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Die Bernischen Kraftwerke erklären der Bevölkerung den Krieg.

…und schicken eine Kavallerie von 68 Anwälten auf den Längenberg

Hans-U. Jakob, 19.6.2010

Auf die Baubeschwerde beim Bundes-Verwaltungsgericht der IG-UHWM (Interessengemeinschaft für eine umweltfreundliche Hochspannungsleitung Wattenwil-Mühleberg) welche eine unterirdische Führung der 32km langen Hochspannungsleitung verlangt, die zur Hälfte durch geschützte Landschaften führt, lässt die Geschäftsleitung der BKW durch eine Anwaltsfirma antworten, die 68Anwälte beschäftig. Der imposante Briefkopf benötigt schon allein fast eine ganze Seite.

Da die Leitung „nur“ aus 111 Masten besteht, gibt es hier demnächst vielleicht bald mehr Anwälte als Masten zu sehen. Diese Kavallerie, welche die BKW auf den Längenberg schickt, mag Ängstlichen vielleicht auf den ersten Blick imponieren. Fachleute bringt sie eher zum Schmunzeln. Denn so viele Anwälte auf einem Haufen stehen einander bekanntlich gegenseitig nur auf den Zehen. Und ob 68 Anwälte zusammen mehr als 1 Fachmann von Hochspannung verstehen, muss sich erst noch weisen.

Das Wichtigste über die Baubeschwerde erfahren Sie unter /laengenberg-hochspannungsleitung-kommt-vor-bundes-verwaltungsgericht/


Suzanne_Thoma.jpgJetzt greift Suzanne Thoma (im Bild links) an
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Ab 1. August gibt es in der Geschäftsleitung der BKW ersmals eine Frau. Sie heisst Suzanne Thoma und soll den Geschäftsbereich Netze leiten. Komischerweise ist sie nicht Elektro- sondern Verfahrensingenieurin und wechselt aus der Spezialitätenchemie  der Ciba  zu den BKW. Dass sie von Hochspannungsleitungen nicht besonders viel, dafür umso mehr von den Schummeleien und Drohungen der Strom-Barone versteht, hat sie im Interview mit der Berner-Zeitung vom 16.Juni eindrücklich bewiesen.

Wer gehofft hatte, mit dem Einzug einer Frau in die Geschäftsleitung der BKW würde der Sturheitsgrad dort etwas aufgeweicht, sieht sich arg getäuscht.

Gleich am Anfang des Interviews kommt Frau Thoma mit der Drohung eines (inszenierten?) Blackouts wenn die Leitung über den Längenberg nicht innerhalb der nächsten 3 Jahre gebaut werden könne. Dabei „vergisst“ sie gnädigerweise, dass hier schon 2 Jahre Strom fliessen könnte, hätten die Verantwortlichen der BKW, wie ihre Kollegen der AET (Azienda Elettrica Ticinese) die Leitung gleich von Beginn weg in den Boden verlegt. Die Tessiner haben nämlich wegen des erwarteten Widerstandes gar nicht erst versucht, die 11 km lange 380‘000Volt-Leitung von Mendrisio nach Cagno als Freileitung zu bauen und konnten die Anlage nach nur 8 Jahren seit dem ersten Bleistiftstrich in Betrieb nehmen.

Frau Thoma sucht für sich ein Haus unter einer Hochspannungsleitung!

Als Höhepunkt ihres Interviews kann wohl der Spruch gewertete werden: „Ich würde mit meiner Familie unter diese Stromleitung ziehen.“

Also liebe Anwohner von Hochspannungsleitungen in der Umgebung von Bern, die ihr alle eure Häuser nicht mehr oder nur noch mit grossem Verlust verkaufen könnt. Frau Suzanne Thoma ist dankbare Interessentin. Sie wird nämlich demnächst von Zug nach Bern umsiedeln.

Als man ihr im Interview die Studien über Gesundheitsschäden vorhielt, behauptete sie, es gäbe ebenso Studien die, Zitat „gerade das Gegenteil sagen.“

An die Liegenschaftshändler der Region:

Nach Suzanne Thoma ist das Wohnen unter einer Hochspannungsleitung also gesünder als anderswo und ihr dürft ihr deshalb sogar noch einen Mehrpreis verlangen.

