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Weitere Tarntennen im Zugerland

Weitere Tarntennen im Zugerland

Die ausgeschriebenen Baugesuche für die grossen Mobilfunkantennen haben im Kanton Zug deutlich abgenommen. Früher wurde jede Woche eine neue Antenne (oder die Aufrüstung einer bisherigen Anlage) publiziert, fast immer von Orange – jetzt bleibt das Amtsblatt stumm und gibt in dieser Beziehung nichts mehr her. Ist das eine Folge der aufwändigen Einspracheverfahren ?

Von A. Masson, Baar 15.01.2002

Umso intensiver spriessen die kleinen, getarnten Antennen an Hausfassaden und in Leuchtreklamen. Diese Antennen müssen nicht bewilligt werden. Kein Mensch in Gemeinde oder Kanton rechnet aus, ob in der Wohnung, unter deren Fenster die Antenne befestigt ist (ev. weniger als 1 Meter!), die Anlagegrenzwerte erfüllt sind oder nicht. Und wenn es denn einmal mehr strahlen sollte am Esstisch, als die NISV erlaubt: Kein Problem, die Antennen mit weniger als 6 W ERP unterliegen ohnehin nicht der NISV. Dass die gesamte Strahlung steigt und steigt, wird durch die NISV sowieso nicht verhindert.

Hier einige Beobachtungen zu den kleinen Antennen – in technisch-cleaner Sprache: zu den Mikrozellen. Es ist anzunehmen, dass nach denselben Spielregeln auch anderswo gebaut wird.

Im Sommer 2001 kannte ich im Kanton Zug 11 kleine Antennen. Heute sind mir bereits 27 Anlagen genau bekannt. Etwa 3 bis 4 kommen noch dazu, deren Standort durch das BAKOM publiziert wird, die ich aber nicht finden konnte. Bei manchen Anlagen kann ich klar sagen, dass sie neu gebaut worden sind seit dem Sommer.

Immer dichter und dichter
Im Sommer habe ich im Kerngebiet von Zug und Baar noch von Minimaldistanzen gesprochen von 220 bis 250 Metern von Antenne zu Antenne (Luftlinie). Heute wird bereits dichter gebaut: In Zug liegen die nächsten Antennen nur noch 70 und 80 Meter auseinander, in Baar 75 und 100 Meter. Wenn ich von meiner Wohnung aus einen Kreis mache mit 300 Meter Radius, so liegen 9 strahlende Mobilfunkantennen in dieser Distanz !!! (allesamt übrigens von Orange). Von knappen Frequenzen kann jedenfalls nicht gesprochen werden, solange derart rasant immer neue Antennen gebaut werden. Bei einer einzigen Kleinantenne ist mir aufgefallen, dass ihre Leistung kräftig reduziert worden ist.

Die Gemeindekanzlei freut sich auf Ihren Besuch!
Die Gemeinden Cham und Baar haben mir ohne weiteres die Liste mit den Standorten zugeschickt, in der Stadt Zug durfte ich Einsicht nehmen. Es ist offenbar eine lokale Eigenheit, dass im Kanton Zug die Antennen den Behörden gemeldet werden müssen, was durch Orange anfänglich umgangen wurde. Wahrscheinlich müssen in anderen Kantonen die Behörden nicht einmal wissen, dass und wo Antennen gebaut werden, sofern sie schwächer als 6 Watt ERP sind. In Cham und Baar kannte ich bereits alle Antennen auf der gemeindlichen Liste, und keine zusätzlich. Die Liste scheint also zu stimmen. In Zug waren sowohl in der städtischen Liste, wie auch in meiner, wenige Antennen vorhanden, die es auf der anderen Liste nicht gab. Das mag ein Problem sein, das wegen des schnellen Baues auftritt. Auch die publizierten Standorte des BAKOM hinken der Realität ziemlich hinterher.

Die gemeindliche Liste enthält die geplanten Leistungen der einzelnen Anlagen. Diese Werte passen überhaupt nicht überein (und zwar haushoch nicht) mit den tatsächlich abgestrahlten Leistungen. Eine offensichtlich schwach strahlende Antenne hat auf dem Papier eine stärkere Leistung als eine wesentlich stärkere Anlage. Bei der Bahnhofantenne in Baar vermute ich eine Überschreitung der maximal erlaubten 6 W, kann es aber nur knapp beweisen mit der unsicheren Rechnung nach BUWAL. Bei den beiden Antennen an der EPA publiziert das BAKOM selber seit Monaten, dass sie unzulässig stark strahlen, nämlich mit je 10 W. Seit Monaten sage und frage ich bei Orange, Kanton und Gemeinde, aber es passiert nichts. Orange meint, sie seien mir nicht auskunftspflichtig, ich solle mich bei der Gemeinde erkundigen. Und was soll im Ernst die Gemeinde machen, die Stadt Zug ? Wie bestimmt sie die abgestrahlte Leistung einer Antenne ? Fragen Sie selber bei ihrem Gemeinderat nach!

Sisyphus
Abschliessend noch einige Eindrücke der Antennen-Schnüffler-Tätigkeit. Zwei Aspekte können frustrierend wirken. Gerne opfere ich einen Nachmittag oder auch drei, um einen stark befahrenen Strassenabschnitt nach versteckten Antennen abzusuchen. An die Grenze komme ich aber dadurch, dass bei der intensiven Bautätigkeit jeder Suchaufwand eigentlich wertlos ist. In einem Monat oder zwei muss die ganze Strasse ohnehin nochmals abgesucht werden. Das gibt einen untragbaren Aufwand! Hier dürfte das politische Vorgehen einfacher sein: Überall eine Liste verlangen.

