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BKW-Direktion und Regierungsstatthalter manöverieren sich ins Abseits

Hochspannungsleitung Wattenwil-Mühleberg:

BKW-Direktion und Regierungsstatthalter manöverieren sich ins Abseits

Statt Verhandlungen mit der betroffenen Bevölkerung aufzunehmen, setzt die Direktion der Bernischen Kraftwerke auf Gewaltanwendung und produziert gleich am Anfang der Auseinandersetzungen einen gewaltigen Rohrkrepierer.

Ein Bericht von Hans-U. Jakob, 5.5.04

Am 26 Februar wurde bei heftigem Schneetreiben auf dem Längenberg von 12 Unentwegten der Verein „Umweltverträgliche Hochspannungsleitung Wattenwil-Mühleberg“ UHWM gegründet.
Der Verein kämpft gemäss Statuten mit allen legalen Mitteln für eine umweltverträglichere, als die geplante Variante dieser Leitung.
Knapp einen Monat später (Ende März) zählte der Verein bereits 250 Mitglieder. Das heisst, dass sich zwischen Wattenwil und Mühleberg praktisch alle direkten Anwohner angeschlossen haben.
Die Direktion der Bernischen Kraftwerke fühlt sich nun offensichtlich durch diesen Verein bedroht und reagiert zunehmend nervöser.

In der Woche vom 26. bis 30. März wünschte ein Vorstandsmitglied des Vereins den Direktor der Bernischen Kraftwerke AG.- telefonisch zu sprechen.
Anfänglich wurde dieser von der Vorzimmerdame als abwesend gemeldet, dann wurde versprochen, er werde zurückrufen, was nie stattfand. Beim 5. Anruf, am Freitag 23.April, wurde das Vorstandsmitglied dann berechtigterweise etwas lauter und deutlicher.

Mit dem Direktor verbunden wurde es nicht, dafür wurde von Seiten der BKW-Direktion gröbstes Geschütz aufgefahren.
Das Vorstandsmitglied wurde nicht etwa wegen Beschimpfung angeklagt, wo sich dieses beim Untersuchungsrichter mit einer Gegenklage oder zumindest mit einer Gegendarstellung hätte zur Wehr setzen können, nein es wurde zum perfidesten Mittel, dem vorsorglichen fürsorgerischen Freiheitsentzug gegriffen.

Der Regierungsstatthalter von Seftigen in Belp, Marc Fritschi, wurde beauftragt, das Vorstandsmitglied unverzüglich durch die Kantonspolizei festnehmen zu lassen und dem Statthalter vorzuführen, zwecks Abklärung ob Untersuchungsgshaft oder Einlieferung in eine geschlossene psychiatrische Anstalt erforderlich sei.
Auf blosse mündliche Anweisung der BKW-Direktion stellte Fritschi der Berner Kantonspolizei ohne weitere Abklärungen einen Vorführbefehl mit folgender Begründung aus: „Herr XY, welcher offenbar im Besitz von Schusswaffen ist (2 Kleinkaliber-Sportgewehre, Red.) handelt offenbar nicht mehr rational. Möglicherweise liegt eine psychische Störung vor, die Dritte oder ihn selbst gefährden.“

Dem Gemeindepräsidenten und dem Vereinspräsidenten, welche von dieser Ungeheuerlichkeit Wind bekommen hatten, gelang es buchstäblich in letzter Sekunde, die Polizisten von ihrem Vorhaben abzubringen und davon zu überzeugen, dass an diesem Vorführbefehl etwas mehr als nur faul war.

Man einigte sich schliesslich auf eine freiwillige Besprechung aller Beteiligten Mitte der folgenden Woche, worauf die Polizeimänner friedlich abzogen.

Persönlicher Kommentar von Hans-U.Jakob

Einen solchen Gemeindepräsidenten muss man zuerst schon finden. Da kann man weit suchen in diesem Land voller Politfilz. Bravo!!!

