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5G: Neuer fieser Trick bei den Messmethoden

Weil 5G-Strahlung immer noch nicht zuverlässig gemessen werden kann, hat das Amt für Umwelt des Kantons Thurgau zusammen mit Sunrise eine Methode entwickelt, Abnahmemessungen auf einfachste Weise zu umgehen.

Von Hans-U. Jakob (Gigaherz.ch)
Schwarzenburg, 9.7.2020

Die 80%-Regel
Lautet die Strahlungsprognose im Standortdatenblatt einer Baupublikation für eine Mobilfunk-Sendeantenne an einem oder mehreren Orten empfindlicher Nutzung auf über 80% des Anlage-Grenzwertes, ist innerhalb von 3 Monaten nach Inbetriebnahme der Anlage eine sogenannte Abnahmemessung durchzuführen. Siehe Vollzugsempfehlung zur NISV für Mobilfunk- und WLL-Basisstationen, BAFU 2002.

Bei Anlagen im unteren Frequenzbereich (700-900MHz) beträgt der Anlage-Grenzwert 4V/m (Volt pro Meter) und bei Anlagen im oberen Frequenzbereich (ab 1800MHz) sind es 6V/m.
Bei Anlagen die beide Frequenzbereiche aufweisen, was heute fast durchwegs der Fall ist, spricht man von gemischten Anlagen mit einem Anlage-Grenzwert von 5V/m

Im Gegensatz zum europäischen Ausland werden diese Werte in der Schweiz an Orten empfindlicher Nutzung festgelegt und gemessen, das heisst in Wohnzimmern, Schlafzimmern, Kinderzimmern, Krankenzimmern, Innenraum-Arbeitsplätzen usw. Einfach dort wo sich Menschen dauernd aufhalten müssen, weil sie da wohnen oder arbeiten. Das heisst bis 24 Stunden am Tag während 365 Tagen im Jahr.
Im Ausland dagegen kennt man nur den Sicherheitsabstand zu einer Antenne, identisch mit dem Immissions-Grenzwert. Das ist der Abstand der NIE von Menschen unterschritten werden darf. Auch nicht kurzzeitig für nur 6 Minuten. Das ist ein himmelweiter Unterschied. Denn dieser Sicherheitsabstand liegt je nach Sendeleistung 4-8m vor und 1-2m unterhalb der Antenne und beträgt je nach Frequenzband 42-61V/m.

Bis die Strahlung den Ort empfindlicher Nutzung erreicht hat, ist diese dann automatisch aus rein physikalischen Gründen auf 10% des Immissions-Grenzwertes zurückgegangen. Das heisst aus Gründen der Distanz, der Abweichung zur Hauptstrahlrichtung und unterhalb der Antennen noch aus Gründen der Gebäudedämpfung. Das geschieht im Ausland ebenso ganz von selbst, wie in der Schweiz. Die Behauptung, die Schweiz habe 10mal bessere Grenzwerte als das übrige Europa ist also eine reine Fake. Diese physikalischen Gesetze können sogar Bundesrichter nicht ändern, obschon sie seit 20Jahren immer wieder von Neuem krampfhaft versuchen, der Bevölkerung die Anlage-Grenzwerte von 4 bis 6V/m als Vorsorge zu verkaufen.
Sehen Sie dazu nach unter: https://www.gigaherz.ch/wp-content/uploads/2015/04/Der-Schweizer-Grenzwertschwindel-Neuauflage.pdf

Das ist jedoch nicht der Grund dieses Artikels. Der Grund ist, dass die Strahlung von sogenannt adaptiven 5G-Antennen im 3400-3600MHz-Band noch gar nicht zuverlässig genug gemessen werden kann. Und deshalb einzelne Gemeinden und Kantone die Baubewilligung für adaptive 5G-Antennen verweigern. Wenn schon die Messung von konventionellen Antennen laut METAS dem Bundesinstitut für Metrologie (vormals Amt für Mass und Gewicht) mit einer Unsicherheit von ±45% behaftet sind, fragen sich betroffene Bauämter oft zu recht, wie kommt das dann erst bei adaptiven 5G-Antennen heraus, bei welchen die Unsicherheit höchstwahrscheinlich nochmals um einige 10% höher ist. und für welche noch gar keine definitive amtliche Messvorschrift vorliegt.
Vergleiche mit: https://www.gigaherz.ch/5g-adaptive-antennen-sind-immer-noch-nicht-messbar/

So kritisch sind längst nicht alle kantonalen Ämter. Einzelne sind sogar zu regelrechten Komplizen der Mobilfunkbetreiber geworden.
So hat das Amt für Umwelt des Kantons Thurgau zusammen mit Sunrise eine Methode entwickelt, Abnahmemessungen auf einfachste Weise zu umgehen.
In den Standortdatenblättern werden die Sendeleistungen einfach so tief deklariert, dass die 80% des Anlagegrenzwertes an keinem OMEN überschritten werden. Bei einem Anlage-Grenzwert von 5V/m, dürfen auf dem Standortdatenblatt einfach nirgends mehr als 3.99V/m erscheinen. Dann entfallen Abnahmemessungen zum Vorneherein und es gibt nichts mehr zu Motzen. So einfach ist das. Oder vielleicht doch nicht?

Obschon die Bundesämter BAFU, BAKOM und das Departement UVEK unisono lauthals verkünden, wenn adaptive 5G-Antennen messtechnisch wie konventionelle Antennen erfasst würden, werde die Strahlung überschätzt und die Anlage sei bewilligungsfähig, stimmt eben dieses gerade ganz und gar nicht.
Die Strahlenkeule einer konventionellen Antenne strahlt fix waagrecht geradeaus bis etwa 10° aus der Horizontalen leicht abwärts gerichtet. Bei Adaptiven Antennen ist das ganz anders. Diese können ihre herumtanzenden Keulen nach Bedarf, je nachdem wo sich die Endgeräte (Handys) befinden bis mindestens 45° nach unten richten. So dass Orte empfindlicher Nutzung im Umkreis von 50m zu einer Antenne, die vorher überstrahlt und nicht angestrahlt wurden, jetzt die volle Ladung erwischen.

Gigaherz hat in einem bestimmten Fall ausgerechnet, dass es trotz einer Reduktion der Sendeleistung von total 6800Watt ERP auf 4000watt ERP pro Sektor im Umkreis von 50m zu massiven Grenzwertüberschreitungen kommen kann. Nicht, wenn man wie bei konventionellen Antennen mit einem konventionellen Antennendiagramm rechnet. Mit Sicherheit aber jedoch, wenn man das Antennendiagramm einer adaptiven Antenne nimmt und den richtigen elektrischen Neigungswinkel für adaptive Antennen, welcher bis zu minus 45° betragen kann. In die Berechnung einbezieht.

Also auf der Hut bleiben und nicht immer akzeptieren, was uns kantonale Umweltämter als Bagatelländerung verkaufen wollen.
https://www.gigaherz.ch/5g-die-komplizen/

Von Hans-U. Jakob

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