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Nebulöses von METAS

Nebulöses von METAS

Backsteinbeton.jpg

Gemäss Messbericht einer akkreditierten Messfirma handelt es sich bei diesem Baumaterial um Beton, mit einem Dämpfungsfaktor von 30 statt nur 3 wie bei Backstein. Das ist leider nicht das Einzige was falsch ist an diesem Messbericht. Das mache nichts, sagt das Bundesamt für Metrologie und Akkreditierung, METAS. Der Messbericht sei deswegen nicht falsch, sondern liege lediglich im nicht-akkreditierten Bereich.

11.9.04

METAS heisst Bundesamt für Metrologie und Akkreditierung. Metrologie hat hier nichts mit Meteorologie zu tun, obschon einiges was von da kommt, sehr nebulös ist. Das Amt hiess früher „Amt für Mass und Gewicht“ und hatte eher etwas mit dem Meter, also mit Messen zu tun.
Doch jetzt hat sich sowohl der meteorologische wie der metrologische Nebel gelichtet und es scheint endlich alles klar zu sein.
Eine akkreditierte Messfirma darf ruhig mogeln. Das Einzige was sie in dem Fall nicht tun darf, ist das Logo der Akkreditierung und die Akkreditierungsnummer im Briefkopf des Messberichtes aufführen. Im weiteren Text darf sie jedoch beliebig oft darauf hinweisen, dass sie akkreditiert sei und unter welcher Nummer.
Und Messberichte die nicht nach den Richtlinien der SICTA (Vereinigung der Schweizer Mobilfunkbetreiber) das heisst in Zusammenarbeit mit dem Betreiber des gemessenen Mobilfunksenders entstanden sind, werden vom Bundesamt für Metrologie und Akkreditierung METAS gar nicht beurteilt, auch wenn diese noch so falsch sind.
Dies unter der Begründung, es handle sich bei diesen Messung um solche im nichtakkreditierten Bereich.(!!!)

FAZIT:
Eine akkreditierte Messfirma misst niemals falsch, sondern lediglich im nichtakkreditierten Bereich.
Ohne der gleichnamigen religiösen Vereinigung zu nahe treten zu wollen darf man laut sagen: „Ach du heiliger Brüderverein!“

Lesen Sie dazu den Bericht von André Masson, Baar 1)

So sicher ist die Qualitätssicherung!

Wer den Mess-Bericht einer akkreditierten Firma liest, weiss noch lange nicht, ob er den Aussagen trauen darf. Die Idee der streng geprüften, qualitätsgesicherten und akkreditierten Messbüros taugt in der Praxis kaum.

Wie stellen wir sicher, dass die Messungen der Mobilfunkstrahlung korrekt durchgeführt werden ? Das Verfahren ist kompliziert, so dass der Auftragsgeber selber kaum erkennt, ob die Messung 100% in Ordnung ist. Also spricht Vater Staat: „Wir garantieren selber, dass alles richtig gemacht wird. Wir prüfen die Ausbildung des Personals und wachen darüber, dass die Messgeräte regelmässig geeicht werden. Wenn alles in Ordnung ist, besiegeln wir die Vertrauenswürdigkeit dieser Firmen.“ Wenn ein Betrieb die hohe Akkreditierungshürde endlich bestanden (und teuer bezahlt) hat, so wird er aufgenommen in den illustren Kreis der „Vertrauenswürdigen“. Er wird bei der Auftragsvergabe ev. besser berücksichtigt als die nicht-akkreditierten Messstellen. Zitat METAS (Bundesamt für Metrologie = Messwesen): „Es ist fraglich, ob man zu solchen Berichten [nichtakkreditierter Firmen] Vertrauen haben kann.“ [Eckige Klammern sind in die Zitate eingefügt, zum besseren Verständnis]

