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Das lange Warten auf die Replikation der TNO-Studie

Das lange Warten auf die Replikation der TNO-Studie

Ueber 20 Gemeinden der Schweiz bewilligen keine Mobilfunkantennen mehr, bis die Resultate der Replikation der TNO-Studie vorliegen, die von der UNI Zürich (Prof. Achermann und Mitarbeiter/Innen vorgenommen wurde und dummerweise zur Hälfte von der Forschungsstiftung Mobilkommunikation der ETH Zürich 1) finanziert wird. Etwas besser bekannt ist die Forschungsstiftung unter dem Namen Institut Dr. Gregor Dürrenberger.
Von einer Forschungsstiftung also, die wiederum ausschliesslich von den Mobilfunkbetreibern, das heisst vorwiegend durch Sunrise gesponsert und laufend neu gespiesen wird.
Weshalb und wie diese Studienergebnisse seit Mitte 2005 trotz enormem politischem Druck zurückgehalten werden, beschreibt ein exzellenter Kenner der Szene unter dem Pseudonym Sunset.

Name und Adresse sind der Redaktion Gigaherz bekannt

Sunset, 19.2.06

Zur TNO Replikationsstudie der Forschungsstiftung Mobilkommunikation liegen die zahlenmässigen Ergebnisse der Versuche seit Mitte 2005 vor, denn zu jenem Zeitpunkt wurden die Versuche beendet (www.mobile-research.ethz.ch).

Mit Sicherheit wurde ein Zusammenhang zwischen elektromagnetischer Strahlung und körperlichen Symptomen (subjektives Wohlbefinden und kognitive Funktionen) gefunden. Denn wenn kein Zusammenhang zwischen elektromagnetischer Strahlung und Gesundheit nachgewiesen worden wäre, dann wäre der Bericht die einfachste Sache der Welt geworden, nämlich eine Auflistung der Versuchsergebnisse und der in solchen Fällen angemessene Kurzkommentar, nämlich: „Mit der Versuchsanordnung konnte kein
Zusammenhang gefunden werden“. Diesen Bericht hätte man nicht weiter interpretieren können, und folglich auch nicht weiter zu begutachten lassen brauchen.

Es ist der Stiftung gelungen, die Ergebnisse seit Mitte 2005 unter Verschluss vor der Öffentlichkeit zu halten. Die Studienergebnisse, sprich die Interpretation der Messungen, seien Ende 2005 fertig gestellt worden (die Fertigstellung war ursprünglich auf Herbst 2005 versprochen worden), und sofort einer wissenschaftlichen Zeitschrift zur Veröffentlichung eingereicht worden. Die Ergebnisse sind der Forschungsstiftung bekannt. Es ist der Industrie gelungen, in das Exekutivorgan der Stiftung, d.h. in den Stiftungsrat, mehrheitlich Beamte des Bundes und des Kantons Zürich (2 ETH bzw. ETH-Institut, 2 Uni bzw. Unispital ZH sowie 1 BAG gegenüber 1 Orange und 1 Umweltschutzarzt) einzubetten. Alle schweigen eisern.

Die lange Dauer bis zur Veröffentlichung der Ergebnisse wird damit begründet, dass die Studienergebnisse einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift zur Publikation übergeben worden sind, und dass solche Fachzeitschriften wissenschaftliche Artikel vor der Veröffentlichung durch so genannte „Peers“ begutachten lassen. Als „Peers“ werden anerkannte issenschaftler des gleichen Fachgebietes des Artikelautors bezeichnet. Sie arbeiten ausnahmslos anonym und allein im Auftrag der Fachzeitschrift, d.h. die betroffenen Forscher werden nie erfahren, wer sie bzw. ihre Arbeit begutachtet hat (NZZ). Es stellt sich hier nun die Frage: Gibt es überhaupt irgendwo einen anerkannten Wissenschafter im Gebiet des Zusammenhangs von elektromagnetischer Strahlung und Gesundheit, der ohne finanzielle Beiträge der Industrie forschen und damit zum anerkannten Wissenschafter werden konnte?

Die Antwort kann nur nein sein, denn allein das erforderliche Versuchslabor (meist ein Schlaflabor), das elektromagnetisch abgeschirmt sein muss, kostet mehrere CHF 100’000, und die Ausrüstung kostet mindestens nochmals soviel. Es ist demnach nicht plausibel, dass von
den Peers, von denen im vorliegenden Fall sogar zwei bis drei ihr Obergutachten abgeben sollen, auch nur einer unbefangen urteilen kann und wird. Die Studienverfasser mussten also vorauseilend Selbstzensur üben, wenn sie nicht in die peinliche Lage gelangen wollten, dass die Zeitschrift ihre Studie überhaupt nicht veröffentlicht.

