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Faradayscher Käfig als Nachtlager

Faradayscher Käfig als Nachtlager

Oltner Tagblatt / MLZ; 18.02.2004
Wiedergabe mit freundlicher Erlaubnis der Chefredaktion

KAPPEL · Heinz Frey begegnet seiner Hochfrequenzsensibilität mit
besonderen Mitteln:
Heinz Freys Leidensgeschichte ist lang. Geplagt von Beschwerden aller
Art hat er zahlreiche medizinische Untersuchungen über sich ergehen lassen;
die meisten ohne Indikation. Erst seine Vermutung, unter Elektrosmog zu
leiden, brachte Licht ins Dunkel.

von Urs Huber

Es sei nicht einfach, den Beginn seiner Leidensgeschichte zu datieren, meint
Heinz Frey aus Kappel, der seit 1996 in unmittelbarer Umgebung zum
Hochhaus wohnt, auf dessen Dach die Swisscom seit 1994 eine Antennenanlage
betreibt. «Zu sehr ist alles in sich verwoben, spielen Eventualitäten und
Interpretationen eine Rolle, hat sich im Laufe der Zeit meine Sicht auf die Dinge
verändert», meint er. Heute, mit dem aktuellen Wissensstand, lasse sich das
eine oder andere gesundheitliche Problem aus der Vergangenheit mit der sich
bei ihm entwickelnden Hochfrequenzsensibilität erklären.

Zuspitzung der Ereignisse
Wirklich dramatische Formen nahmen seine undefinierten Krankheitsbilder im
Jahre 2001 an, nachdem sich bereits Jahre zuvor beim 53-jährigen Mechaniker
Schwindelgefühle einstellten und seine Befindlichkeit immer wieder massiv
beeinträchtigt wurde. «Es ist schwierig zu erklären», meint er mit ruhiger
Stimme, «aber ich fühlte eine Bedrohung; anders kann ichs nicht sagen.» Auch
litt er an einer gewissen Tagesmüdigkeit, der er allerdings keine grosse
Beachtung schenkte. Mit dem diagnostizierten Hörsturz rechts (er führte zur
Taubheit) und einem folgenden Tinnitus wurden Freys Krankheitsbilder
manifest. «Ich litt an Durchschlafstörungen, Horrorträumen, fühlte einen
unregelmässigen Puls, stand morgens wie erschlagen auf; ich war überzeugt:
Jetz muess öppis goh!»

Die anschliessenden Arztbesuche, die radiologischen Untersuchungen und die Tests in Schlaflabors förderten keine eindeutigen Indikationen zutage; weder die
vermutete Narkolepsie (Schlafkrankheit) noch die in Frage kommende
Schlafapnoe (Sauerstoffschuld im Schlaf) wurden durch die Untersuchungen
bestätigt. Festgestellt werden konnte, dass sein Schlaf zu wenig Tiefschlafphasen
aufwies. Frey erhielt im Zuge der medizinischen Behandlung Medikamente
gegen die Parkinsonkrankheit. «Es war zermürbend, aber alle
Untersuchungsresultate brachten keine eigentlichen organischen Ursachen
meiner schlechten Befindlichkeit ans Tageslicht.» Als hilfreich stellte sich der
Tipp des Schlaflabors heraus, einen kurzen Mittagsschlaf abzuhalten. «Der
sorgte immerhin für eine gewisse Entspannung der Situation», meint Frey zum
Mittagsschlaf, den er heute noch pflegt. Auch das Parkinson-Medikament führte
zu einer Verbesserung bezüglich der periodischen Beinbewegungen; allerdings
spürte der Patient nichts davon. Nach wie vor fühlte sich Frey am Morgen wie
erschlagen. Nachts stellten sich die Gefühle der Beklommenheit, der Enge und
des Schwindels ein, Alpträume quälten ihn, ja Todesangst kam auf.
Denkblockaden und Konzentrationsschwierigkeiten gehörten bald wieder zum
täglichen Brot, wie Freys handschriftliche Aufzeichnungen deutlich belegen.

Strengelbach – Stein des Anstosses
Im Frühling 2002 dann besuchte er eine Veranstaltung in Strengelbach, bei
welcher auch Elektrosmog und dessen Auswirkungen thematisiert wurden. «Dies
hat mich erstmals mit dem Gedanken spielen lassen, meine Probleme könnten
was mit der Swisscom-Sendeanlage in meiner Umgebung zu tun haben», so
Frey. Zu Hause jedenfalls zog er nach dem Vortrag den Stecker des
schnurlosen DECT-Telefons aus der Dose; so quasi ein erster – wenn auch noch
wirkungsloser – Schritt in die richtige Richtung, wie sich später zeigen sollte.

Ein Rückenproblem aus dem Jahre 2001, welches einen vierwöchigen
Spitalaufenthalt notwendig machte, war in der Rückblende dann Auslöser einer
nächsten Erkenntnis. Im Spital nämlich litt Frey nicht mehr an den nächtlichen
Symptomen. Doch nach und nach verschlechterte sich sein Zustand mit der
Rückkehr nach Hause wieder. «Mein Befinden musste also etwas mit meiner
privaten Umgebung zu tun haben», so seine Schlussfolgerung.