Wie sieht der Messbericht einer akkreditierten Firma aus ? Ein konkretes Beispiel zeigt uns die Realität. In Baar steht gegenüber der Brauerei-Antenne das Haus „Burgweid“ im Rohbau, dessen Wohnungen verkauft werden müssen – eine delikater Zeitpunkt! Etliche Interessenten äussern Bedenken wegen der Strahlung, verlangen vom Bauherrn abschirmende Massnahmen. Der Bauherr beauftragt die akkreditierte Firma MONTENA mit einer Messung. Der Messbericht kommt zum Schluss, dass die Strahlung gering und ganz problemlos sei, z.B. 500’000 mal schwächer als die Sonnenstrahlung, und somit als unbedenklich eingestuft werden könne. Der Messbericht wird den potentiellen Wohnungs-Käufern ausgehändigt. (Hier ist nur von diesem privat in Auftrag gegebenen Messbericht die Rede. MONTENA hat auch die offizielle Abnahmemessung bei derselben Antenne gemacht, die noch nicht veröffentlicht wurde.) Der private Messbericht hält sich nicht an die Spielregeln und enthält krasse Fehlbeurteilungen. Einige der seltsamsten Blüten werden hier beschrieben.

1. Keine Hochrechnung auf maximale Sendeleistung: Die Messfirma hat sich bei den Betreibern Sunrise und Orange nicht erkundigt, mit welcher Leistung die Antenne zum Zeitpunkt der Messung gesendet hat. Die gemessene Strahlung konnte deshalb nicht wie vorgeschrieben hochgerechnet werden auf die maximale Sendeleistung. Die Anzahl der zusätzlichen Trägerfrequenzen ist nicht bekannt. Es wird nicht einmal die Tageszeit der Messung angegeben, so dass der damalige Gesprächsverkehr nicht abgeschätzt werden kann.
Dafür werden alle möglichen, viel schwächeren Linien (insgesamt etwa vierzig) weit entfernter Sendestationen dazu gerechnet! Es wird behauptet, man liege damit auf der sicheren Seite. Es wird offen gesagt, man hätte „keine gezielte Messung der BCCH“ gemacht, aber die „gezielte Messung der BCCH“ könnte die Ergebnisse der vorliegenden Messung „nur nach unten korrigieren“. Das ist falsch: Da die Feldstärken der einzelnen Frequenzen quadratisch summiert werden, haben zusätzliche intensive Frequenzen bei höherem Gesprächsverkehr weit mehr Gewicht als vierzig schwache Linien entfernter Sender (typisch 30 dB schwächer). So ein Schnitzer dürfte einem akkreditierten Büro nicht unterlaufen.

2. Zugeklebte Augen ? Zitat aus dem Messbericht: „Wir können annehmen, dass die Mauerqualität der Stufe Beton entspricht“. Die Burgweid ist aber ein prominenter Backsteinbau! Auch nach der Messung stand er noch wochenlang ohne Isolation und unverputzt da. Wie können ausgebildete und staatlich geprüfte Fachleute einen so getrübten Blick haben, dass sie Betonmauern „annehmen“, wo man lauter Backsteine sieht ??

3. Seltsame Rechnungen: Die Strahlung der fraglichen Basisstation wird verglichen mit allerlei anderer Strahlung, um die Unbedenklichkeit der Mobilfunkstrahlung zu belegen. Da werden Heizkörper und Glühbirnen bemüht, die Sonne und DECT-Telefone. Diese Vergleiche sind sehr unglücklich, weil Licht, Wärme und Mobilfunkstrahlung nicht dieselben Auswirkungen auf den Menschen haben müssen. Die Firma vergleicht auf numerisch abenteuerliche Weise das Wohnen unter der Basisantenne mit einem einzelnen Telefongespräch: „Eine halbe Stunde mit dem Natel telefonieren bedeutet also [energiemässig] 3 bis 11 Jahre in Burgweid wohnen“. Hier wollen wir genau schauen, was da akkreditiert gerechnet wurde; ob die empfangene Energie für gesundheitliche Störungen überhaupt relevant ist, bleibt ohnehin offen.

