News

Zum schnellen Internet in der Bahn

SBB-Chef Andreas Meyer macht die Rechnung ohne den Wirt resp. ohne die Anwohner.

Von Hans-U. Jakob

Schwarzenburg, 9.11.2013




IC_SBB.jpgCEO Meyers Ziel


Der SBB-CEO Andreas Meyer will im Fernverkehr bis spätestens Ende 2014 und im Regionalverkehr bis Ende 2020 alle Wagen mit Signalverstärkern, sogenannte Repeatern, ausrüsten, um den Daten- und Gesprächsverkehr von und mit den Passagieren wesentlich zu verbessern, resp. zu beschleunigen. Die SBB wollen dabei den Passagieren nicht etwa Gratis-WLAN zur Verfügung stellen, sondern kostenpflichtige Verbindungen zu den Basisstationen (Mobilfunkantennen) der Netzbetreiber Swisscom, Sunrise und Orange entlang den Bahnlinien.

Um dieses Ziel zu realisieren, müssten die Netzbetreiber wegen der enormen Datenmenge die beim Surfen der Passagiere im Interenet anfällt, hunderte wenn nicht gar tausende von zusätzlichen Basisstationen (Mobilfunkantennen) entlang den SBB-Linien aufstellen. Denn laut Swisscom verdoppelt sich die zu übertragende Datenmengen rund alle 7 Monate.

Das hat uns gerade noch gefehlt!

Der technische Ausbau der SBB-Wagen soll bis 2020 rund 60Millionen Franken kosten. Der zusätzliche Ausbau des Mobifunknetzes entlang den Bahnlinien gehe zu Lasten der Netzbetreiber Swisscom, Sunrise und Orange. CEO Meyer hofft bei der Finanzierung des Gesamtpaketes auf Beiträge der Kantone, sprich auf Beiträge der Steuerzahler.

Das hat uns gerade noch gefehlt! Die Kantone kürzen laufend Beiträge an Behindertenheime, Sozialhilfe-Empfänger, IV-Empfänger und andere Sozialeinrichtungen, damit Bahnpassagiere in Zukunft unablässig ihr I-Phönchen liebevoll und ohne Unterbruch streicheln können. Und die Billetpreise, die sich gegenüber dem Ausland schon jetzt in schwindelerregenden Höhen befinden, werden dadurch wahrscheinlich nochmals angehoben.

Wo sich CEO Meyer ganz sicher verrechnet, ist bei der Verdichtung des Antennenwaldes von Swisscom, Sunrise und Orange entlang der Bahnlinien. Dass diese die Verdichtung vorwiegend in in bewohnten Gebieten vorzunehmen versuchen, liegt auf der Hand, denn nach neuester Gesetzeslage und Rechtsprechung gibt es in der Landwirtschaftszone und erst recht im Wald praktisch keine Baubewilligungen mehr für Mobilfunk-Basisstationen. Selbst bei Erhalt einer Sonderbewilligung würden den Betreibern sehr hohe Kosten für Stromzuleitungen und Zufahrtswege entstehen. Diese Kosten entstehen ebenfalls beim Aufstellen einer Basisstation auf der Bahntrasse.  Denn Basisstationen können nicht mit dem Fahrleitungsstrom von 16‘000Volt betrieben werden und das Servicepersonal kann auch nicht per Draisine auf den Bauplatz fahren. Also drängen die Betreiber entlang den Bahnlinien möglichst in Dörfer und Weiler.

Hier gibt es regelmässig heftigen Widerstand der Anwohner und diese haben diesmal sehr gute Karten.

Denn Mobilfunkantennen können laut Bundesgerichtsentscheid 1P_69/2007  in Wohnzonen nur dann als zonenkonform beurteilt werden, wenn sie hinsichtlich Standort und Ausgestaltung in einer unmittelbaren funktionellen Beziehung zum Ort stehen an welchem sie errichtet werden sollen und im Wesentlichen Bauzonenland abdecken.

Fakt ist, dass diese mächtigen Anlagen, oft mit Masthöhen von 30m und Reichweiten über 3km, punkto Ausgestaltung keine funktionelle Beziehung zum Dorf oder zum Weiler aufweiswen, in dem sie errichtet werden sollen. Die geplanten Anlagen dienen klarerweise mit ihren überdimensionierten Sendeleistungen im Wesentlichen der Versorgung der Bahnpassagiere und nicht den Bewohnern von Wohnzonen.

Auf den Schweizer Intercity Strecken fahren täglich je 60 Züge mit je 500 eingeschalteten Handys. Das ergibt eine Nutzerzahl von täglich 30‘000.

Während sich selbst in sehr grossen Dörfern nur etwa 3000 Handynutzer aufhalten. Bereits hier ergibt sich ein Verhältnis von 10:1 welches gegen eine wesentliche Abdeckung von Bauzonenland spricht und schon gar nicht für einen funktionellen Zusammenhang zum Standort der Antenne.

Zur Zeit laufen mit der Unterstützung von Gigaherz auf der Intercity-Strecke Zürich-St.Gallen gleich mehrere Einspracheverfahren gegen solche Monsterantennen. Ein sehr schönes Beispiel haben wir in einem Weiler mit knapp 100 Einwohnern. An einem idyllischen Örtchen an welchem Sendeleistungen von 4600Watt ERP geplant sind, für dessen Bewohner eigentlich ein bescheidener Rundstrahler mit 6Watt ERP längstens ausreichen würde.  

Wenn SBB-CEO Meyer den lückenlosen Ausbau der Intercity-Strecken bis Ende 2014 abgeschlossen haben will, könnte er sich ganz schön getäuscht haben. Denn jedes gerichtliche Baurechtsverfahren dauert bis zum Bundesgericht hinauf mindestens 3 Jahre und die Beschwerdeführenden haben diesmal gar nicht so schlechte Karten.

Quellenangabe zu den SBB-Plänen: Berner Zeitung vom 7.11.2013

Von Hans-U. Jakob

Kommentare sind ausgeschaltet