Fortan beschäftigte sich Frey mit Strahlungsbelastung, nahm Kontakte zur
Gruppe um Hans Ulrich Jakob, dem Kämpfer gegen den Sender Schwarzenburg
und Gründer des Vereins Gigaherz, auf; ein Verein, der den Kampf gegen den
Elektrosmog auf seine Fahnen geschrieben hat. Frey liess in seinem Haus
Messungen durchführen und telefonierte mit kantonalen Ämtern und Vertretern
der Swisscom. Letztere offerierten ihm eine Messung zum Preis von 5000
Franken; eine Summe, die auf Frey abschreckend wirkte. Siehe Anm.1)
Auch einer
Untersuchung in der Paracelsusklinik in Sankt Gallen unterzog er sich. Er brachte
weiter in Erfahrung, dass seine Liegenschaft ein Ort mit empfindlicher Nutzung
(Omen) ist, die Grenzwerte der NIS-Verordnung (nicht ionisiernde Strahlung)
allerdings nicht überschritten wurden. Messungen eines bei den Funkanbietern
akkreditierten Institutes (MPA Engineering Josef Peter) erbrachten schliesslich
auch das Ergebnis, dass die Freys im Umfeld eines verschmutzten Netzes
wohnen. «Das heisst, bei uns sind die Elektroleitungen Hochfrequenz belastet,
praktisch jeder Ort im Haus ist davon betroffen.» Ausgehend von der Analyse
Peters konnte bei Frey eine Hochfrequenzsensibilität festgestellt werden.

Flucht vor Hochfrequenz
Nun galt es, diesen Hochfrequenzströmen aus dem Weg zu gehen. Als ersten
Schritt verlegte Frey seinen Schlafort in den Keller, machte die dortige
Umgebung weitgehend stromlos und suchte im Schutze der dämmenden
Betonwände seinen Schlaf. Und siehe da: Es funktionierte. Zu Beginn zwar eher
harzig, mit Fortdauer des Versuchs aber immer besser. «Über Nacht musste die
Kühltruhe halt auf ihren Strom verzichten, und mit Messgeräten wurden andere,
im Mauerwerk verlaufende Leitungen ausgemacht und in der Folge vom Netz
genommen», so Frey. Damit konnte wenigstens der Schlaf wieder in halbwegs
geordnete Bahnen gelenkt werden, auch wenn der Keller als Schlafstätte
natürlich auf die Dauer nicht in Frage kam. So schaffte sich Frey auf Anraten
vom Strahlungsfachmann versuchsweise einen Vorhang aus Spezialstoff an, in
dessen Gewebe feine versilberte Kupferfäden eingeflochten sind, welche
Hochfrequenzwellen auf die am Boden liegende Matte ableiten; ein faradayscher
Käfig sozusagen. Der vom Vorhang umschlossene Raum bleibt weitgehend ohne
störende Strahlung. Unter den gegebenen Voraussetzungen für Frey der ideale
Schlafort.

Nach dieser erfolgreichen Versuchsphase im Juli letzten Jahres hat sich Frey
entschieden, im Schlafzimmer im ersten Stock ein Definitivum einzurichten. Eine
Schulkollegin übernahm das Nähen des Vorhangstoffes.

Immer Probleme über Jahreswechsel
Damit sind aber noch nicht alle Schlafprobleme aus der Welt geschafft. Immer
über den Jahreswechsel tauchen diese erneut auf. Dann nämlich, wenn, wie
Frey sagt, «ein besonders intensiver Elektrosmog herrscht, beispielsweise viele
SMS verschickt werden.» Und auch wenn die Schlafprobleme zum grössten Teil
gelöst sind; er und seine Gemahlin sind zu Hause einer Strahlendosis
ausgesetzt, die elektrobiologisch bedenklich ist. «Würde ich ausschliesslich auf
meine Gesundheit achten, müssten wir wegziehen.»

Bislang hat sich Heinz Frey in der Frage Strahlendosis kaum politisch
engagiert, hat sich vor allen Dingen sachkundig gemacht und im Verlaufe der
ganzen Geschichte einige tausend Franken für Behandlungen, Analysen und
Anschaffungen ausgegeben. Künftig jedoch will er sich einem breiteren
Engagement widmen, «obwohl ich», wie er sagt, «nichts gegen die moderne
Technologie habe, wenn sie verträglich ist». Seinerzeit hat er in Hägendorf
Einsprache gegen die Aufrüstung einer bestehenden Anlage erhoben, hat sogar
gegen den erstinstanzlichen Entscheid der Baukommission rekuriert; erfolglos.
«Die Antennenbetreiber werden ihre Leistungen zurückfahren müssen. Das ist
das Ziel.»

1) Anmerkung Redaktion Gigaherz:
Messungen in Swisscom-Qualität kosten bei Gigaherz.ch rund 10mal weniger

Von Hans-U. Jakob

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