihrem Haus haben zu müssen. Heiliger St. Florian…….

Wenn ihnen der Mobilfunkbetreiber sagte, hier muss er stehen, dann war das wie ein Wort des Papstes und keinem wäre es eingefallen, so etwas nur in den leisesten Zweifel zu ziehen.

Damit ist nun Schluss:

Mit Beschluss des Regierungsrates vom 20.Februar 2013 werden die aargauer Gemeinden jetzt verpflichtet Ersatzstandorte anzubieten und nötigenfalls auch durchzusetzen, wenn dies aus Gründen des Ortsbild- und des Landschaftsbildschutzes, sowie aus Gründen der Siedlungsentwicklung notwendig erscheint.

Aus der Kann-Formulierung ist jetzt eine Muss-Formulierung geworden.

Jetzt müssen die Mobilfunkbetreiber laut Regierungsratsbeschluss den Gemeinden Netzabdeckungskarten in genügender Qualität zur Verfügung stellen, so dass auch funktechnische Laien im Stande sind, eine Beurteilung vorzunehmen, wo sich allenfalls andere Standorte anbieten würden.

Es liegt dann im Zuständigkeitsbereich der Gemeinde eine Güterabwägung vorzunehmen und zu bestimmen, wo der Mobilfunkmast gebaut werden soll. Auf der andern Seite sei es nicht Sache der Gemeinde mit Grundstückeigentümern oder Hausbesitzern in Vertragsverhandlungen zu treten, sagt der Regierungsrat.

Das kann heiter werden. Begründungen wie Ortsbildschutz Landschaftsbildschutz und Siedlungsentwicklung, lassen sich in jede Baueinsprache einbauen. Dann besteht Handlungsbedarf für den Gemeinderat. Denn bleibt er untätig, wird, wie das jüngste Beispiel aus der Gemeinde Seon zeigt, die Baubewilligung vom Regierungsrat aufgehoben und das Baugesuch mit der Aufforderung, das Dialogmedell anzuwenden, an die Gemeinde zurückgeschickt.

Man stelle sich das einmal vor:

Da haben die Mobilfunker endlich nach langer verzweifelter Suche einen Liegenschaftsbesitzer übertölpeln können, einen Mietvertrag mit ihnen zu unterschreiben. Übertölpeln ist eher untertrieben. Eigentlich sollte man sagen, arglistig zu täuschen.Denn die Argumente die ein möglicher Standortgeber da aufgetischt bekommt, sind meist haarsträubender Art, wie etwa:

Wenn sie uns ihr Hausdach vermieten, können sie der Bevölkerung einen grossen Dienst erweisen und erst noch gutes Geld verdienen damit.

oder

Es gibt 30‘000 Studien die belegen, dass Mobilfunkstrahlung abslut unschädlich is.

oder

Wir haben noch nie einen Elektrosensiblen gesehen. Wer behauptet, unter dieser Strahlung zu leiden ist lediglich geistesgestört.

oder

Bei den paar wenigen Studien die diese Leute vorweisen können, handelt es sich durchwegs um Fälschungen.

und was nie fehlen darf:

Ist das uralte Märchen von den doofen Hausfrauen, die schon Kopfweh bekamen, als der Sender noch gar nicht eingeschaltet war.

Nützt das alles nichts, kann man noch zur Nachhilfe finanzieller Art greifen. Kleine Geschenke an die Hausverwaltung in Form von Schwarzgeld, sorgen oft für eine tiefe, langandauernde Freundschaft.

Wenn endlich ein Platz für eine Antenne gefunden wurde, soll nun die Schnorrerei wegen dem Dialogmodell im Umkreis von 200m von neuem losgehen. Das dauert doch wieder Monate, wenn nicht gar Jahre. Die armen Standortaquisiteure können einem direkt leid tun

Bei Gigaherz ist man jedenfalls gespannt darauf, ob die Mobilfunker den Beschluss Nr.2013-000133 des aargauischen Regierungsrates vom 20.2.2013 an das Verwaltungsgericht oder sogar an das Bundesgericht weiterziehen. Denn der Zwang zum Dialogmodell, einem Modell mit welchem eigentlich die Bevölkerung hätte getäuscht werden sollen, ist nun im Kanton Aargau zum Bumerang geworden. Oder besser gesagt, dieser Schuss ist den Mobilfunkern nach hinten losgegangen.

Ob der Einsprachegrund des nicht angewandten Dialogmodells nach aargauer Art auch in andern Kantonen ziehen wird? Gigaherz wird es ausprobieren.

Von Hans-U. Jakob

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