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3. Liste mutiger kommunal- und Gerichtsentscheide

3. Liste mutiger Komunal- und Gerichtsentscheide

Zusammengestellt, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, von einem unserer Vereinsmitglieder am 23.6.05

Trotz völlig korrupter, bundesgerichtlich geschützter gesetzlicher Regelungen gibt es immer wieder mutige Gemeinden und untere Gerichtsinstanzen, die sich dem Diktat der Mobilfunk-Barone nicht beugen, sondern dem Schutz derer, die sie gewählt haben, den Vorrang geben.

Fortsetzung aus:
2. Liste mutiger Kommunal- und Gerichtsentscheide (unter Historisches)
und
1. Liste mutiger Kommunal- und Gerichtsentscheide (unter Historisches)

Hier ab Januar 2005

Zollikofen/BE: Nachdem die Mobilfunkantenne der Firma Sunrise auf dem
Sekundarschulzentrum wiederholt um ein Vielfaches zu stark strahlte als 1998
bewilligt wurde, hat nun das Parlament die von 400 Einwohner/innen
mitunterzeichnete Motion der Elternräte angenommen, nach welcher die Firma
Sunrise die Antenne demontieren muss. Die Motion wurde eingereicht, nachdem
Anwohner/innen starke gesundheitliche Beschwerden beklagten und Messungen
von Gigaherz den erwähnten Tatbestand nachgewiesen hatten. Damit entfällt
auch der von der Firma Sunrise geplante Ausbau auf UMTS sowie um eine
zusätzliche GSM-Frequenz, die zusammen die Abstrahlung auf das Siebenfache
zur Folge gehabt hätten. Zudem darf die Gemeinde künftig auf Schulhäusern,
Kindergärten, Turnhallen und Heimen keine Antennen mehr bewilligen.
(Berner Zeitung, 24. Februar 2005)

Langenthal/BE: Der Stadtrat hat vor kurzem ein Moratorium für den Bau von
UMTS-Mobilfunkantennen auf Gemeindegebiet erlassen. Damit werden die von
Swisscom und Sunrise eingereichten Baugesuche für UMTS-Mobilfunkantennen
vorläufig auf „Eis“ gelegt. Stadtschreiber Daniel Steiner sagt dazu: „Der
Stadtrat ist auch die oberste Polizeibehörde und somit für den Schutz der
Bevölkerung zuständig.“
So lange nicht klar sei, wie schädlich UMTS-Strahlen seien, gehe die
Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger vor. Das Moratorium dauert bis Herbst.
Dann sollen die Resultate einer – zur Hälfte von den Mobilfunkunternehmen
finanzierte – Studie der ETH Zürich zu den Auswirkungen von UMTS-Strahlen
auf die Gesundheit vorliegen. Danach wird der Stadtrat die Lage erneut
prüfen.
(K-Tipp, 9. März 2005)

Gebenstorf/AG: Der Gemeinderat lehnte das Baugesuch der Swisscom für den Bau einer Mobilfunkantennenanlage in unmittelbarer Nähe des Schulhauses ab,
nachdem dem Projekt ein massiver Widerstand mit 314 Unterschriften erwachsen
war. Gemeindeammann Roger Haudenschild ist der Meinung, die Haltung der
betroffenen Bevölkerung sei in die Entscheidungsfindung einzubeziehen, wenn
diese die Rechtmässigkeit des Bauprojekts verneint, auch wenn nach Ansicht
der Swisscom die rechtlichen Vorgaben erfüllt seien…

(Gigaherz-Rundbrief, 5. April 2005)

Oensingen/SO: Der Gemeinderat hat eine der Firma Swisscom AG erteilte
Baubewilligung für eine UMTS-Mobilfunk-Antenne wieder aufgehoben und folgte
dabei der Argumentation der Einsprecher/innen. Es sollen jedenfalls die
Ergebnisse der zur Zeit in der Schweiz laufenden Replikation der TNO-Studie
abgewartet werden.
Ausserdem wären sowohl der geplante Standort als auch die Notwendigkeit noch
zu prüfen.
(Oltner Tagblatt, 11. April 2005)

