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Amtsmissbrauch im BAKOM?

Begeht ein stellvertretender Bundesamtsdirektor Amtsmissbrauch, wenn er zu Gunsten der Mobilfunkbranche auf unverschämte Weise unlautere Propaganda verbreitet?

von Hans-U. Jakob
Präsident von Gigaherz.ch
Schwarzenburg, 9.9.2017

Art. 312 des Schweizerischen Strafgesetzbuches lautet

Mitglieder einer Behörde oder Beamte, die ihre Amtsgewalt missbrauchen, um sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen oder einem andern einen Nachteil zuzufügen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.

Dieser Gesetzesartikel scheint für Philippe Horisberger, stellvertretender Direktor des Bundesamtes für Kommunikation (BAKOM) nicht zu gelten. Mit einer Unverfrorenheit sondergleichen liess er diese Woche in fast allen Tageszeitungen laufend penetrante Falschinformationen zu Gunsten der Mobilfunknetzbetreiber erscheinen.

Ein Zitat aus den Tageszeitungen dieser Woche:
Nun aber schlägt Philippe Horisberger, stellvertretender Direktor des Bundesamts für Kommunikation (Bakom), Alarm und fordert: „Wenn die Schweiz mit der Digitalisierung und dem Ausland Schritt halten und 5G einführen möchte, muss sie Abstriche beim Strahlenschutz hinnehmen.“ Wenn ein ausländisches Mobilfunkunternehmen sein Netz auf 5G umstellen wolle, könne es bestehende Antennen aufrüsten, sagt er. „Hierzulande aber ist das unmöglich, weil der Strahlenschutz viel stärker ausgebaut ist – die maximal zulässigen Grenzwerte pro Antenne liegen bei uns zehnmal tiefer als im internationalen Durchschnitt.“ Bei unveränderter Gesetzgebung könnten 90 Prozent der heute bestehenden Antennen auf Stadtgebiet nicht aufgerüstet werden, sagt Horisberger.

Das ist meines Erachtens alles brandschwarz gelogen.

Erstens
ist die Behauptung, die Schweiz habe 10 mal tiefere (strengere) Grenzwerte als das Ausland, der grösste Schwindel, welcher unseren Bürgerinnen und Bürgern je aufgetischt wurde. Da in der Schweiz die Grenzwerte dort erfasst werden, wo diese auf Grund der Distanz, auf Grund der Abweichung zur Senderichtung (horizontal wie vertikal) oder auf Grund der Gebäudedämpfung ohnehin ganz von selbst auf 10% der im Ausland zugelassenen Werte unmittelbar vor oder unter einer Antenne zurückgegangen sind.
Ein Vergleich mit Lärmmessungen: Im Ausland würde beispielsweise 1m hinter dem Auspuff eines Motorrades gemessen und in der Schweiz in den Wohnzimmern. Dort beträgt der Lärmpegel ganz von selbst nur noch 10% von demjenigen direkt hinter dem Auspuff.

Bild oben: NIS-Karte aus einem Mobilfunk-Projekt in Luzern mit den 3 höchstbelasteten OMEN (Orten empfindlicher Nutzung). Alle Werte sind in V/m (Volt pro Meter). Roter Punkt in der Bildmitte ist der Antennenmast. Da es sich um eine gemischte Anlage handelt, beträgt der Grenzwert an den OMEN 5V/m. Zur Umrechnung: V/m x V/m / 377 = Watt pro m2

Es gibt im benachbarten Ausland praktisch keine Orte empfindlicher Nutzung, das sind Wohnzimmer, Schlafzimmer, Kinderzimmer, Schulzimmer, Krankenzimmer und Büros, die mit Mobilfunkstrahlung höher belastet sind als in der Schweiz. Das obige Bild ist keine Ausnahme. In der Schweiz gilt einzig eine andere Art der Erfassung. Genaueres dazu siehe https://www.gigaherz.ch/grenzwerterhoehung-die-wahnsinnsidee-einiger-motionaere/

Zweitens
Noch unwahrer ist die Behauptung, bei unveränderter Gesetzgebung könnten 90 Prozent der heute bestehenden Antennen auf Stadtgebiet nicht aufgerüstet werden.

Denn bereits im nächsten Jahr wird der alte Mobilfunkstandard 2G oder GSM genannt ausser Betrieb gesetzt. Dadurch wird auf jedem Antennenstandort ein Drittel des Platzes frei.

