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Staats-Monitoring oder die 5G-Wanderer

Das Wandern ist des Müllers Lust, das Wa-a-andern… So beginnt ein uraltes Volkslied. Schön passend zu der vor vielen Jahren von Nationalrätin Yvonne Gilli (heute nicht mehr im Rat) eingebrachten Motion für ein landesweites Monitoring (Erfassen und Aufzeichnen) der nichtionisierenden Strahlung. Nachdem einst der Bundesrat dem BAFU den Auftrag erteilt hatte, die Sache an die Hand zu nehmen, hat man sich dort, nachdem man eine Wandergruppe mit Exposimetern im Rucksack losgeschickt hatte, lieber an die zweite Strophe gehalten. Diese heisst bekanntlich: Vom Wasser haben wir’s gelernt, vom Wa-a-sser….Offensichtlich vom Verwässern!

von Hans-U. Jakob (Gigaherz.ch)
Schwarzenburg, 27.6.2022

Das hat begreiflicherweise etwas länger gedauert. Denn die Staats-Wanderer mit ihrem Exposimetern im Rucksack mussten ja ungeheure Strecken zurücklegen um zu einigermassen harmlosen Messresultaten zu kommen. Nicht nur über Stock und Stein, nicht nur Naturlanschaften, nein  auch ganze Industriequartiere, Bahnhöfe oder Tramhaltestellen und Einkaufscentren, mussten abgeschrittenn werden. Sogar in Zügen und Bussen, wurde der Rucksack deponiert. Nur nicht in Wohnungen.


Bild oben:
Wanderer im Staatsauftrag mit Exposimeter im Rucksack

Doch das Verwässern beginnt viel früher, nämlich schon in der Pressemitteilung vom 15.Juni 2022 zum Einweihungsfest der Rucksack-Studie. Steht doch da, Zitat: Die Ergebnisse des ersten Monitoringberichts zeigen, dass der Gesundheitsschutz gewährleistet ist. An Orten, an denen sich Menschen üblicherweise aufhalten, liegen die Feldstärken klar unterhalb des Immissionsgrenzwerts. Die höchsten Werte wurden an Tramhaltestellen, in Industriegebieten und Grossstadtzentren gemessen und die tiefsten Werte in Landwirtschaftszonen und im Naturgebiet. Ende Zitat.
Wen wundert es da, dass die tiefsten Werte dort gemessen wurden, wo gar keine Mobilfunksender stehen? Aber das tröstlichste kommt noch: Die Immissionsgrenzwerte seien überall eingehalten.

Aber Hallooo! Die Immissionsgrenzwerte gelten gar nicht dort wo sich Menschen üblicherweise aufhalten. Diese markieren den Sicherheitsabstand zu einer Sendeantenne, innerhalb welchem sich NIE ein Mensch aufhalten darf. Und dieser befindet sich, je nach abgestrahlter Leistung, 6-10m vor und 1-2m unterhalb einer Sendemastantenne und beträgt je nach Frequenz 42 bis 61V/m (Volt pro Meter). Dort können sich üblicherweise gar keine Menschen aufhalten. An Orten wo sich Menschen üblicherweise aufhalten, gilt ein ganz anderer Wert. Nämlich der Anlage-Grenzwert, welcher je nach Frequenz 4-6V/m beträgt und der nach Umweltschutzgesetz erforderlichen gesundheitlichen Vorsorge dienen soll. Das Dumme an der Sache ist nun, dass die BERENIS, das ist die offizielle Beratergruppe des Bundesrates im Januar 2021 einen Sondernewsleter herausgegeben hat, mit der Warnung, dass oxidativer Zellstress, (das ist entstehender Krebs) bereits im Bereich dieser 4-6V/m auftritt. Und dass damit die gemäss USG als Vorsorgewerte gedachten Anlage-Grenzwerte nach neuesten Erkenntnissen zu Gefährdungswerten auf hoher Stufe verkommen sind.


Bild oben: Wanderroute durch ein dezentrales Wohngebiet in der Stadt Zürich

Und was haben die Rucksack-Touristen nach Hause gebracht? Von ihren in den Rucksäcken getragenen Exposimetern, aus ihren ausgedehnten Wanderungen?
Das verwendete Exposimeter kann gleichzeitig verschiedene Frequenzbänder im Intervall von 6 Sekunden aufzeichnen. Das ist ein gewaltiger Vorteil. Nachteilig wirkt sich aus, dass es keine Anzeige (Display) besitzt und die Messresultate nur am PC ausgelesen werden können. Der Benutzer läuft also quasi blindlings in der Gegend herum und ist gar nicht in der Lage, schlimme Plätze zu finden. Abenteuerlich wird es aber dann, wenn das Exposimeter direkt am Körper getragen wird. Befindet sich das Exposimeter von der Sendeantenne aus gesehen hinter oder seitlich vom menschlichen Körper, ergibt dies infolge der Abschattung sofort rund 10mal zu tiefe Werte. Das haben die Wanderleiter zu kompensieren versucht, indem sie die Rucksäcke mit einem Gestell versehen haben, damit das Exposimeter etwa 45cm hinter dem Rücken des Wanderers zu liegen kommt. Was sich allerdings als ungenügend erwies. Vergleichsmessungen mit Mobilfunkfrequenzen, einmal mit und einmal ohne Wandersmann zeigten unseres Erachtens immer noch Differenzen von durchschnittlich 50%.

Verdoppeln wir die 0.3V/m, welchen die Schweizer Bevölkerung gemäss den Rucksack-Messungen durchschnittlich ausgeliefert ist, infolge dieses Messfehlers vorerst einmal auf 0.6Vm. Dann verdoppeln wir diese 0.6V/m mit jedem Stockwerk Höhenzunahme, was jeder erfahrene Messtechniker bestätigen kann, ergibt dies folgende überschlagsmässige Schätzung: Erdgeschoss 0.6V/m, 1. Obergeschoss 1.2v/m, 2. Obergeschoss 2.4V/m, 3. Obergeschoss 4.8V/m. Wer sich höher oben befindet muss mit Grenzwertüberschreitungen rechnen.

Alles zu Messungen mit dem Exposimeter, auch Dosimeter genannt, finden sie hier und in den dort angegebenen Links. 10 Minuten die sich lohnen. https://www.gigaherz.ch/dosimeter-vom-peut-eterli-zum-ninueterli/

Das scheint auch der Wanderleiter im BAFU zu wissen. Immerhin findet sich in der Pressemitteilung der Nachsatz, Zitat: In Privatwohnungen stehen die Messungen erst am Anfang. Die bisher gemessene Belastung ist durchwegs tief, aber die Anzahl der Messungen ist noch klein. Daher lassen sich noch keine allgemeingültigen Aussagen ableiten. Ende Zitat.

Der gesamte Bericht über den Rucksack-Tourismus kann hier abgerufen werden:   Bericht: Publikation «Expositionsmessungen nichtionisierender Strahlung: Jahresbericht 2021 – Projektkonsortium SwissNIS» (PDF, 6 MB)
Auf dem Titelblatt findet sich der Hinweis: Diese Studie/dieser Bericht wurde im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) verfasst. Für den Inhalt ist allein der Auftragnehmer verantwortlich.
Na also, das BAFU wäscht sich seine Hände in Unschuld. Es wird höflich gebeten, nicht auf das BAFU zu schiessen. Die Verfasser des Berichtes finden sich auf Seite 2.
Und die Medienmitteilung befindet sich hier: Erster Monitoringbericht zu nichtionisierender Strahlung: Belastung unter dem Grenzwert (admin.ch)

Von Hans-U. Jakob

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