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Fallensteller

von Hans-U. Jakob

Leiter der Fachstelle nichtionisierende Strahlung von Gigaherz.ch

Schwarzenburg, 6.9.07

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Bild: Solche Verschandelungen von Ortsbildern lassen sich mit einfachen Anpassungen im Gemeinde-Baureglement spielend verhindern.

Orts- und Landschaftsbilder sind in der Schweiz weit besser geschützt als die Gesundheit der Bürger und Bürgerinnen.

Es braucht nicht einmal schützenswerte Objekte um eine Mobilfunkantenne zu verhindern. Das Argument „Wahrung der Wohnqualität“ genügt laut Bundesgericht bereits.  Aber es muss zwingend im Baureglement der Gemeinde stehen.

 

 

 

 

 

 

 

 


Bisher wurden praktisch alle Volksinitiativen auf Gemeindeebene, welche Mobilfunkantennen aus Wohnzonen verbannen oder von Schulhäusern, Altersheimen und Spitälern fernhalten wollten, vom Bundesgericht abgeschmettert.

Immer mit der Begründung die Gemeinden seien zwar in der Ortsplanung autonom, dürften jedoch die NISV (Verordnung des Bundesrates über nichtionisierende Strahlung) und die dort festgeschriebenen Strahlungsgrenzwerte nicht unterlaufen.

Ein absolut klarer Beweis dafür, dass diese Verordnung zum Schutz der Mobilfunkindustrie vor dem Volk geschaffen wurde und nicht etwa umgekehrt.

Diese Strasse hat sich als Sackgasse erwiesen.  Es gilt, unverzüglich zu wenden und andere Pfade zu beschreiten, das heisst das Bundesgericht beim Wort zu nehmen und mit seinen eigenen Argumenten zu schlagen.

Wie soll das gehen?

Im unterdessen berühmten, viel zitierten Urteil von Zermatt 1A.129/2006 vom 29. Januar 2007 gibt uns das Bundesgericht die erforderlichen Anweisungen.  

Unter Punkt 5.3 steht wörtlich:

Werden die Zielsetzungen der Fernmeldegesetzgebung eingehalten, (gemeint damit ist eine genügende Mobilfunkversorgung und ein funktionierender Wettbewerb unter den Mobilfunkgesellschaften, was heute landesweit absolut zweifelsfrei gewährleistet ist. Red.)

so sind ortsplanerische Bestimmungen, die andern als umweltschutzrechtlichen Interessen dienen, wie zB. der Wahrung des Charakters oder der Wohnqualität eines Quartiers grundsätzlich möglich. In der Regel wird es sich dabei um Negativplanungen handeln, dh. um Zonenvorschriften, die Mobilfunkanlagen in bestimmten Zonen grundsätzlich ausschliessen.

Und weiter in Punkt 5.4:

Besteht keine entsprechende Grundlage in den Bau und Zonenvorschriften, kann die Gemeinde weder Einfluss auf die Standortwahl nehmen, noch wie im vorliegenden Fall ein Gesamtkonzept aller Mobilfunkbetreiberinnen für die Standortplanung innerhalb der Bauzone verlangen.

(Ende der Zitate und besten Dank für diese Hinweise)

Diese bundesgerichtlichen Hinweise zeigen einmal mehr, dass in der Schweiz dem Schutz von Orts- und Landschaftsbildern eine weit höhere Priorität zugestanden wird als dem Gesundheitsschutz.

Wenn uns nun das Bundesgericht dazu zwingt, den Mobillfunkbetreibern Fallen zu stellen, nur um den Schutz der Gesundheit zu gewährleisten, dann sei es halt so!

Hier eine praktische Anleitung zur Verhinderung von Mobilfunkantennen in Wohnzonen:

(vom Bundesgericht empfohlen)

Als erstes müssen die Wörter Mobilfunkantennen, Funkanlagen, Sendeleistungen, Grenzwerte, usw. aus allen Initiativtexten und Entwürfen zu Gemeinde-Baureglementen verschwinden und völlig neu umschrieben werden, und zwar so, dass es sich um allgemein gültige Auflagen handelt und nicht nur für solche wie für Mobilfunkantennen.

Dann muss in einem Gemeinde-Baureglement festgeschrieben werden dass:

  • Anlagen aller Art den gleichen Bedingungen zu unterstellen sind wie die Gebäude.

    Denn Mobilfunker argumentieren, ihre Antennenmaste seien keine Gebäude, sondern Anlagen…….

