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Bundesrat versteht die Frage nicht

Obschon in einer Frage für die Fragestunde an den Bundesrat nur 500 Zeichen erlaubt sind und sich Nationalrätinnen und Nationalräte auf das Allerwesentlichste beschränken müssen, verstand der Bundesrat die Anfrage von Nationalrätin Margret Kiener Nellen offensichtlich nicht. Oder was wahrscheinlicher ist, er wollte diese erst gar nicht verstehen.

von Hans-U. Jakob (Gigaherz.ch)
Schwarzenburg, 22. Juni 2016

Frage 16.5216 vom 1.6.2016 für die Fragestunde des Bundesrates:
Bei Änderungen bestehender Höchstspannungsleitungen der Ebene 1 soll eine Erdverlegung oder Verschiebung untersagt werden (Anhang 1 Ziff. 17 Abs. 3 NISV).
Diese Neufassung widerspricht vier Bundesgerichtsurteilen.
Ist sich der Bundesrat bewusst, dass damit der Ausbau des schweizerischen Höchstspannungsnetzes um fünf bis zehn Jahre verzögert wird, da im konkreten Anwendungsfall die Anwohnerinnen und Anwohner die Gesetzeskonformität dieser Ziffer vorerst infrage stellen und vom Bundesgericht überprüfen lassen werden?

Antwort des Bundesrates vom 6.6.2016:
Zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung wird beim Bau einer neuen Hochspannungsleitung ein günstiges Trassee gesucht und eine Verkabelung geprüft. Das Gleiche gilt, wenn eine bestehende Freileitung vollständig abgebaut und ersetzt werden soll. Wird eine bestehende Freileitung hingegen nur geändert – und darauf bezieht sich die vorliegende Frage -, dann bleibt der grösste Teil der Bausubstanz, d. h. die Masten und Fundamente, bestehen. Bei Leitungen der höchsten Spannungsebenen und nur bei diesen erachtet es der Bundesrat grundsätzlich als wirtschaftlich nicht tragbar, eine noch intakte Infrastruktur vorzeitig zu ersetzen. Er hat deshalb bei der Änderung der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV) darauf verzichtet, in diesen Fällen eine Prüfung von Trasseeverschiebungen und Verkabelungen im Einzelfall vorzuschreiben.
Der Bundesrat war bestrebt, der Forderung des Bundesgerichtes vom November 2011 nach gleichen vorsorglichen Emissionsbegrenzungen für neue und alte Anlagen nachzukommen, ohne unnötige administrative Abklärungen auszulösen. Er hat deshalb eine differenzierte Lösung beschlossen, die den Besonderheiten verschiedener Anlagekategorien Rechnung trägt. Das heisst aber nicht, dass die Verlegung oder Verkabelung im Falle von Änderungen untersagt ist. Die Verordnungsbestimmung besagt lediglich, dass diese Massnahmen nicht geprüft werden müssen. Trotz dieser Einschränkung wird die am 1. Juli 2016 in Kraft tretende Revision der NISV dazu führen, dass die Belastung der Anwohner durch Hochspannungsleitungen in Zukunft insgesamt zurückgeht.

Kommentar:
So so, eine Verschiebung oder Bodenverkabelung muss nicht einmal mehr geprüft werden. Das heisst, nicht einmal mehr diskutiert werden. Was ist denn das Anderes als ein faktisches Verbot? Freiwillig werden die Schweizerischen Leitungsbetreiber nie und nimmer auf eine Erdverkabelung umsteigen. Diesen ist die Gesundheit der Anwohner und der Schutz von Landschafts- und Ortsbildern sowie von Flora und Fauna absolut (sch-) egal. Die kennen nur einen Schutz, nämlich denjenigen ihrer Aktionäre.

Und die Belastung der Anwohner werde durch die Neufassung der NISV insgesamt zurückgehen? Das kennen wir doch schon anhand von Leitungsprojekten, die bereits in der Röhre stecken. Wie hoch die gesetzliche Reduktion bei der „Modernisierung“ alter Höchstspannungsleitungen sein muss, ist nämlich nirgends festgeschrieben. Eine Reduktion des Magnetfeldes von 7.5 auf 7.2Mikrotesla ist nämlich auch eine neugesetzlich genügende Reduktion. Ganz entgegen dem vom Bundesgericht mehrfach geforderten Grenzwert von 1 Mikrotesla, auch bei Revisionen und Erneuerungen alter Leitungen.

https://www.gigaherz.ch/hochspannungsleitungen-der-grosse-volksbeschiss/

Die Frage, ob sich der Bundesrat bewusst sei, dass damit der Ausbau des schweizerischen Höchstspannungsnetzes um weitere fünf bis zehn Jahre verzögert werde, da im konkreten Anwendungsfall die Anwohnerinnen und Anwohner die Gesetzeskonformität dieser Neufassung der NISV vorerst infrage stellen und vom Bundesgericht überprüfen lassen werde, wurde schlicht nicht beantwortet.

reschenpass
Bild oben: Im Grenzgebiet am Reschenpass

Dazu eine heitere Story aus dem Österreichisch-Italienischen Grenzgebiet.
Nämlich im aktuellen Projekt einer 220kV- Höchstspannungsleitung im Grenzgebiet Nordtirol-Südtirol von Nauders (AT) über den Reschenpass nach Glurns (I).
Die italienischen Projekteure von TERNA sagen, diese Leitung müsse auf ihrer Seite der Grenze aus Gründen der Sicherheit und der Investitionskosten unabdingbar und nicht diskutierbar als Bodenkabel gebaut werden Die österreichischen Projekteure von der APG sagen, diese Leitung müsse auf ihrer Seite der Grenze aus Gründen der Sicherheit und der Investitionskosten unabdingbar und nicht diskutierbar als Freileitung gebaut werden. An der Grenze zu Italien wird dieses Prachtstück einer alpenquerenden 220kV-Freileitung demnach unabdingbar und diskussionslos im Erdboden verschwinden. Geradezu ein Musterfall für unser Bundesgericht.

Übrigens:

Wie steht es um die Erdverlegung der Salzburgleitung, die von der Mobbing- und Rufmordagentur Schall in München, bei welcher Strom- und Mobilfunknetzbetreiber jeweils ihre Drecksarbeit einkaufen, bereits als „erledigt und als Freileitung bewilligt“ gemeldet wurde?
Sehen Sie bitte nach unter: https://www.gigaherz.ch/salzburgleitung-kommt-vor-den-bundes-verwaltungsgerichtshof/
Über den Münchner Mannecken-Piss darf einmal mehr herzhaft gelacht werden.

Von Hans-U. Jakob

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