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Die letzte Hürde für die Strombarone

Jetzt soll auch noch die letzte Hürde gegen die Erdverlegung von Höchstspannungsleitungen fallen. Nach der erfolgreich durchgesetzten Änderung des Stromversorgungs-, und des Elektrizitätsgesetzes und der Verordnung über nichtionisierende Strahlung (NISV) durch Stromlobby und Hochfinanz, soll jetzt mit der Änderung des Natur- und Heimatschutzgesetzes (NHG) die letzte Hürde fallen.
Nachher haben die Strombarone freie Fahrt durch alle Schutzgebiete und über alle geschützten Objekte hinweg. Und alle von uns gewonnenen Bundesgerichtsurteile sind restlos ausgehebelt.

von Hans-U. Jakob (Gigaherz.ch)
Schwarzenburg, 28. April 2018

Dieses Ziel soll durch eine parlamentarische Initiative unter der Leitung von Ständerat Joachim Eder FDP Kanton Zug erreicht werden. Seine Heimat im Kanton und in der Partei der Superreichen der Schweiz sind schon einmal typische Merkmale für die Ecke aus welcher da geschossen wird.


Bild oben: Ginge es nach dem Bundesgericht, müsste diese 75 Jahre alte Leitung bei ihrem Um- und Ausbau in den Boden. Kommen aber die vorgesehenen unsäglichen Gesetzesänderungen alle durch, werden hier statt der 30m hohen, bald 80m hohe Maste stehen. Bild IG-UHWM.ch

Die parlamentarische Initiative gemäss Wörterbuch der eidg. Räte: Geben die Räte einer parlamentarischen Initiative Folge, arbeitet die zuständige Kommission des Rates, in dem die Initiative eingereicht wurde, innert zwei Jahren eine Vorlage aus. Die Kommission kann das zuständige Departement beiziehen, um alle für die Ausarbeitung eines Erlassentwurfs notwendigen Rechts- und Sachauskünfte zu erhalten.

Der unterdessen ausgearbeitete Vernehmlassungstext lautet:
Art. 6 Abs. 2. 2 des Natur und Heimatschutzgesetzes NHG, SR 451, soll wie folgt abgeändert werden: Ein Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung im Sinne der Inventare darf bei Erfüllung einer Bundesaufgabe nur in Erwägung gezogen werden, wenn bestimmte gleich- oder höherwertige Interessen des Bundes oder der Kantone dafür sprechen.

Kommentar Hans-U. Jakob:
Mit «Inventare» sind diejenigen Gebiete gemeint, die im Bundesinventar geschützter Landschaften (BLN) eingetragen sind. Diesen gleichgestellt ist das Inventar der schützenswerten Bauten (ISOS). Das Interesse an der ungeschmälerten Erhaltung der in diesen Inventaren eingetragenen Landschaften und Bauwerken wurde bisher von den Gerichten höher bewertet als den übrigen Bauvorhaben, wie etwa Autobahnen, Eisenbahnen, Pipelines und natürlich Höchstspannungsleitungen. Nachdem es Anwohnern mehrmals gelungen ist, unter Anrufung des Landschafts- und Ortsbildschutzes, richtungsweisende Bundesgerichtsurteile zu erstreiten, welche entweder die Verschiebung oder die Erdverlegung von Höchstspannungsleitungen verlangten, ging die Stromlobby mit grossem Eifer ans Werk. Nicht etwa um den Bundesgerichtsurteilen nachzuleben, sondern um die Gesetze und Verordnungen zu ändern.

Als Erstes wurde vom Bundesrat die NISV dahingehend geändert, dass bei Sanierungen alter Leitungen der seit Februar 2000 geltende Magnetfeldgrenzwert von 1 Mikrotesla nicht eingehalten werden muss, wie vom Bundesgericht verlangt. Und dass Erdverlegungen von Höchstspannungsleitungen so gut wie verboten werden. Siehe: https://www.gigaherz.ch/hochspannungsleitungen-der-grosse-volksbeschiss/

Als Nächstes wurden das Elektrizitäts- und das Stromversorgungsgesetz sowie das Gesetz über den Um- und Ausbau der Stromnetze soweit angepasst, dass letzterem die selbe Priorität zukommt, wie dem Schutz der Landschafts- und Ortsbilder im Bundesinventar.
https://www.gigaherz.ch/zweiter-offener-brief-an-den-staenderat/

Offenbar ging in dieser Gesetzgeberei das Natur und Heimatschutzgesetz NHG ganz vergessen, welches bisher den Bundesinventaren auch höhere Priorität beimisst, als andern Infrastrukturbauten im nationalen Interesse. Jetzt muss auch dessen Änderung schleunigst nachgeholt werden. Und zwar mit einem Vernehmlassungstext, der dem Nicht-Insider mehr als komisch vorkommt. Was soll das da jetzt heissen: «Ein Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung im Sinne der Inventare darf bei Erfüllung einer Bundesaufgabe nur in Erwägung gezogen werden, wenn bestimmte gleich- oder höherwertige Interessen des Bundes oder der Kantone dafür sprechen.»
Das heisst bei genauem Hinschauen und nach vielen Rückfragen nämlich gar nichts anders als, dass bei Erfüllung einer Bundesaufgabe, wie etwa dem Um- und Ausbau der Stromnetze, auf die Erhaltung der Landschafts- und Ortsbilder keine Rücksicht mehr genommen werden muss. Das Ganze ist indessen so perfid abgefasst, dass es nur dem Insider auffällt um was genau es eigentlich gehen soll. Denn das Wort Hochspannungsleitung oder Höchstspannungsleitung wird darin nirgends erwähnt, sondern mit «Infrastrukturbaute im nationalen Interesse» elegant umschrieben.

Nachdem nun endlich Pro- Natura und der WWF aufgewacht sind, fand am Mittwoch, 25. April in Bern auf deren Einladung hin, deswegen eine erste Zusammenkuft schweizerischer Umweltorganisationen statt. Anwesend waren über 100 Delegierte aus der ganzen Schweiz. Gigaherz.ch war auch dabei.
Ergebnis: Das Referendum gegen diese unsägliche Gesetzesänderung ist so gut wie gesichert.

Von Hans-U. Jakob

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