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Mobilfunksender gelten nicht mehr als Aenderungen von Hochspannungsmasten

von Hans-U. Jakob 1.2.07

Jahrelang haben sich das Eidgenössische Starkstrominspektorat und als 2. Instanz das Eidg. Energiewirtschaftsdepartement angemasst, für Mobilfunkantennen, welche auf Hochspannungs-Leitungsmasten angebracht werden sollten, als Aenderung eines Hochspannungsmastes zu deklarieren und in eigener Kompetenz zu beurteilen. Die nachstehenden Einwände von Gigaherz wurden teils mit höhnischen Kommentaren versehen und gleich dutzendweise abgeschmettert.

Mit Urteil 1A.12/2006 /ggs vom 5. Januar 2007 gebietet jetzt das Bundesgericht diesem Treiben Einhalt.

Hier ein Auszug aus dutzenden von Gigaherz lancierten Einsprachetexten

Der Einbau einer Mobilfunksendeanlage in einen Hochspannungsmast kann nicht als einfache Aenderung eines Hochspannungsmastes deklariert werden.

Ein Mobilfunksender ist keine Anlage zum Transport hochverdichteter elektrischer Energie, welche an elektrische Leiter mit hohen Querschnitten, riesige Isolatoren und mächtige Tragwerke gebunden ist.

Ein Mobilfunksender ist eine völlig art- und zweckfremde Anlage, welche mit den bestehenden Elektrizitätsgesetzen nicht das Geringste zu tun hat.

Mobilfunksender sind industriell-gewerbliche Anlagen, die weder der Betreiberin der Hochspannungsleitung gehören, noch mit der Erfüllung von deren Geschäftszweck (Erzeugung und Uebertragung von elektrischer Energie etwas zu tun haben.

Nicht einmal der elektrische Anschluss für den Mobilfunksender kann ab dem Hochspannungsmast selber abgenommen werden, sondern muss von einem orts- und betriebsfremden Kabelbuffet (Verteilkabine) eines örtlichen Verteilnetzes von aussen zugeführt werden.   

Unter Aenderung eines Hochspannungsmastes wird lediglich die Aenderung der Tragwerke, der Isolatoren oder des Leiterquerschnittes verstanden, etwa zur Erhöhung der Transportkapazität.

Alles Uebrige fällt unter den Begriff „Erstellung einer industriell-gewerblichen Baute in der Landwirtschaftszone“.

Dies um so mehr, weil die Schaltschränke dieser Anlage oft nicht in den Mast eingebaut werden können, sondern ein separates Gebäude mit einem separaten Fundament neben dem Mastfuss benötigen.

Hierzu sind nicht die eidg. Elektrizitätsgesetze anzuwenden, sondern die eidg. und kantonalen Raumplanungsgesetze. Weil diese Gesetze (in Anwendung auf den projektierten Mobilfunksender) die Betreiberin der Hochspannungsleitung in der Erfüllung ihrer Aufgabe (Transport von hochverdichteter elektrischer Energie) überhaupt nicht behindern.

FAZIT: Bei Einbau einer Mobilfunksendeanlage in einen Hochspannungsmast können weder kommunales, noch kantonales Recht und weder kommunale noch kantonale Behörden einfach ausgeschaltet werden, nur um den massiven Widerstand in der Bevölkerung zu überwinden.

Das Verfahren ist deshalb unseres Erachtens einzustellen und nach kantonalem und kommunalem Baurecht und Raumplangsrecht neu aufzurollen. Darüber gibt es jedoch noch keinen letztinstanzlichen Entscheid (Bundesgericht). Ein Weiterzug in dieser Richtung könnte sich lohnen und ein Präjudiz für etwa weitere 100 hängige Verfahren schaffen.