  • Auch Anlagen die im Zonenplan festgeschriebenen Gebäudehöhen nicht übersteigen dürfen.
  • Anlagen die Firsthöhen im Quartier nicht überragen dürfen
  • Auf Baugrundstücken und in und auf Gebäuden nur Anlagen erstellt werden dürfen, die ausschliesslich zur Infrastruktur des auf dem Grundstück errichteten Gebäudes dienen.
  • Keine Dachaufbauten erstellt werden dürfen, die nicht ausschliesslich zur Infrastruktur des Gebäudes gehören.
  • Infrastrukturanlagen die nicht ausschliesslich dem Gebäude dienen, nicht in künstlichen Kaminen oder anderswie getarnt werden dürfen.

Dies ist nur ein bescheidener Vorschlag, zur Ausgestaltung eines Gemeinde-Baureglementes.  Der Kreativität sind lediglich dadurch Grenzen gesetzt, dass das Wort Mobilfunkantenne nirgends erwähnt werden darf.

Diese Bestimmungen müssen natürlich begründet werden und das kann wie folgt aussehen:

Zur Wahrung des Charakters des Quartiers oder Dorfes, zur Wahrung der Wohnqualität, zur Vermeidung von Wertverminderungen von Nachbarliegenschaften, zur Erhaltung des Ortsbildes und des Landschaftsbildes usw. usw.

Ist das Ortsbild oder der Charakter des Quartiers oder die Aussicht bereits verschandelt, kann begründet werden: Um einer weiteren Verminderung der Wohnqualität oder einer weiteren Verschandelung des Orts- oder Landschaftsbildes den Riegel zu schieben…..

Denn das Bundesgericht hat mehrmals festgestellt, dass eine bereits stattgefundene Verschandelung kein Freipass ist und nicht einfach fortgesetzt werden darf.

Ein Gemeinde-Initiativtext müsste also lauten:

Das Baureglement der Gemeinde ist soweit anzupassen, dass störende Infrastrukturanlagen nicht mehr in Wohngebieten aufgestellt werden dürfen.  Details siehe oben, in Schrägschrift.

Mit dem Gesundheitsargument ist da absolut nichts mehr zu machen, denn mit der NISV, das ist die Verordnung des Bundesrates über nichtionisierende Strahlung vom Februar 2000 und den dort festgeschriebenen Strahlungsgrenzwerten hat der Bundesrat den Mobilfunkbetreibern und den Stromhändlern freie Fahrt verschafft und die Bevölkerung weitgehend entrechtet.

Dieser Entrechtung leisten unsere Bundesämter BAFU und BAG brav Schützenhilfe indem sie ständig wider besseres Wissen behaupten, es gebe keine gesicherten Erkenntnisse dafür, dass Mobilfunkstrahlung unterhalb der Grenzwerte unserer Gesundheit schaden könne.

Denn mit ihrer Definition, was unter gesicherten Erkenntnissen zu verstehen sei, haben die Bundesämter für alle Zeiten dafür gesorgt, dass es solche gesicherten Erkenntnisse gar nie geben wird.

Gemäss der  neuesten Schriftenreihe „Hochfrequente Strahlung und Gesundheit“ aktualisierte Auflage vom Juni 2007,  herausgegeben vom BAFU, lautet diese Definition:

Ein Effekt wird als gesichert erachtet, wenn er einer streng wissenschaftlichen Beweisführung standhält, d.h. mehrfach unabhängig repliziert worden ist, ein plausibles Wirkungsmodell besteht und er nicht im Widerspruch zu anderen Forschungsergebnissen steht. (www.umwelt-schweiz.ch/uw-0722-D Seite 47)

Es ist doch hinlänglich bekannt dass die im Geld schwimmende Spezies der Mobilfunkbetreiber auf jede Studie, die einen Effekt als gesichert darstellen könnte, gleich mit mindesten 3 hochbezahlten Gegenstudien antwortet. Somit steht zum vorne herein fest, dass es auf immer und ewig widersprüchliche Forschungsergbnisse geben wird.

Uebrigens:

Eine Anpassung eines Gemeindebaureglementes kann per sofort erfolgen.  Noch bevor über die Anpassung in der Gemeindeversammlung (ev. im Gemeindeparlament) abgestimmt wurde und noch bevor die Reglementsänderung vom Kanton abgesegnet wurde.

Dies indem der Gemeinderat (Exekutive) über die ganze Gemeinde eine sogenannte Planungszone verhängt.   In einer Planungszone dürfen weder Bauten noch Anlagen erstellt werden, die einer in Arbeit befindlichen Reglementsänderung (neuer Planungszweck) zuwiderlaufen.  Eine Planungszone ist jedoch zeitlich befristet.  Die Gemeinden müssen deshalb die Angelegenheit unverzüglich anpacken.

Von Hans-U. Jakob

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