News

Bundesgericht öffnet Schleuse zur Totalverseuchung.

In seinen neuesten Urteilen bewilligt das Bundesgericht jetzt auch das Aufstellen von Monsterantennen mit sehr hohen Reichweiten inmitten von Wohnzonen.

von Hans-U. Jakob
Schwarzenburg, 15.12.2015

Mobilfunkantennen2Mit Urteil 1C_7/2015 vom 6.November 2015 ist das Bundesgericht endgültig von seinem bisher geheiligten Vorsatz abgewichen, dass von  Mobilfunkantennen aus, wenn diese in Wohnzonen errichtet werden sollen, keine zonenfremde Gebiete wie Überland-Strassen, Autobahnen, Bahnlinien, Landwirtschaftszonen, Wälder oder gar Nachbargemeinden bedient werden dürfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts waren Mobilfunkantennen in Bauzonen bisher nicht generell und unabhängig von ihrem Verwendungszweck zulässig. Auch bei ihnen wurde im ordentlichen Baubewilligungsverfahren ein Bezug zu den Zonenflächen verlangt, auf welchen sie erstellt werden sollen (Art. 22 Abs. 2 lit. a des Raumplanungsgesetzes, SR 700, abgekürzt RPG). Innerhalb der Bauzonen konnten Mobilfunkantennen bisher nur als zonenkonform betrachtet werden, soweit diese hinsichtlich Standort und Ausgestaltung in einer unmittelbaren funktionellen Beziehung zum Ort standen, an dem sie errichtet werden sollten, und im Wesentlichen Bauzonenland abdeckten.

Weil mit dieser Argumentation verschiedene Monsterantennen in Wohnzonen verhindert werden konnten, auch unter Mithilfe von Gigaherz, soll nun mit diesem Grundsatz Schluss sein.

Mit diesem Grundsatz soll jetzt Schluss sein

Vom Begriff „im wesentlichen Bauzonenland abdecken“ und mit dem „Bezug auf die Zone in welcher die Anlage errichtet werden soll“ ist das Bundesgericht in seinen letzten Urteilen je länger je weiter abgewichen. Waren es zuerst noch 50%, hat das Bundesgericht in Wattwil SG nun für eine Antenne grünes Licht gegeben, die von einem Hochhaus aus, nicht einmal mehr 30% Bauzonenland abdeckt, sondern zu über 70% Strassen und Bahnverbindungen, eingebettet in der Landwirtschaftszone
Das heisst, nur noch eine von 3 Senderichtungen dient der  Ortschaft Wattwil, die andern 2 gehen voll in das Nichtbaugebiet hinaus und dienen dort der Westumfahrung von Wattwil, der Hauptverkehrsachse in Richtung Lichtensteig und der Nachbarortschaften Lichtensteig und Dietfurt.

Auch wenn die Beurteilung der Vorinstanzen erwiesenermassen ganz klar falsch war, die Antennenanlage auf dem Hochhaus diene in erster Linie dem Baugebiet von Wattwil, will das Bundesgericht von seinen einstigen Vorsätzen nichts mehr wissen und führt im Urteil 1C_7/2015 in den Erwägungen Punkt 3.3 explizit aus, dass die bisherige Praxis hätte präzisiert werden müssen, weil sonst zu viele zusätzliche Mobilfunkanlagen ausserhalb des Baugebietes notwendig würden.

Kommentar:

Mit diesem willkürlich anmutenden Entscheid hat uns das Bundesgericht eines weiteren wichtigen Argumentes beraubt, mit welchem wir bisher Monsterantennen inmitten von Wohnzonen erfolgreich hatten verhindern können.
Klärend muss gesagt sein, dass auch Antennenmonster an Orten empfindlicher Nutzung den Strahlungsgrenzwert von 4, 5 oder 6V/m (je nach Frequenzlage) einhalten müssen. Was aber gesundheitlich nicht relevant ist, da diese Grenzwerte vor allem die Mobilfunkbetreiber vor den Anwohnern schützen, statt umgekehrt. Belustigend ist immer noch, dass die Behörden berechnete Strahlungswerte, die kaum noch 1% unter dem Grenzwert liegen, mit Messverfahren überprüfen wollen, die Unsicherheiten bis ±45% zulassen. Siehe unter:
https://www.gigaherz.ch/keine-ruhe-im-departement-umwelt-verkehr-kommunikation/
und
https://www.gigaherz.ch/weiterhin-wahrsagen-und-kaffeesatzlesen-bei-abnahmemessungen-an-mobilfunk-basisstationen/

Ein Trostpflaster
Ein Trostpflaster für die Anwohner von künftigen Antennenmonstern gibt es trotzdem in diesem Urteil noch.
In den Erwägungen Punkt 3.5 steht, dass es Gemeinden nach wie vor erlaubt sei, in ihren Gemeinde-Baureglementen den Bau von Mobilfunkantennen in Wohnzonen weiterhin in dem Sinn einzuschränken, dass diese einen funktionellen Bezug zu dieser Zone aufweisen und von ihren Dimensionen und ihrer Leistungsfähigkeit her, der in reinen Wohnzonen üblichen Ausstattung entsprechen müssen. Eine solche Beschränkung setze jedoch eine entsprechende kantonale bezw. kommunale Regelung bezüglich Wohnzonen voraus.

Was ist zu tun ?
Dort wo der Gemeinderat den Strahlenschutz ernst nimmt, und gewillt ist, die Bevölkerung vor nichtionisierender Strahlung zu schützen, kann er sofort eine Planungszone erlassen. Das bedeutet, dass bis zur Anpassung des Baureglementes nichts mehr gebaut werden darf, was der angestrebten Änderung in diesem Reglement zuwiderläuft.
Der Gemeinderat hat dann 3 Jahre Zeit diese Reglementsänderung vorzunehmen und von den zuständigen kantonalen Ämtern und anschliessend von der  Gemeindeversammlung oder dem Gemeindeparlament genehmigen zu lassen.
Dort wo der Gemeinderat nicht von selbst auf die Idee kommt, das Baureglement entsprechend anzupassen, können Bürgerinnen und Bürger mit einer Unterschriftensammlung nachhelfen. In der Regel genügen die Unterschriften von 10% der Stimmberechtigten um dem Gemeinderat einen verbindlichen Auftrag zu erteilen.

Von Hans-U. Jakob

Kommentare sind ausgeschaltet