Zitat Montena: „Ein mobiler Telefonapparat produziert in unmittelbarer Nähe (am Ohr z.B.) die Feldstärken von 50-100 V/m, was einer lokalen Energiedichte von 0.07 – 0.26 mW/cm2, was einen Faktor von 2000 bis 8000 bedeutet“ [gegenüber der gemessenen, also nicht hochgerechneten Basisstations-Feldstärke von 0.8 V/m]. „Eine halbe Stunde mit dem Natel telefonieren bedeutet also 3 bis 11 Jahre in Burgweid wohnen.“

Wirklich ? Dürfen wir das glauben ? Die 50 – 100 V/m des mobilen Telefons am Kopf entsprechen 0.7 bis 2.6 mW/cm2, d.h. 10 mal mehr als durch MONTENA angegeben. Die 0.8 V/m der Basisstation entsprechen 0.00017 mW/cm2. Also erzeugt das Mobiltelefon am Kopf einen Energiefluss, der um einen Faktor 4000 bis 15300 mal grösser ist als bei der Basisantenne. Eine halbe Stunde telefonieren ergibt somit 2000 bis (gerundet) 8000 Stunden, oder 0.23 bis 0.91 Jahre wohnen in der Burgweid. Die Überlegung ist unklar und fehlerhaft – und dass die Basisantenne gelegentlich auch stärker strahlt als damals zufälligerweise gemessen, wird nirgends berücksichtigt.

Vielleicht wurde bei der Rechnung nicht der eigentliche Messwert von 0.8 V/m verwendet, sondern der um die Messunsicherheit erhöhte Wert von 1.1 V/m. Zitat, p. 10/25: „Wir halten in diesem Bericht jedoch an der „worst of worst case“ Philosophie.“ (sic!). Der „Faktor“ stimmt dann besser, aber das halbstündige Gespräch am Kopf entspricht noch weniger Jahren Wohnen in der Burgweid, nämlich nur noch 0.12 bis 0.46 Jahren. Das wäre dann ca. Faktor 24 weniger als die im Bericht angegeben „3 bis 11 Jahren“. Hat man die Anzahl der Stunden bloss durch 365 geteilt und vergessen, dass ein Tag 24 Stunden hat ???

Der Bericht hält einer Prüfung jedenfalls nicht stand. Als erste Reaktion darauf habe ich zuerst eine Anfrage bei der Firma MONTENA gemacht. Sie bestreitet überhaupt nicht, dass alles entgegen der üblichen Spielregeln gemacht wurde (fehlende Hochrechnung). Das sei eben kein „richtiger“ Messbericht, denn so ein Bericht wäre viel teurer gekommen. Der Kunde hätte nicht so viel zahlen wollen oder können. Also hätte er einen etwas einfacheren Bericht bestellt und erhalten. Im übrigen würde das Bundesamt fast jede Formulierung kontrollieren und vorschreiben. Der Bericht sei absolut kompatibel mit den METAS-Vorschriften.

Deshalb Nachfrage beim METAS: Was meint das Bundesamt dazu, dass eine akkreditierte Firma „richtigere“ oder „einfachere“ Berichte ausfertigt, ohne dass man sehen kann, welche Sorte man in den Händen hält ? Die Antwort des METAS erfolgte in zwei Runden. Zuerst gab es ein kleines Missverständnis. Zitat METAS: „Als eindeutiges Erkennungsmerkmal eines Berichtes aus dem akkreditierten Bereich einer akkreditierten Prüfstelle, verlangt die SAS (Schweiz. Akkreditierungstelle) die Anbringung des Logos mit der STS-Nummer. Diese Festlegung stellt sicher, dass ein Bericht aus einer nicht akkreditierten Tätigkeit eindeutig als solcher erkannt werden kann.“ Das METAS war offenbar der Ansicht, der missratene Messbericht stamme nicht aus dem akkreditierten Bereich, und sei deshalb nicht prüfenswürdig.

Nachträglich schicke ich dem METAS auch noch das Logo und die STS-Nummer von MONTENA, welche als direkte Kopie der Akkreditierungs-Urkunde dem Messbericht beigefügt ist. Darauf die Reaktion des METAS: „Das Beilegen oder Anhängen von Firmeninformationen (wie z.B. eine Kopie der Urkunde) verstösst nicht gegen die Norm.“ Es sei „nicht anzunehmen, dass MONTENA SA bewusst den Kunden bzw. die Empfänger der Kopien irreführen wollte“. Technisch wird der Bericht immer noch nicht beurteilt durch das METAS, weil es ein nicht-akkreditierter Bericht sei. „Der besagte Bericht ist nach unseren Vorgaben und Richtlinien nicht als einer aus dem akkreditierten Bereich einzustufen.“

