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Dummheit ist tatsächlich lernbar

Besonders wenn man die Mobilfunkbetreiber als Ausbildner einsetzt.

Ein Kommentar von Hans-U. Jakob zum besonderen Weihnachtsgeschenk des Basler Regierungsrates an die Bevölkerung.

Schwarzenburg, 22.12.2012


Wappewn_BS.jpgIm Jahr 2010 stimmte das Basler Stimmvolk dem Gegenvorschlag zur Volksinitiative „gegen den Mobilfunkantennen-Wildwuchs“ zu.
Dieser verpflichtet den Kanton in Form einer neuen Bestimmung (§19c) im Umweltschutzgesetz, im Rahmen seiner Möglichkeiten auf eine optimale Koordination der Mobilfunkstandorte hinzuwirken, mit dem Ziel, die Immissionen durch nichtionisierende Strahlung im Sinne des vorsorglichen Gesundheitsschutzes möglichst gering zu halten.

Und wie setzt der Regierungsrat diesen Auftrag nun um? Er gibt eine Studie in Auftrag welche feststellen soll, ob nicht das seit 2008 geltende Moratorium (Verbot) des Aufstellen von Mobilfunksendern auf öffentlichen, der Stadt gehörenden Gebäuden aufgehoben werden könne. Also genau das Gegenteil von dem was das Volk 2010 beschlossen hat.

Folge: Die Studie ergibt genau das von den Mobilfunkbetreibern in betrügerischer Absicht geforderte Resultat, nämlich dass mit noch mehr Antennenstandorten die Strahlenbelastung der Bevölkerung angeblich reduziert würde. Vor allem, dass örtliche Belastungsspitzen angeblich reduziert und die Gesamtbelastung besser auf die Gesamtbevölkerung verteilt werden könne.

So in dem Sinne, statt 30 Hochkaminen welche den Industriedunst über der Stadt verursachen, es besser wäre, diesen von 100 kleinen Kaminen verursachen zu lassen.

Der von links-grün dominierte und von einem ehemaligen Arzt (!) präsidierte  Regierungsrat ist nun voll auf die Studie der Beratungsfirma 5ContinentsConsultigGroup mit Sitz im Kugelfang 4, CH-4102 Binningen hereingefallen und setzt auf Neujahr 2013, das seit 2008 geltende Moratorium (Verbot) des Aufstellen von Mobilfunksendern auf öffentlichen, der Stadt gehörenden Gebäuden ausser Kraft.

Die Modellrechnungen hätten gezeigt, so die Medienmitteilung des Regierungsrates, dass zusätzliche kantonale Standorte einen positiven Beitrag zur Verringerung von Immissionsspitzen leisten können. Die Studienverfasser hätten empfohlen, das bestehende Mobilfunkmoratorium aufzuheben und durch eine flexiblere Regelung zu ersetzen. (Ende der Begründung der Regierung)

Also genau so wie es die Mobilfunkbetreiber für die Einführung des neuen Mobilfunkstandards 4G oder LTE genannt, benötigen. Weil dafür nämlich die Anzahl Mobilfunkantennen bis auf das 10-Fache erhöht werden muss und weil für weitere Standorte in der Stadt Basel kaum mehr ein privater Grund- oder Hauseigentümer mehr zu haben ist. Und genau so wie es die Mobilfunkbetreiber jetzt von den Kantonsregierungen erwarten. Wozu haben die denn sonst im Februar dieses Jahres eine Milliarde Franken an Konzessionsgebühren in die Staatskassen bezahlt und sich damit die sogenannte Rechtssicherheit bis ins Jahr 2028 erkauft?

Siehe dazu unter /halleluja-eine-milliarde-/

Und wie steht es mit der Parteienfinanzierung durch Industriekonzerne? Diese ist in der Schweiz immer noch geheim.

Nähere Betrachtung der Studie der 5ContinentsConsultigGroup:

Diese ist für die Beurteilung der gegenwärtigen und der zukünftigen Strahlenbelastung der Basler Bevölkerung völlig unbrauchbar. Bereits in der Einführung erklären die Verfasser unter dem Kapitel Methodik,

Zitat:

Im Zuge dieser Studie wurden aufgrund der Projektvorgaben keine Messungen der tatsächlichen Immissionen durchgeführt oder berücksichtigt, sondern mit Hilfe von Modellberechnungen verschiedene Szenarien, basierend auf den Angaben zu den Mobilfunknetzen der drei Mobilfunkbetreiber erstellt.

Aufgrund des vereinfachenden Modellcharakters der Studie können die berechneten Immissionswerte nicht mit real zu messenden Werten oder Anlagengrenzwerten in Relation gesetzt werden. Ziel war es,einen Vergleich der verschiedenen Szenarien zu ermöglichen, und so die Auswirkungen einer optimierten Netzplanung einschätzen zu können.

Bei dem Modell handelt es sich um ein Freifeldmodell, d.h. in der Realität auftretende Dämpfungseffekte durch Gebäude und Wände bleiben unberücksichtigt und es wird über das gesamte Untersuchungsgebiet auf gleicher Höhe über (Erd)Boden gerechnet. Diese starke Vereinfachung der Realität ist vertretbar, weil die beiden zu vergleichenden Szenarien auf denselben Vereinfachungen basieren. Ende Zitat

NEIN !!! Diese Vereinfachung ist nicht vertretbar, sondern ein handfester Schwindel.