Wattwil/SG: Der Gemeinderat verweigert dem gemeinsamen Gesuch der Swisscom Mobile AG und der TDC Schweiz AG für den Ausbau der bestehenden
Mobilfunkantenne auf dem Chapf mit UMTS die Bewilligung. Die Begründungen
dafür sind folgende: über die biologischen (nicht-thermischen) Wirkungen
nicht-ionisierender Strahlung lägen noch keine gefestigten
wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, wohl aber Erfahrungen in Einzelfällen.
Diese zeigen, dass die Einhaltung der Grenzwerte keine Gewähr dafür bietet,
dass gesundheitliche Schädigungen bei der Bevölkerung unterbleiben. Viele
Studien enthalten gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die
elektromagnetische Strahlung des Mobilfunks gravierende
Gesundheitsgefährdungen verursacht, auch wenn sie unterhalb der
Anlagegrenzwerte liegt. Zudem ist heute noch keine einwandfreie Methode
bekannt, mit der sich mittels Messung oder Rechnung nachweisen lässt, ob die
Belastungsgrenzwerte der NISV bei der UMTS-Strahlung eingehalten werden. Es
kann daher nicht nachgewiesen werden, ob eine Anlage die Anforderungen der
NISV erfüllt. Der Gemeinderat und die zuständige Baukommission sehen sich
aus diesen Gründen mit Rücksicht auf die Bevölkerung nicht in der Lage, eine
Baubewilligung für die geplanten UMTS-Antennen auf dem Chapf zu erteilen.
Einsprachen von 30 Personen waren gegen das Bauvorhaben eingegangen, und
zusätzlich wurde eine Petition der IG „Mobilfunkantennen-Stopp Wattwil“ mit
über 1200 Unterschriften eingereicht.
(St. Galler Tagblatt, 22. April 2005)

Uzwil/SG: Der Gemeinderat sowie rund 150 Anwohner/innen des Bahnhofs
Algetshausen haben Einsprache gegen den Bau einer 31 Meter hohen
UMTS-Mobilfunkantenne beim Bahnhof eingereicht. Dieser Antennenmast soll mit
insgesamt 13 Antennen ausgerüstet werden, wovon aber nur eine dem Bahnfunk
dienen soll. Kritisiert wird daher, dass die privaten Firmen Swisscom und
Sunrise mit einem eisenbahnrechtlichen Plangenehmigungsverfahren ein
ordentliches Baubewilligungsverfahren für ihre 12 geplanten Antennen umgehen
und so an der betroffenen Bevölkerung vorbei eine Bewilligung erreichen
wollen.
Auch die Visierung erregt Anstoss: lediglich ein knapp mannshohes Visier
zeigt den geplanten, 31 Meter hohen Antennenmast an.
Ausserdem sind die angrenzenden Dorfkernzonen nach dem Uzwiler Zonenplan
Ortsbildschutzgebiete nach der kommunalen Schutzverordnung. Sie untersagt
auch in der unmittelbaren Umgebung des Ortsbildschutzes alle Massnahmen,
welche dieses beeinträchtigen. „Die geplante Antenne würde durch ihre
überdimensionierte Höhe verunstaltend wirken“, hält der Uzwiler Gemeinderat
fest.
(St. Galler Tagblatt, 13. Mai 2005)

Stäfa/ZH: Der Gemeinderat erliess ein Moratorium für die Bewilligung von
Mobilfunkantennen bis Ende Mai 2006. Grund für diese Massnahme sind die sich
häufenden Bedenken, insbesondere aus medizinischen Kreisen, gegen den
weiteren Ausbau von Mobilfunkantennen. Auf der einen Seite betont die
Mobilfunkindustrie die Unbedenklichkeit der Strahlung ihrer Antennen, auf
der andern Seite warnen Wissenschafter/innen und Aerzte und Aerztinnen.
Verschiedene publizierte Studien bestärken die Zweifel an der
gesundheitlichen Unbedenklichkeit der Strahlung von
Mobilfunk-Antennenanlagen. Angesichts dieses Konflikts gibt der Gemeinderat
dem Schutz der Gesundheit von Mensch und Umwelt den Vorrang, wozu er sich
auf Grund des eidg. Umweltschutzgesetzes und des kantonalen
Gesundheitsgesetzes verpflichtet und legitimiert fühlt. „Die Gesundheit der
Bevölkerung ist das höchste Gut. Es muss zuallererst geschützt werden“ sagt
Gemeindepräsident Karl Rahm (FDP). Wissenschafter/innen sollen die Fragen
klären. So hat das Eidg. Departement des Innern im März 2005 ein Nationales
Forschungsprojekt lanciert. Mit einem Budget von 5 Millionen Franken soll
das Thema „Nicht-ionisierende Strahlung – Umwelt und Gesundheit“ in den
kommenden vier Jahren untersucht werden.
(Zürichsee Zeitungen, 20. Mai 2005)