Des Weiteren wurde bei allen Baugesuchen für Mobilfunkantennen der letzten 10 Jahre Sendeleistungen in einer Höhe beantragt und bewilligt, die gar nie erforderlich gewesen wären. Dies nur um die Strahlungsgrenzwerte an den nächstliegenden Orten empfindlicher Nutzung bis auf 99% auszureizen. Ganz einfach dazu, um den Standort ja nicht mit einem Konkurrenten teilen zu müssen und die Konkurrenz von dieser Zone fernzuhalten. Diesem Unfug, der Hortung von nicht benötigter Sendeleistungen, muss ein Riegel geschoben werden, indem die Betreiber verpflichtet werden, die an einem Standort bereits bewilligte Sendeleistung untereinander aufzuteilen. Dann braucht es in den meisten Fällen gar keine zusätzlichen Antennenstandorte mehr.

Zudem benötigen fixe Arbeitsplätze gar keinen Mobilfunk. Wer an einem Schreibtisch ohnehin an einem PC sitzt, benötigt nach der Digitalisierung des Festnetzes überhaupt keine Handyverbindung mehr! Hier genügt das neue «Turbo-Festnetz» vollkommen. Ein zügiger Ausbau der Glasfaser-Kabelnetze entlastet das Mobilfunknetz nochmals ganz gewaltig. Weil schneller, zuverlässiger und abhörsicherer.

Fazit: Vizedirektor Horisbergers Unkenrufe sind unverschämte, unverhohlene Mobilfunkpropaganda, bestimmt für Funk-Anwendungen, welche die Bevölkerung weder wünscht noch nötig hat.

Die Aussage Horisbergers, der einzige Ausweg führe nun über eine breite, öffentliche Diskussion. Gefordert seien vor allem die Netzbetreiber, die den Druck auf die Politik erhöhen und die Bevölkerung auf ihr „schizophrenes Verhalten“ aufmerksam machen müssten, ist inakzeptabel.
Die Schweizer Bevölkerung, von welcher Horisberger sein nicht gerade bescheidenes Monatsgehalt in fünfstelliger Höhe bezieht, als «schizophren» zu bezeichnen, muss nicht hingenommen werden. 4.3Millionen Schweizerinnen und Schweizer halten laut Bundesamt für Statistik Mobilfunksender für gefährlich oder eher gefährlich. 4.3Millionen können sich nicht irren und müssen sich von einem Bundesbeamten nicht beleidigen lassen.

Als Schizophren können allenfalls die Bemühungen gelten, im angestrebten Internet der Dinge allen und jeden Unsinn mittels Funk durch die Luft zu schicken. So etwa den Bestand an Eiern im Kühlschrank, zwecks automatischer Nachlieferung. Sehen Sie dazu https://www.gigaherz.ch/das-internet-der-dinge/ Eine Geschichte von welcher wir noch vor einem Jahr glaubten, dass diese nie wahr werden würde. Wir haben uns getäuscht.

Als schizophren könnten allenfalls die Bestrebungen nach selbstfahrenden Autos gelten.
Während in den USA bereits die ersten Schadenersatzprozesse gegen Hersteller von selbstfahrenden Autos laufen, die schlimme Verkehrsunfälle verursachten, machen sich die Telecom-Verantwortlichen hierzulande Gedanken darüber, wie sie wohl alle 150m einen Sendemast aufstellen könnten, um selbstfahrende Fahrzeuge überhaupt zu ermöglichen.

Zum Schluss ein bundesrätliches Zitat aus den Tageszeitungen:
Die zuständige Bundesrätin Doris Leuthard scheint das Wehklagen erhört zu haben. Am Tag der Wirtschaft in Genf bedauerte die oberste Chefin von Bakom und Bafu vor zwei Wochen jedenfalls öffentlich, dass manche Parlamentarier auf die Bremse drückten. „Wir müssen das schaffen“, sagte die Bundespräsidentin. „Sonst haben wir in vier Jahren ein Riesenproblem.“

Sehr geehrte Frau Bundespräsidentin,
Das Problem haben sie schon heute, indem sie ihren Chefbeamten infolge mangelnder Sachkenntnis punkto Funktechnologie, jeden Unfug abkaufen müssen.
Wetten dass Sie es nicht schaffen, ein ganztägiges Gigaherz-Seminar zu besuchen, um sich einmal von der andern Seite über Mobilfunk- und Stromnetze gründlich ins Bild setzen zu lassen. Einer Seite die immerhin die Meinung von 52% aller Schweizerinnen und Schweizer vertritt. Die Meinung derjenigen Mehrheit, die einer Ihrer Chefbeamten als «schizophren» betitelt.
https://www.gigaherz.ch/aus-der-kurve-geflogen/

Von Hans-U. Jakob

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