Mit Urteil 1A.12/2006 /ggs  vom 5. Januar 2007 ist das Bundesgericht jetzt dieser Argumentation gefolgt

Hier einige kurze Auszüge daraus:

Das Elektrizitätsgesetz enthält keine Vorschriften über Nebenanlagen zu Starkstromanlagen, d.h. über Bauten und Anlagen, die auf dem gleichen Boden wie Starkstromanlagen oder sogar auf diesen selbst erstellt werden sollen, aber nicht oder nur nebenbei der Erzeugung, Transformierung, Umformung, Fortleitung und Verteilung der Elektrizität dienen (s. Art. 3 Ziff. 29 der Verordnung über elektrische Starkstromanlagen [Starkstromverordnung; SR 734.2]).

…………..Mobilfunkantennen hängen weder funktionell noch betrieblich voneinander ab. Der Leitungsmast dient der Antenne nur als Stütze, die Antenne beeinflusst den Betrieb der elektrischen Leitung nicht (vgl. oben E. 5). Können die beiden Teile nicht als Gesamtbauwerk verstanden werden, rechtfertigt sich auch nicht, die für den Mast geltende rechtliche Regelung auf die Antenne auszudehnen und die Kompetenz der Plangenehmigungsbehörde zu erweitern.

 

…………..Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Bau oder die Änderung von

Mobilfunkantennen auf Masten von elektrischen Leitungen oder auf anderen Starkstromanlagen in oder ausserhalb der Bauzone dem kantonalen (Baubewilligungs-)Recht untersteht.

…………..Die vorliegend angefochtene Bewilligung bzw. Plangenehmigung für eine

Mobilfunkantennenanlage auf einem Hochspannungsleitungsmast ist vom Bundesamt

für Energie und damit nach den angestellten Erwägungen von einer unzuständigen Behörde erteilt worden.

Kommentar Gigaherz:

Das Urteil hat noch viel weiterreichendere Folgen.

Denn das Erstellen industriell-gewerblicher Anlagen (wie Mobilfunksender) ausserhalb Bauzonen erfordert nach Art 24RPG eine ganze Reihe von Sonderbewilligungen.

Nach kantonalem Recht können die Mobilfunker diesen Artikel 24 RPG jetzt nicht mehr elegant umschiffen, wie sie das bislang mit Hilfe der Stromhändler fertig gebracht haben.

Vor allem ist ein Bedarfsnachweis inklusive der sogenannten Standortgebundenheit mittels Netzabdeckungskarten zu beweisen, was bei der heutigen Senderdichte nicht mehr zu bewerkstelligen ist.

Zudem hat das Bundesgericht den kantonalen Instanzen die Kompetenz zur Beurteilung von Netzabdeckungskarten mangels Fachkenntnissen längstens abgesprochen.

Im Weiteren dürfen keine Sonderbewilligungen erteilt werden, wenn sich das Projekt auch innerhalb der Bauzonen realisieren liesse, selbst dann nicht, wenn dazu gleich 2 oder mehrere Antennenstandorte gebaut werden müssten. Finanzielle Ueberlegungen und die Weigerung anderer Grundeigentümer, ihren Boden zur Verfügung zu stellen, berechtigen nicht zum Bau eines Mobilfunksenders in der Landwirtschaftszone.

Hier liegt das Dilemma von Gigaherz

Wir putzen heute praktisch jedes Mobilfunkprojekt in der Landwirtschaftszone weg, mit dem Erfolg, dass dann ein Ersatzstandort in einer Wohnzone gesucht und durchgepeitscht wird, falls sich dort ein Grundeigentümer findet, welcher den finanziellen Verlockungen nicht widerstehen kann.

Gigaherz wird deshalb in der Landwirtschaftszone nur dann tätig, wenn mit dem Projekt ein oder mehrere Landwirtschaftsbetriebe gefährdet werden. Und dann nur auf das Hilfegesuch der betroffenen Bauernfamilien hin. Denn diese sind auch Menschen und verdienen unsere Hilfe ebenso. Man kann nicht einfach eine Gefahrenquelle von der Wohn- in die Landwirtschaftszone verschieben, nur weil es dort eine kleinere Anzahl von Betroffenen gibt

Von Hans-U. Jakob

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