Und der Regierungsstatthalter scheint auch noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen zu sein. Denn als Vertreter der Berner Regierung, welche 52% der BKW-Aktien hält, hätte er unverzüglich in den Ausstand treten und das Verfahren an einen ordentlichen Untersuchungsrichter überweisen müssen.
Als Regierungsstatthalter dürfte er nun in Sachen Hochspannungsleitung infolge seiner Befangenheit (sprich Parteilichkeit) wohl für immer ausgedient haben.
Denn seine Befangenheit äusserte er nicht nur in seiner oben beschriebenen Handlungsweise, sondern auch noch anlässlich der nachfolgenden freiwilligen Besprechung mit allen Beteiligten, wo er die ehrverletzende Erklärung abgab, der technische Berater des Vereins sei fachlich inkompetent. Diese Beurteilung mutet er sich wohlverstanden als völliger Laie in Elektrotechnik und Messtechnik einfach so zu.
Woran Herr Fritschi offensichtlich nicht denkt, ist seine Wiederwahl als Regierungsstatthalter. Denn im Gegensatz zum Mittelalter, wo die Landvögte von der Regierung eingesetzt wurden, müssen diese heute vom Volk gewählt werden.

Auch die BKW manöverieren sich ins Abseits
Mit diesem „kriegerischen“ Akt gegen den Verein für eine umweltgerechte Hochspannungsleitung, setzt sich auch die Direktion der Bernischen Kraftwerke vollends ins Abseits. Nebst der bisher praktizierten Gesprächsverweigerung mit dem Verein und dessen Fachleuten, schiesst man nun gleich mit Kanonen auf Spatzen. Das Ergebnis: Ein gewaltiger Rohrkrepierer.

Die Vereinsleitung der IG UHWM verzichtet, wie gestern zu erfahren war, auf weitere rechtliche Schritte gegen den Regierungsstatthalter, obschon sich dieser als treuer Diener des Staates (mit 52% Aktienkapital) bei den BKW einiges hat zu Schulden kommen lassen. Man konsultiere dazu nur die Artikel 182 und 312 des Strafgesetzbuches über Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauch.
Die Vereinsleitung ist der Ansicht, man wolle sich nicht auf einen Nebenkriegsschauplatz locken lassen, um hier die eigenen personellen und finanziellen Recourcen zu vergeuden.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Behörden, ausgenommen diejenigen auf Gemeindeebene, seit dem Debakel um den erzwungenen Abbruch des in derselben Region gelegenen Kurzwellensenders Schwarzenburg nichts, aber auch gar nichts dazu gelernt haben.
Immer noch wird versucht, den Widerstand gegen unsinnige Projekte, auseinander zu dividieren indem man Vorstandsmitglieder und Fachleute von Bürgergruppierungen öffentlich diskreditiert, kriminalisiert und nötigenfalls sogar widerrechtlich verhaften lässt.
Dass dies nur zu einem gegenteiligen Effekt, nämlich zu einer grossen Solidarisierung in der Bevölkerung führt, scheint man bereits 6 Jahre nach Ende des Senderkrieges vergessen zu haben.

Interne Links zur Vorgeschichte:

Hochspannungsleitung Wattenwil-Mühleberg – Der Widerstand formiert sich (unter Aufrufe und Aktionen)

Längenberger Retourkutsche für die BKW (unter Recht oder Unrecht)

Kurzinformation Hochspannungsleitung Wattenwil-Mühleberg (unter Recht oder Unrecht)

Kritik und Mängelliste an Planauflage und Umweltverträglichkeitsbericht zum Projekt 220kV-Hochspannungsleitung Wattenwil-Gasel-Mühleberg (unter Recht oder Unrecht)

Allgemeine Mustereinsprache 220kV-Hochspannungsleitung Wattenwil-Mühleberg (unter Recht oder Unrecht)

Von Hans-U. Jakob

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