Bei zwei Antennen bin ich arg ins Rotieren gekommen, weil sie da waren, aber wochen-, ev. monatelang noch gar nicht sendeten. Die eine habe ich gesehen, konnte mit dem Finger drauf zeigen. Die andere wurde vom BAKOM publiziert – aber sie war nicht zu finden, es war einfach keine Strahlung da, im ganzen Quartier nicht. Beide Male bin ich sehr unsicher geworden, was da läuft.

Uferlose Aussichten…
Die letztere dieser beiden Antennen eröffnet übrigens ganz neue Perspektiven. Sie steht nicht in einem dicht überbauten Kerngebiet, erstmals, sondern in einem ruhigen, unauffälligen Quartier mit Einfamilienhäusern. Kein Verkehr, keine grossen Wohnblöcke, nichts. Es ist vom Aufwand her ganz ausgeschlossen, in allen solchen Quartieren Antennen suchen zu gehen!

Antennen-Orte:
Bisher wurden die versteckten Antennen weit unten am Haus, ev. unterhalb der Fenster des ersten Stockwerkes angebracht. Ich habe Leute gefunden, unmittelbar hinter der Antenne, also z.B. im ersten Stock, die nie über die Antenne informiert worden sind und von nichts wussten. Offenbar neu baut Orange jetzt aber auch kleine Antennen ganz oben auf dem Dach (einmal in Baar, zweimal in Unterägeri). Strahlungsmässig ist das besser, man kommt nicht so nahe zu der Antenne hinzu. Das Versorgungsgebiet wird eher grösser dadurch. Alle diese drei Antennen auf dem Hausdach sind nicht mehr getarnt, sondern als eigentliche Antennen erkennbar. Sie sind aber winzig klein, oberhalb der Halterung, ungefähr so lang wie ein Zeigefinger, so dick wie ein Daumen, immer gestrichen in der Umgebungsfarbe. So ein kleines Zäpfchen zuoberst auf dem Dach, neben einem Kamin, das erscheint winzig klein, man sieht es fast gar nicht! – Mit einer einzigen Ausnahme haben alle ca. 30 Mikrozellen im Kanton Zug keine sichtbare Richtstrahlverbindung nach aussen. Die Gespräche werden offenbar über die Telefonleitung geführt, unter Bezahlung an die Swisscom. Einzig bei einem Hotel in Unterägeri ist eine kleine Richt-Antenne zu sehen, die wahrscheinlich der Gesprächsführung zu anderen Zentralen dient.

Antennen-Formen:
Auch weiter unten am Haus kommen gelegentlich ungetarnte Antennen zum Einsatz. Beliebt (auch bei neu gebauten Anlagen) sind immer noch die Windredli, wie sie bei Storen-Steuerungen zum Einsatz kommen. Die Rädchen können sich jetzt auch drehen im Wind, sehen also „wie richtig“ aus. Bisher kenne ich im Kanton Zug 11 Windrädchen, alle von Orange, 8 ungetarnte Stabantennen, und 8 versteckte Anlagen in Leuchtreklamen oder ähnlich. Drei Anlagen sind von Swisscom. Allerdings muss ich zugeben, dass ich fast immer nur Orange gesucht habe, und Orange gefunden habe. Bei Sunrise habe ich viel weniger untensiv gesucht! Einmal mehr, wie bei allgemeinen Lebensregeln auch: We find, what we look for.

Und der ganze Rest…
Das Bisherige bezieht sich auf Antennen, die Strassenzüge, Plätze und Quartiere versorgen. Daneben gibt es die nochmals schwächeren Indoor-Anlagen, im Warenhaus, im Parkhaus, im Bahnhof, im Eisenbahnwagen drin. Die sind kaum zu finden. Hier muss man sich wohl mit einem resignierten Achselzucken zufrieden geben: Mindestens bin ich nicht sehr lange dort. Ausser wer gerade das Pech hat, dort zu arbeiten…

Dann kommen dazu WLL, Tetrapol, oder die Pager, von denen spricht niemand. Auch nicht über Induktions-Kochherde.
In Elektronik-Katalogen lässt sich unschwer erkennen: Die Verfunkerei geht rasant weiter! In Zukunft gibt es keine Hausglocke mehr, kein Thermometer, keine Videokamera, die nicht über Funk läuft. Licht ein oder aus oder dimmen: drahtlos natürlich. Zukünftige Fahrkarten in den öffentlichen Verkehrsmitteln: drahtlos selbstverständlich, mit persönlicher Ansprache der Funk-Kredit-Karte beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt, ganz ohne dass wir uns darum kümmern müssen. Ist doch praktisch, oder ? Am Ende des Monates kommt die Rechnung: Wieso eigentlich auf Papier, wenn es auch drahtlos geht ?

Trotz allem: Ein gutes neues Jahr!

interne Links dazu:

Tarntennen in Luzern (unter Gesundheit und Leben)

Getarnte Antennen im Zugerland (unter Forschung und Technik)

Von Hans-U. Jakob

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