Das Gebiet der Stadt Basel als eine unbebaute Ebene zu betrachten und die Feldstärken auf einer Höhe von 2m über Grund zu berechnen, ist aus folgenden Gründen Betrug:

Nicht berücksichtigt wurde nämlich dabei die vertikale Dämpfungsfaktoren der Antennendiagramme welche aufzeigen, dass sich die Feldstärke jeweils pro Stockwerk Höhenzunahme verdoppeln kann, so im Sinne 0.2-0.4-0.8-1.6-3.2-6.4V/m (Volt pro Meter) In diesem Beispiel EG bis 5. Stock.

Nicht berücksichtigt wurde dabei ferner die Abschattung durch Nachbargebäude, dort wo keine Sichtverbindung zur Sendeantenne besteht.

Und als Witz muss wohl die Behauptung eingestuft werden, die durchschnittliche Aufenthaltshöhe eines Durchschnittsbaslers liege bei 2m über Erdboden (auf Brusthöhe gemessen)

Wenn schon mit Abdeckungsplänen (Feldstärkeverteilung) gefochten wird hätte diese zusätzlich auf einer Höhe des 4. und 6. Stockwerks erstellt werden müssen, wo in der Regel auch Sichtverbindung zu den Sendeantennen besteht.

Fazit: Die Studie muss gar nicht weiter studiert und kommentiert werden, denn diese ist so falsch, dass sie falscher gar nicht sein könnte.

Vergleiche unbedingt mit /basler-immissionskataster-eine-plumpe-faelschung/ und /mobilfunkstrahlung-sichtbar-gemacht/

Es kommt noch dicker. In der Executive Summary (was auch immer das heissen mag) steht auf Seite 3 unten:

Die Berechnungsergebnisse dieser Studie können nicht mit den Ergebnissen anderer Studien verglichen werden……………….Ferner können die errechneten Immissionswerte nicht in Relation zu Anlagengrenzwerten gesetzt werden, da OMEN (sog. Orte mit empfindlicher Nutzung) nicht analysiert wurden und die Methode nicht mit der Berechnungsmethodik gemäss NISV übereinstimmt. Ende Zitat

OMEN, das heisst Orte wo sich Menschen gemäss NISV (Strahlungsverordnung des Bundes) dauernd aufhalten wurden gar nicht berücksichtigt und die Berechnungsmethodik der NISV kurzerhand über Bord geworfen.

Fazit: eine solche Studie gehört in den Papierkorb und nicht auf den Regierungstisch.

Die Studie ist weder nachvollziehbar noch überprüfbar

Wohl zu ihrer eigenen Sicherheit lassen die Verfasser auf Seite 11 verlauten:  Um Geschäftsgeheimnisse zu wahren, lieferten die Betreiber ihre Planungsdaten lediglich an 5ContinentsConsultigGroup. Die Planungsdaten wurden von 5CCG ausschliesslich zur Berechnung der Immissionssituation verwendet. Eine direkte Weitergabe der Daten an den Kanton Basel-Stadt, an die drei Mobilfunkbetreiber oder an Dritte fand vereinbarungsgemäss nicht statt.

Wie geht es weiter?

Der Regierungsrat verspricht der Bevölkerung mit der Aufhebung des Moratoriums würden zusätzliche kantonale Standorte einen positiven Beitrag zur Verringerung von Immissionsspitzen leisten.

Gigaherz wird solche künftigen Projekte auf kantonalen Standorten deshalb genauestens analysieren.

Heute wird in allen Mobilfunk-Antennenprojekten von den Betreibern wie folgt vorgegangen:

Es werden die 3 Orte empfindlicher Nutzung mit der zu erwartenden höchsten Strahlenbelastung gesucht. Dann wird zurückgerechnet und die Sendeleistung so festgelegt, dass an diesen 3 Orten die zu erwartende Strahlung (in V/m) rechnerisch 98% des Grenzwertes erreicht.

Wenn der Regierungsrat jetzt verspricht mit der Aufhebung des Moratoriums die Immissionsspitzen zu verringern, werden wir dafür besorgt sein, dass rechnerisch auf diese Art (in V/m) nur noch 50% des Grenzwertes erreicht werden dürfen, was einer Reduktion der Sendeleistungen auf 1/4 der bisher projektierten ausmacht. Das Geschrei und der Höllenlärm der Betreiber ist uns so sicher wie das Amen in der Kirche.

Selbst wenn in V/m gerechnet, auf 72 statt auf 98% der Grenzwert-Ausschöpfung reduziert werden sollte, müsste die Sendeleistung bereits um 50% gedrosselt werden.

Wir werden den Regierungsrat auf seinen unüberlegten Versprechungen behaften und bitten die Basler Bevölkerung um Zustellung der öffentlich zugänglichen künftigen Projektdaten.

An Fachstelle Nichtionisierende Strahlung von Gigaherz.ch

Flüehli 17, 3150 Schwarzenburg. Tel 031 731 04 31

Angaben zu Senderdichte und Krebs finden Sie unter /belo-horizonte-ein-neues-reizwort-fuer-die-mobilfunkbetreiber/ und /belo-horizonte-kein-schoener-horizont-fuer-die-mobilfunkbetreiber/

Von Hans-U. Jakob

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