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Swisscom erpresst Regierung von Liechtenstein

frick_pepo.jpg Bild links: Dr. med. Peppo Frick, der Landtagsabgeordnete, welcher die neuen Grenzwerte von 0.6V/m in Liechtenstein auf Grund seiner Erfahrung in der Praxis und auf Grund hunderter von wissenschaftlichen Studien bis dato erfolgreich vertrat. Halten Sie durch Herr Dr. Frick! Der sensible Teil der Menschheit ist Ihnen zu grossem Dank verpflichtet!

Die vom Liechtensteinischen Landtag im neuen Umweltschutzgesetz beschlossene Senkung des Grenzwertes für Mobilfunksender, bis spätestens 2013, im Mittel auf 0.6V/m (Volt pro Meter), lässt Swisscom, als einen der Liechtensteinischen Mobilfunkbetreiber, zu Mitteln greifen die hart an der Grenze der Kriminalität, wenn nicht sogar jenseits davon liegen.

von Hans-U. Jakob, 12.9.08

Dies obschon überhaupt noch nicht klar ist, was mit dem „im Mittel“ überhaupt gemeint ist.  Handelt es sich um einen 6-Minuten, einen 1-Stunden, einen 24-Stunden oder um einen Jahresmittelwert? Oder handelt es sich gar um einen geografischen Landesmittelwert oder um einen Mittelwert pro Kopf der Bevölkerung?  Fragen welche der Landtagsabgeordnete und Initiant der Grenzwertsenkung, der Arzt Dr.med Peppo Frick im Landtag gerne beantwortet haben wollte, jedoch mit dem hinweis abgeblock wurde, das sei dann Sache der Vollzugsbehörde.

Denn je nachdem wie man dieses „im Mittel“ auslegt, ergibt sich daraus nicht eine Verbesserung des bisherigen Schweizer-Grenzwertes von 6V/m auf 0.6V/m, also auf 10% davon, sondern eine Verschlimmerung bis zum 10-Fachen. Dies ist auch der Grund, weshalb Liechtensteinische Mobilfunkkritiker noch nicht in Jubel ausgebrochen sind, wie viele andere mobilfunkkritische Internetseiten, die nicht gerade über die notwendige Fachkundigkeit verfügen.

Swisscom greift zu ungesetzlichen Methoden

Sei dem wie es wolle. Swisscom rechnet offenbar mit dem für sie  schlimmsten Szenario und schickte der Liechtensteiner Regierung  bereits am 11.Juli 08 einen „Drohbrief“ der sich gewaschen hat.  (Der Brief liegt in ganzer Länge der Redaktion Gigaherz vor)

Wir zitieren daraus:

Obwohl wichtige Aspekte der Verschärfung noch nicht geklärt sind, sind wir aus grundsätzlichen Ueberlegungen gezwungen, erste Konsequenzen zu ziehen. Swisscom wird daher sein Engagement im Fürstentum Liechtenstein substanziell reduzieren.

und weiter unten:

Sollte sich eine Korrektur oder Entschärfung in wesentlichen Teilen des neuen Gesetzes abzeichnen, ist Swisscom gerne bereit, auf diesen für alle Beteiligten sehr unangenehmen Entscheid teilweise oder ganz zurückzukommen.

Sind diese Sätze im Sinne des Schweizer Strafgesetzbuches Art 156 vielleicht noch als Nötigung zu qualifizieren, geht Swisscom gegen Schluss des Schreibens in Richtung Erpressung.

Aus diesem Grunde sehen wir uns gezwungen, per sofort einen vollständigen Planungs- und Investitionsstopp für unsere Geschäftsaktivitäten im Fürstentum Liechtenstein zu verhängen.

und weiter unten:

Konsequenterweise wird das in Planung befindliche Projekt zur Ersatzversorgung der Region Malbun gestoppt. Sollte die dort befindliche Basisstation infolge der zu erwartenden Bauarbeiten abgebaut werden müssen, wird Swisscom die Versorgung der Region Malbun nicht mehr wahrnehmen.

Dazu muss man wissen, dass die Region Malbun, weil in einem abgeschlossenen Bergtal gelegen, als einzige Region des Fürstentums, nicht vom Ausland her versorgt werden kann.

Weil sich hier ein beliebtes Skigebiet befindet, ist diese Basisstation, welche Swisscom jetzt in erpresserischer Absicht benützt, zur Bergung verunglückter Skifahrer und Berggänger von etwelcher Wichtigkeit.