Bütschwil/SG: Der Gemeinderat lehnte ein Baugesuch der Firma TDC Switzerland AG für die Erweiterung der bestehenden GSM-Mobilfunkantenne auf dem Kapf mit UMTS ab. Er macht geltend, dass die Einhaltung der Grenzwerte keine Gewähr
dafür bietet, dass gesundheitliche Schädigungen durch nicht-ionisierende
Strahlen bei der Bevölkerung ausbleiben. Einige Studien enthalten gewichtige
Anhaltspunkte dafür, dass die elektromagnetische Strahlung des Mobilfunks
gravierende Gesundheitsgefährdungen verursacht, auch wenn sie unterhalb der
Anlagegrenzwerte liegt. Durch die neue UMTS-Technik wird diese Gefährdung
noch verstärkt. Die Ungefährlichkeit dieser noch nahezu unbekannten
Strahlung ist gänzlich nicht erwiesen. Zudem ist heute noch keine
einwandfreie Methode bekannt, mit der sich nachweisen lässt, ob die
Belastungsgrenzwerte der NISV bei der UMTS-Strahlung eingehalten sind. Weder
durch Messung noch durch Berechnung kann dies verifiziert werden.
Der Gemeinderat sieht sich aus diesen Gründen – mit Rücksicht auf die
einheimische Bevölkerung – nicht in der Lage, eine Baubewilligung für die
geplante Mobilfunkantennenerweiterung zu erteilen.
(St. Galler Tagblatt, 27. Mai 2005)

Sins/AG: Der Gemeinderat beschloss, vorläufig die Baugesuche der Firmen
Swisscom AG und Orange SA für einen Ausbau der bestehenden Mobilfunkantenne
auf UMTS nicht zu bewilligen, da dieser mit einem erhöhten gesundheitlichen
Risiko behaftet sein könnte. Beide Baugesuche hatten eine Vielzahl von
Einsprachen zur Folge. Der Gemeinderat will zuerst die Resultate einer
vertieften Untersuchung (TNO-Studie) der Universität Zürich abwarten, die
abklären soll, wie sich die Strahlung solcher Anlagen auf die Umwelt und
insbesondere auf den menschlichen Organismus auswirkt. (Gigaherz, 27. Mai
2005)

Hedingen/ZH: Der Gemeinderat beantwortete das Baugesuch der Swisscom Mobile AG für eine kumulierte Swisscom-/Sunrise-Antennenanlage für den Betrieb
eines kombinierten GSM- und UMTS-Mobilfunknetzes an der Maienbrunnenstrasse
9 (Industriezone I) an seiner Sitzung vom 7. Juni 2005 mit einem Moratorium,
während welchem weitere Mobilfunk-Antennenanlagen auf dem Gemeindegebiet von
Hedingen nicht behandelt bzw. nicht bewilligt werden. Es gilt ab sofort und
dauert mindestens bis Ende Juni 2006, wenn erste Resultate der laufenden
Studie an der ETH zu den Auswirkungen von UMTS-Strahlen auf die Gesundheit
vorliegen sollen.
In einer 4-seitigen, äusserst fundierten, sehr ausführlich und differenziert
formulierten Stellungnahme macht der Gemeinderat u. a. folgende Sachverhalte
geltend: die Aufgabe einer kommunalen Exekutive bestehe nicht nur darin,
baurechtliche Bewilligungen zu erteilen, sondern auch darin, die Gesundheit
der Bevölkerung zu fördern und zu schützen, wie dies als Verpflichtung in
Art. 1 Absatz 2 des eidg. Umweltschutzgesetzes und ? 1 des
Gesundheitsgesetzes der Kantons Zürich festgelegt ist; in diesem Konflikt
stuft der Gemeinderat die Gesundheit seiner Bevölkerung höher ein als der
Ruf nach immer weiter gehender Mobilität und müsse daher geschützt werden;
es bestünden erhebliche Zweifel darüber, dass von UMTS-Antennen keine
schädlichen Wirkungen auf Mensch und Umwelt ausgehen, zumal bis heute keine
wissenschaftlich begründete Sicherheit darüber besteht; die Beweislast für
deren Unschädlichkeit liege nicht bei der Öffentlichkeit oder bei
Betroffenen, sondern bei den Mobilfunkbetreibern selber; ein Moratorium wäre
schon seitens des Bundes angezeigt, nachdem dieser selbst zur Klärung der
zentralen Frage ein neues nationales Forschungsprogramm in Aufrag gegeben
hat; angesichts praktisch vollständig gewährleisteter Versorgung der Schweiz
mit dem GSM-Mobilfunk sei der weitere Ausbau auf UMTS nicht zwingend.
300 Personen hatten vorgängig eine Petition eingereicht, und 49 Begehren um
Zustellung der baurechtlichen Entscheide wurden gestellt.
(Ausführliche Stellungnahme unter: www.hedingen.ch)

Fortsetzung in:
4. Liste mutiger Kommunal- und Gerichtsentscheide (unter Historisches)

Von Hans-U. Jakob

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