Haltet die Bevölkerung über dieses Bombengeschäft mit einem Mitglied der BKW-Geschäftsleitung bitte auf dem Laufenden. Das ist von öffentlichem Interesse.

Im Tal der Ahnungslosen

Obschon Fachleute berechnet haben, dass mit nur einem einzigen Rappen Aufschlag pro Kilowattstunde Strom, welchen die BKW verkaufen, der Mehrpreis für 32km Bodenverkabelung innerhalb eines einzigen Jahres gedeckt werden könnte, vergleicht Frau Thoma die Preissteigerung mit derjenigen von Öl und Gas mit 10 bis 20% pro Jahr. Abgesehen davon, dass eine moderne Kabelleitung mindestens 40 Jahre ihren Dienst tut und nicht innerhalb des ersten Jahres abgeschrieben werden muss.

Fürchterliche Eingriffe in die Landschaft

befütrchtet Frau Thoma mit einer Bodenverkabelung. Gerade weil es ihr um die schöne Landschaft leid tue, müsse die Leitung oberirdisch gebaut werden, es gäbe sonst breite Schneisen in die Wälder, Zufahrtsstrassen müssten gebaut werden und alle 800m Muffenschächte.

Nun, zwischen Mendrisio und Cagno wurde die bleibende Schneise im Wald nicht 160m breit wie auf den Fotomontagen, welche die Strombarone verteilen liessen, sondern nur gerade 1.6m. Da wurden wohl Meter mit Centimertn verwechselt. Kann ja mal vorkommen, sollte jedoch von einer Verfahrensingenieurin sofort bemerkt werden. Und die Muffenschächte sind auch mit Humus überdeckbar und grösstenteils wieder bepflanzbar.  Ansonsten man diese als willkommene Parkplätze für je 4 Autos benutzen könnte. Zufahrtsstrassen müssten kaum gebaut werden, da Bodenverkabelungen nie der Trasse einer Freileitung folgen, sondern stets unter oder neben bestehenden Strassenzügen verlaufen.

Bodenkabel erzeugen auch Magnetfelder

und dann ginge das ganze Theater wieder von vorne los, meint Frau Thoma. Ja sicher, weil frau noch nie etwas von Abschirmungen gehört hat. Im Milanese brachte man auf der Kabelstrecke von Turbigo nach Rho (27km) mit geschickter Abschirmung durch korrosionsfeste Blechkänäle das Magnetfeld direkt über der Leitung gemessen auf 10% hinunter und je 12m links und rechts davon war überhaupt nichts mehr zu messen. Dies bei einem Nennstrom von 1600Ampère, exakt wie bei der Längenbergleitung vorgesehen.

 

Es sei der Bundesrat

welcher den Ausbau dieser Leitung verlange, sagt Frau Thoma, nicht die BKW. (Hoppla, haben wir denn Elektroingenieure im Bundesrat?) Und zudem sei die Leitung wichtig für die Solar- und Windenergie.

Da Schmunzelt der Fachmann schon wieder: Solarenergie wird direkt ins Niederspannungsnetz (230/400Volt) eingespiesen und auch dort gleich wieder verbraucht. Dazu benötigt man keinen einzigen Meter an Hochspannungsleitungen. Das Selbe gilt für die zahlreichen künftigen Kleinkraftwerke. Und Windenergie gibt es, ausser dem Wind, den die BKW um die Leitung macht, in unseren Regionen gar nicht. Die Stromveredlung welche Frau Thoma wohl meint, besteht eher darin, dass man billigen Atomstrom vom Unterland her ins Grimselgebiet schickt, um dort mit riesigen Pumpen während der Nacht die Stauseen mit dem Wasser wieder zu füllen, das man tagsüber zur Produktion von Ökostrom verbraucht hat.

Frau Thoma, Sie haben die kritischen Fachleute bei ihrem Einstand in die Welt der Hochspannungsnetze sehr beruhigt. Wenn Sie so weitermachen, haben wir von Ihnen nicht viel zu befürchten. Besten Dank für das aufschlussreiche Interview.

Von Hans-U. Jakob

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