Das Vorgehen der Swisscom ist umso verwerflicher weil die Gemeinde und das Land 2 vollständig erschlossene Ersatzstandorte, welche den neuen Grenzwert problemlos einhalten könnten, gratis zur Verfügung stellt.  Es handelt sich um Kulm und Hochegg.  Auf die Hochegg hinauf wurden laut Insiderangaben bereits gratis Leerrohre für die notwendige Stromzufuhr in den Boden verlegt.  Der andere Standort ist bereits durch das Polycom-Funknetz erschlossen.

Wie bereits angetönt, würde Liechtenstein auf seinem Territorium gar keine Mobilfunknetze benötigen.  Das Land windet sich in einem schmalen Streifen entlang der Grenze zur Schweiz und ist teilweise am Hang mit Sicht auf die Schweiz gelegen.  Die entlang der Grenze in der Schweiz verdichtet aufgestellten Mobilfunksender vermögen Liechtenstein nämlich mit genügender Feldstärke zu versorgen.  Ein in der Schweiz befindlicher Mobilfunksender mit einer Sendeleistung von nur 1800Watt ERP pro Sektor bietet in Liechtenstein in 7.5km Luftlinie immer noch 0.04V/m an.  Und gemäss Schweizer Konzessionsbestimmungen genügen 0.00018V/m (bei 900MHz) und 0.00035V/m (bei 1800MHz) um eine Mobilfunkversorgung sicherzustellen. 

Diese massive Einstrahlung über eine Landesgrenze hinweg wäre nach internationalen Regeln gar nicht zulässig. Nach internationalen Abkommen wären, von Schweizer Mobilfunksendern abgestrahlt, 7.5km nach der Grenze nur noch 0.00008V/m statt der vorhandenen 0.04V/m zulässig.  Das heisst, die Schweizer Sender sind in Liechtenstein um gut Faktor 500 zu hoch vertreten.  Dies wurde jedoch in einem speziellen HCM-Vertrag Schweiz/Liechtenstein explizit so gestattet. Es ist deshalb unter Fachleuten noch heute stark umstritten, weshalb in Liechtenstein überhaupt eigene Mobilfunknetze gebaut werden mussten.

Trotzdem behaupten nun die Liechtensteinischen Mobilfunkbetreiber in giftigen Zeitungsartikeln davon, sie müssten, falls die neuen Grenzwerte, die übrigens ausschliesslich nur an Orten empfindlicher Nutzung gelten, 180 zusätzliche Mobilfunkantennen aufstellen. In diesen Phantastereien werden sie angeblich vom Schweizer Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) unterstützt. Nur dass dieses angebliche BAKOM-Gutachten geheim gehalten und der Oeffentlichkeit nicht zugänglich gemacht wird. Das lässt tief blicken.

Swisscom beschwert sich in einem weiteren Brief auch noch gleich über die bösen Buben von Liechtenstein beim Schweizer Bundesrat.

 
Dieser Brief vom 15. August 08 ist an den Generalsekretär des UVEK (Departement Leuenberger) gerichtet und liegt der Redaktion Gigaherz ebenfalls vor.  Dieser Brief erinnert eher an die Anschwärzerei kleiner Kinder beim Lehrer auf einem Pausenplatz, als an diplomatische Gepflogenheiten.  Swisscom vergisst dabei offensichtlich, dass Liechtenstein ein souveräner Staat ist und dass der Schweizer Bundesrat dort sozusagen nichts zu sagen hat. 

Erst im Schlussatz lässt Swisscom die Katze aus dem Sack.

Zitat Swisscom: Daher ist zu erwarten, dass die neue Regelung des Fürstentum Lichtenstein auch zu entsprechenden Forderungen nach einer Grenzwertsenkung in der Schweiz führen könnte.

Das wäre ja fürchterlich!

Noch weiter gehen die Liechtenstinischen Mobilfunkbetreiber in den örtlichen Tageszeitungen. Sie sprechen von einem wahren Dominoeffekt der auch nach Deutschland und Oesterreich übergreifen, und dort zu Milliardenverlusten führen würde. 

Schön wär‘s

Ueber neue Grenzwerte in Liechtenstein wurde bei uns schon vor über 3 Monaten berichtet. Siehe:  /neue-grenzwerte-in-liechtenstein/

Von Hans-U. Jakob

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