Abschliessend meine Gedanken, Erkenntnisse und Fragen:

Die Amtssprache ist schwer zu verstehen. Zuerst ist die Angabe von Logo und STS-Nummer ein „eindeutiges Erkennungsmerkmal“ für einen akkreditierten Bericht. Nachher sagt dasselbe Amt genau das Gegenteil: es sei trotz LOGO und Akkreditierungsnummer eben doch kein akkreditierter Bericht. Der Bericht ist derart schief und unhaltbar, dass er immer noch nicht durch das Bundesamt geprüft und beurteilt wird. Weil er so schief ist, kann er nicht aus dem akkreditierten Bereich stammen, und deshalb muss man ihn nicht genauer prüfen. Wenn das nicht logisch ist… Immerhin hat das METAS gefordert, dass die Firma ähnliche Berichte künftig mit dem Vermerk „NICHT AKKREDITIERT“ bezeichnet – so dass der Leser erkennt, dass etwas nicht stimmt.

Wieso zweierlei Mass ? Wieso ist ein Bericht mit Hochrechnung auf die volle Sendeleistung (der natürlich zu einem höheren Messresultat führt) so viel teurer als ein Bericht ohne Hochrechnung (welcher eine geringere Strahlung ausweist) ?? Hat das ein System, steckt eine bestimmte Absicht dahinter ? Das Erfragen der momentanen Sendeleistung ist kein grosser Aufwand. Die Hochrechnung erfolgt im Computer, es ist bloss mit einem Faktor umzurechnen. Die teuren Messgeräte sind für den billigen und den teuren Bericht genau dieselben, der Messaufwand für das Personal auch (örtliches Maximum suchen mit dem Spektrum Analyzer, ist hier korrekt erfolgt).

Schönfärberei: Wieso darf eine Amtsstelle eigentlich nie sagen: Das ist jetzt aber ganz schief gelaufen, das darf sich nicht wiederholen !? Das Amt sucht noch in den unhaltbarsten Situationen nach schönen, wohlklingenden Formulierungen, um die Messfirma zu schützen. Wieso ? Wem ist gedient, wenn man langfristig einem Amt nicht mehr traut, weil es die Wahrheit nie beim Namen nennt ? Das habe ich nun schon oft gesehen, auf der Ebene von Bund, Kanton und Gemeinde.

Den Bock zum Gärtner machen. Es hat sich gezeigt, dass der geforderte Wortlaut und die Form eines „richtigen“ Berichtes gar nicht vom Bundesamt METAS oder BAKOM her stammt, wie ich es von MONTENA her verstanden habe, sondern von der Vereinigung der Mobilfunkbetreiber SICTA. Die Mobilfunker sollen überwacht werden, aber nur nach ihren eigenen Vorgaben! (Diese Vorgaben sehen übrigens nicht allzu schlecht aus und scheinen mit der NISV kompatibel zu sein; sie sind zu finden unter
www.sicta.ch/content_renderer.php?id=120&s=1&lan=1).
Ähnlich vertrauenswürdig ist es, wenn ein Mobilfunkbetreiber die Abnahmemessung seines eigenen Senders machen darf.

Zusammenfassend müssen wir die Aussage des METAS in der Kernaussage nur ganz wenig abändern, dann stimmt wieder alles. Richtig muss die Aussage lauten, so wie wir es hier bewiesen und belegt haben: „Es ist fraglich, ob man zu Berichten akkreditierter Firmen Vertrauen haben kann.“

1) André Masson ist Physiklehrer an der Kantonsschule Zug

Der Vorspann zu dieser Geschichte stammt von Hans-U.Jakob, Redaktion Gigaherz-ch

Kurze Schlussbemerkung von Gigaherz.ch:
Alle von der akkreditierten Messfirma MONTENA gemachten Angaben über Auswirkungen nichtionisierender Strahlung (Energieeintrag in den menschlichen Körper) sind rein thermischer Natur und haben mit der Realität biologischer Auswirkungen im zellulären und subzellulären Bereich nichts zu tun.

weiterführende interne Links unter:
Aus der Trickkiste akkreditierter Messfirmen (unter Recht oder Unrecht)

Von Hans-U. Jakob

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