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Perverser geht es nicht mehr

300Millionen für besseren Handyempfang in Regionalzügen. Bezahlen sollen dies die Kantone – sprich die Steuerzahler.

von Hans-U. Jakob
Schwarzenburg, 5.9.2014

Sparfimmel soweit das Auge reicht
Landesweit werden wegen Geldmangel Tausende von Landschulhäusern geschlossen und ebenso Hunderte von Landspitälern. Polizeiposten werden ebenfalls zu Hunderten gestrichen und was am Schlimmsten ist, klammheimlich fallen Duzende von Ambulanz- und Rettungsschwerpunkte dem Spardruck zum Opfer. Am Traurigsten ist wohl das Streichen von Staatsbeiträgen an Behindertenheime, die jetzt dringende Renovationsarbeiten nicht ausführen können und Personal abbauen müssen. Von den unsozialen Sparübungen bei der Invalidenversicherung ganz zu Schweigen.


MUZ<<<Bild limks: Regionalzug der BLS

Aber der Spieltrieb muss befriedigt werden.
Und nun kommt ein Konsortium welches sich „Intraincom“ nennt und aus Vertretern der Mobilfunkgesellschaften und der Bundesbahnen besteht daher und verlangt, dass bis 2020 alle 1700Wagen der Regionalzüge mit Repeatern zum besseren Handy- und Internetempfang über das bereits veraltete 3G-System (UMTS) ausgerüstet werden. Gleicher Standard für alle Privatbahnen. Kostenpunkt 300Millionen.

Bezahlen sollen dies die Steuerzahler
Laut Berner Zeitung vom 3.9.2014 bestätigt das Bundesamt für Verkehr, dass Gespräche im Gang seien. Ein Entscheid solle in den nächsten Monaten fallen. Weil die Kantone auf ihrem Gebiet den Regionalverkehr bestellen und bezahlen, müsse nicht nur mit dem Bund über eine Beteiligung verhandelt werden, sondern auch noch mit den Kantonen.

So nicht!
Es geht nicht, der Landbevölkerung Schulen, Spitäler und Anbulanzen wegzunehmen, Behinderte und Invalide zu schikanieren um auf der andern Seite das gesparte Geld gleich Millionenweise zum Fenster hinauszuwerfen, nur um den Spieltrieb der Handyoten zu befriedigen, die keine 20 Minuten sein können, ohne ihr I- oder Smartphönchen zu streicheln.

Referendum angedroht.
Den Intraincom-Bahntasten sei ins Stammbuch geschrieben, dass weder Kantons- noch Eidgenössische Parlamentarier solche Beträge zusprechen können, ohne diese dem fakultativen Referendum, das heisst der Volksabstimmung zu unterstellen, sofern dazu genügend Unterschriften beigebracht werden. Siehe https://www.ch.ch/de/referenden/
Der Verein Gigaherz.ch wird sich jedenfalls einem allfälligen Referendumskomitee sofort anschliessen oder nötigenfalls selbst ein solches ins Leben rufen.

Mit dem Einbau von Repeatern in den Zügen ist es nicht getan.
Wie die Erfahrung entlang der Intercity-Strecken zeigt,  müssten auch entlang der Regionalbahnstrecken noch Hunderte von zusätzlichen Mobilfunk-Sendemasten aufgestellt werden. Da dies aus bau- und umweltrechtlichen Bestimmungen in der Landwirtschaftszone und im Wald nicht zulässig ist, müssten diese zwangsläufig in Wohnzonen hinein verlegt werden. Und hier sind sie ebenfalls nicht zonenkonform, da jeder Mobilfunkmast zu der Zone, in welcher dieser erstellt wird, einen engen funktionellen Bezug haben muss. Und dort wo Mobilfunk-Sendemaste mehrheitlich den Bahnpassagieren, statt der Quartier- oder Dorfbevölkerung dienen, ist der enge funktionelle Bezug nicht vorhanden. Das Verhältnis von Zugspassagieren zu Anwohnern liegt oft bei 1000 zu 1.
Beim Bundesgericht sind mehrere Fälle dazu hängigg. Erste Entscheide sind demnächst zu erwarten.  Man darf gespannt sein ob das Bundesgericht, angesichts der Spielsucht in der Bevölkerung, früher gefällte Entscheide einfach umstossen wird und ob das Bundesgericht das Recht auf elektronisches Spielzeug höher gewichten wird als die Volksgesundheit.

Von Hans-U. Jakob

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