Die Studienverfasser durften demnach nur schon aus diesem Grund keine Schlussfolgerungen schreiben, welche gegen die Interessen der gewöhnlichen Sponsoren der „Peers“, sprich gegen die Interessen Mobilfunkindustrie sein könnten. Also sind die Schlusssätze der Studie ein Eiertanz zwischen den mit wissenschaftlichen Methoden gefundenen und schon früher veröffentlichten unwiderlegbaren Wirkungen auf subjektives Wohlbefinden und kognitive Funktionen und der Verneinung jeglicher Bedeutung dieser Wirkungen für die Gesundheit der Bevölkerung.
Die Schlusssätze werden wie immer ungefähr so lauten: „???, aber diese Auswirkungen der Strahlung sind ohne Auswirkungen auf die Gesundheit.“
Als zusätzliches Hindernis hat die Industrie bzw. ihre Forschungsstiftung den Wissenschaftern die Grenzen der Fragestellung vorgegeben, nämlich nur das subjektives Wohlbefinden und die kognitive Fähigkeiten zu untersuchen, und nichts anderes oder darüber hinaus Gehendes.
Diese indirekt und direkt festgelegten Grenzen verbieten den Wissenschaftern von vornherein ein Urteil über die gesundheitliche Relevanz der Strahlung. Vor allem dürfen die Forscher die wichtigste Frage überhaupt weder stellen noch beantworten, nämlich wie und auf welchem Weg durch den menschlichen Organismus die Strahlung die Auswirkungen ursächlich bewirkt!

Nach demselben Muster wie bei der TNO Replikation kauft die Mobilfunkindustrie seit Jahren mit grossem Geldaufwand alle massgeblichen wissenschaftlichen Kapazitäten der Schweiz zusammen, bzw. beschäftigt sie langfristig mit Aufträgen, deren Forschungsziele sie zuvor selbst eingeschränkt hat. Die industriellen Stifter bestimmen allein die Forschungsthemen und ???fragestellungen, da sie überall mindestens einen wesentlichen Teil der Forschungsbudgets beisteuern, durch welche sie das faktische Vetorecht ausüben, und da sich aus den von ihnen gesponsterten Forscherkreisen auch die Peers rekrutieren.
Auf diese Weise stellt die Mobilfunkindustrie sicher, dass die Forscher heute und in absehbarer Zeit keine Studien veröffentlichen, aus denen der Zusammenhang zwischen der
Strahlung und dem Elektromagnetisch Induzierten Stresssyndrom (EISS) bewiesen werden kann, an welchem zwischen 0,5 und 3 Prozent der Bevölkerung leidet.
Die Symptome des EISS sind durch viele Befragungen und Untersuchungen dokumentiert. Die Symptome liegen zwar nicht bei allen Betroffenen in identischer Zusammensetzung und Stärke vor, sind sie jedoch statistisch signifikant ähnlich.

Vor allem wird Zeit geschunden, allein für die Zürcher TNO Replikation seit Vorliegen der originalen niederländischen TNO Studie gegen zwei Jahre. Dennoch wird eines Tages der adäquate Kausalzusammenhang zwischen Strahlung und Gesundheitsschaden rechtlich einwandfrei hergestellt sein, Murphy???s Law sei dank, denn „Was schief gehen kann, wird auf Dauer schief gehen“. – Diese als „Forschung“ bezeichneten Propagandaaktionen geschehen übrigens bei den ausführenden Forschern ertrags- und mehrwertsteuerfrei, denn die Forschungsstiftung Mobilkommunikation hat sich beim Steueramt selbst als gemeinnützig angemeldet, und die Industrie kann ihre Beiträge ohnehin als Aufwand abbuchen.

1) Achtung neue Insiderinformation vom 20.2.06
Die Forschungsstiftung Mobilkommunikation, besser bekannt unter dem Namen Institut Dr. Gregor Dürrenberger, ist keine ETH-Institution
sondern eine private Stiftung der Mobilfunkbetreiber die sich lediglich in Räumen der ETH eingemietet hat.
Anfänglich von Sunrise gegründet, beteiligen sich heute alle Schweizer Betreiber sowie etliche Zulieferfirmen und Handyhersteller an der Finanzierung. Das Budget 2004 soll über 2 Millionen Franken betragen haben.

(Wird fortgesetzt)

Siehe auch ältere Beiträge unter:

Offene Fragen zur Replikation der TNO-Studie (unter Forschung und Technik)

Offene Fragen zur TNO-Replikation – Die Antworten der Projektpartner (unter Forschung und Technik)

Von Hans-U. Jakob

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