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Eine unheilige Chronologie eines heiligen Ortes

Die Mobilfunkanlage im Kirchturm der evangelischen Kirche in Heiden AR

zusammengestellt von einem direkt Betroffenen, am 11.8.06
(Name und Adresse sind der Redaktion bekannt)

Heiden.jpg

Bild: Die evangelischen Kirche Heiden AR
Hinter den grünen Läden im Turmfenster (hier schräg gestellt) befinden sich in jeder der 4 Himmelsrichtungen je 2 Antennen mit einer deklarierten Sendeleistung von zusammen 1342Watt ERP. Das heisst eine installierte Gesamtleistung von 5368Watt ERP.
Die Touristenterrasse befindet sich unterhalb des Zifferblattes, direkt über den versteckten Antennen. Auf der Höhe der Wohnungen rund um den Kirchplatz beträgt die Strahlungsintensität bis 2.5V/m Das Pfarrhaus befindet sich direkt gegenüber der Kirche, links im Bild.

Im Kirchturm werden die zahlreichen Besucher (als Touristenattraktion) folgenden Strahlungswerten ausgesetzt:
Beim Aufstieg durch den Glockenstuhl hinter den grünen Läden im Turmfenster (hier schräggestellt) = 46V/m
Im Turmzimmer gleich unter dem Zifferblatt der Turmuhr = 29V/m
Diese Angaben stammen vom Amt für Umweltschutz in Herisau

Juli 2001
In der Appenzeller-Zeitung wird durch die Gemeindekanzlei publiziert, dass Orange und Sunrise ein Gesuch für eine Mobilfunkanlage im Kirchturm eingereicht haben.
Gleichentags habe ich den Gemeindepräsidenten eindrücklich vor einer solchen Anlage gewarnt. „Es sei ja erst eine Anfrage und der Gemeinderat müsse zuerst darüber befinden ob sie auf diese Anfrage überhaupt eintreten wollen.“
Leider war ich der einzige der auf diese Publikation überhaupt reagiert hat.

Juli 2002
Ein Jahr ist ohne eine Orientierung vergangen.
Auf Do. 15.8.02 wurden die Anwohner vom Gemeinderat zu einer Orientierungsversammlung ins Kirchgemeindehaus eingeladen. Vertreter von Orange und Sunrise stellten die Anlage vor.
Bei dieser Gelegenheit kam aus, dass der Gemeindepräsident bereits im Sept. 2001 die Anlage bewilligt hatte! Die Empörung war gross und die Opposition zeichnete sich endlich ab.

Nov. 2002
Oeffentliche Versammlung im Kursaal. Thema: Mobilfunkanlage.
Lügen und Halbwahrheiten der Mobilfunkvertreter. Wie gehabt.
Beschwichtigende Worte vom Chef des App. Umweltschutzamtes.(AfU)
Der Präsident der Umweltschutzkommission der Gemeinde Heiden versichert, sie hätten das Projekt eingehend studiert und es bestände absolut keine Gefahr für Mensch und Tier. Dummerweise platziert er auf dem Hellraumprojektor die Anlage in den Kirchturm der katholischen Kirche! Wie hätte diese Kommission die Abklärungen überhaupt machen sollen, waren doch zwischen dem Gesuch und der Unterschrift des Gemeindepräsidenten nur 1½ Monate vergangen und das noch während der Ferienzeit!
Die angeblich konsultierte Umweltschutz-Aerztin existierte nur in der Fantasie.
An dieser Versammlung stellte es sich heraus, dass sich die Gemeinde und die evang. Kirchgemeinde den Judaslohn für die Vermietung des Kirchturms brüderlich teilen.
Nach dieser Versammlung begann eine Unterschriftensammlung gegen das Projekt, Leserbriefe wurden verfasst (auch von mir) Die Gegnerschaft war aufgewacht.

April 2003
Der Gemeinderat hofft auf Erika Forster und Rolf Lüthi, zu Recht!
Den Nachmittag hätte ich mir sparen können. Tief empfundenes Mitgefühl und grösstes Verständnis versprühte die abgebrühte Erika Forster und das wars!

Juni 2003
Das Baugesuch wird publiziert.
Die Einsprachefrist beginnt. Die Einsprachen hageln, mit und ohne Rechtsanwälte. Mit 3 Rechtsanwälten haben wir aussichtslosen Narren versucht, dem Unheil Einhalt zu gebieten. Ohne Erfolg wie vorauszusehen war.

Jan. 2004
Augenschein mit den Betreibern, dem Umweltschutzamt und den Einsprechern vor der Kirche bei klirrender Kälte!
Herr Speckert von Sunrise erzählt von sechs Antennen die auf den Kirchturm zu stehen kämen. Ich korrigiere ihn. Er: „Wer versteht etwas von der Sache, Sie oder ich?“ Seine Begleiterin macht ihn darauf aufmerksam, dass es 8 Antennen seien! Siehe Bauunterlagen.
Nebst kalten Füssen eine Nullrunde.

Sept. 2004
Das Baudepartement von App.A.Rh. in Herisau hat sich Zeit gelassen.
Die Einsprachen werden allesamt als unbegründet abgewiesen. (NISV)
Die Baubewilligung wird mit einer ganzen Anzahl lächerlichen Auflagen erteilt. z.B. die ebenfalls bewilligten 8 UMTS Antennen müssen frisch ausgeschrieben werden, wenn sie auch noch montiert werden sollen. Die Anlage darf erst in Betrieb genommen werden, wenn Kontrollmessungen durch das Afu stattgefunden haben, etc.

März 2005
Die Bauphase im Kirchturm beginnt.

April 2005
Am 29. April um 11.50 Uhr messe ich zum erstenmal die Strahlung der Orange-Antennen.
Am Mittwoch vor Auffahrt, dem 4. Mai werden die Sunrise-Antennen in Betrieb genommen. Das Afu in Herisau weiss von nichts.
Am Auffahrtstag montiere ich das vorbereitete Warnplakat im Schaufenster. (Text siehe siehe in der Bildlegende) Dort befindet es sich noch immer.

Juli 2005
Mitteilung der Gemeinde: Die Antennenanlage werde jetzt aufgeschaltet:
Das Pfarrehepaar verlässt das Pfarrhaus. Bei der Einstellung, 2 Jahre zuvor, hat ihnen niemand etwas von der geplanten Anlage erwähnt! Die Einstrahlung ist enorm.
(Das Pfarrhaus befindet sich direkt gegenüber der Kirche, links im Bild)
In der Folge verlassen auch andere Mieter den Kirchplatz. Singvögel nisten keine mehr an ihren angestammten Nistplätzen am Kirchplatz.

Juli 2006
Nach langer Suche hat die Kirchgemeinde für ihr verlassenes (verstrahltes) Pfarrhaus einen idealen Mieter gefunden. Es ist ein Tageshort für Kleinkinder!

Einen positiven Aspekt hat die Anlage dennoch: Die zahlreichen Elstern sind verschwunden und die Spatzennester mit ihren Spuren auf der Terrasse existieren auch nicht mehr.

Ich weiss, man soll solches nicht wünschen, aber meinetwegen kann der Teufel die Anlage samt ihren Bewilligern und Erstellern holen!

Von Hans-U. Jakob

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