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Von A wie Abbruch bis Z wie Zollikofen

Von A wie Abbruch bis Z wie Zollikofen

Hans-U.Jakob, 26.2.05

Für Nichtberner: Zollikofen ist ein Vorort von Bern und liegt nördlich der Stadt.

Vorgeschichte: Bereits 1998 wurde gegen den heftigen Widerstand der Bevölkerung (Anwohner, Schulpflege, Elternräte) auf dem Sekundarschulzentrum durch die Firma Diax (heute Sunrise) eine Mobilfunk-Bassisstation im 900MHz-Bereich mit 3 Senderichtungen ? 300Watt ERP errichtet.

Anfangs Juni letzten Jahres wurde die NIS-Fachstelle von Gigaherz von Anwohnern dahingehend alarmiert, dass mit der Antenne auf dem Schulhausdach etwas nicht mehr stimme, die gesundheitlichen Auswirkungen seien plötzlich extrem stärker geworden.

Zudem gedachte zu diesem Zeitpunkt Sunrise, die Anlage mit einer weiteren GSM-Frequenz von 1800MHz und mit UMTS zu bestücken. Das Ganze hätte einer Verstärkung der Sendeleistung um das 7-Fache entsprochen. Die feudalen, ganz auf die Bedürfnisse der Mobilfunkindustrie ausgerichteten Schweizer-Grenzwerte, wären trotzdem noch ganz knapp eingehalten gewesen.
Von diesem Vorhaben wussten die Anwohner noch nichts, als sie Gigaherz alarmierten. Das Vorhaben war lediglich der Gemeindeverwaltung bekannt, welche dieses trotz der schriftlich der Bevölkerung abgegebenen Zusicherung, auf Gemeindeliegenschaften keine weiteren Antennen und keine Leistungserhöhungen mehr zuzulassen, befürwortete. (Akten vorhanden)

Für die NIS-Fachstelle von Gigaherz lag deshalb die Frage auf der Hand, ob Sunrise ev. bereits eine illegale Leistungserhöhung vorgenommen hatte. Dies musste erwartet werden, weil mit den recht bescheidenen 300Watt ERP die steigende Nachfrage nach Verbindungen von und zu der Autobahn im Osten und im Norden der Ortschaft nur ganz schlecht funktionieren. Die Antenne auf dem Schulhausdach dient nämlich als Reserve- und Ausweichstation wenn auf der Autobahn sämtliche Verbindungen ausgebucht sind.

Die Messungen von Gigaherz Anfangs Juni zeigten dann mehrmals tatsächlich eine mehrfach höhere Sendeleistung, als diejenige, welche 1998 bewillogt worden war.

Von erbosten Anwohnern wurde die Gemeindeverwaltung mehrmals aufgefordert, zum Rechten zu sehen. Diese lud dann endlich am 22 Dezember des letzten Jahres (!) zu einer Orientierung über die angeblichen Falschmessungen der NIS-Fachstelle von Gigaherz ein.
Eingeladen wurden Anwohner, Schulpflege und Elternräte, nicht aber Gigaherz. Das Bernische Amt für Wirtschaft BECO, welchem die Aufsichtspflicht über die Antennen obliegt, hatte tatsächlich das Bundesamt für Kommunikation (bekannt als die zur Zeit grösste schweizerische Propagandaanstalt für mobile Telekommunikation) beauftragt, ein Gutachten über das Gigaherz-Gutachten zu erstellen. Untermauert mit Messungen, welche in Zusammenarbeit mit dem Antennenbetreiber Sunrise erstellt worden waren, wurde erläutert, dass die Antenne zu keinem Zeitpunkt über der erlaubten Leistung betrieben worden sei. Die Gigaherz Leute könnten eben weder richtig messen noch richtig rechnen.

Dass die Fachstelle von Gigaherz nicht eingeladen worden war, um zu den Vorwürfen der Falschmessung Stellung zu nehmen, ja dass Gigaherz nicht einmal die Messprotokolle des Bundesamtes einsehen durfte, kam bei der Zuhörerschaft mehr als nur schlecht an.
In die Enge getrieben, musste der Gemeindepräsident schliesslich versprechen, diese Protokolle an Gigaherz auszuliefern, was dann Anfang Januar auch passierte. Leider fehlten in diesen Protokollen massgebliche Rohdaten, so dass sie zu Beweiszwecken nichts taugen.
Da diese Messungen mit Wissen und unter Beihilfe der Mobilfunkbetreiber zustande kamen, interessieren diese Rohdaten im Nachhinein eigentlich auch nicht mehr gross. Gigaherz hat sich überlegt, sich diese Rohdaten noch per Beschwerdeverfahren zu beschaffen, ist aber infolge der chronischen Ueberlastung seiner NIS-Fachstelle bis heute nicht dazu gekommen und hat zudem wesentlich Gescheiteres zu tun.

Das hat sich nun erübrigt, denn die Anwohner haben durchgesetzt, dass die Antenne abgebrochen wird.

In der Berner Zeitung vom 24.02.2005 war auf Seite 27 zu lesen

Zollikofen

Ein Sieg für die Elternräte: Antennen müssen weg

Wohl einmalig in der Region Bern: Zollikofen befiehlt Mobilfunkanbietern,
eine installierte Antenne zu entfernen.

Sunrise muss die Mobilfunkantenne auf dem Sekschulhaus in Zollikofen
demontieren. Dies beschloss das Parlament gestern Abend mit 18 zu 15
Stimmen. Zudem darf die Gemeinde künftig auf Schulhäusern, Kindergärten
Turnhallen und Heimen keine neuen Antennen bewilligen.

Keine andere so extrem

Mit dem Entscheid nimmt Zollikofen die radikalste Haltung unter den
Gemeinden in der Region ein: Auch Muri entschied zwar unlängst, dass keine
neuen Handyantennen auf öffentlichen Gebäuden installiert werden dürfen.
Immerhin verlangt aber Muri nicht, dass bestehende Antennen demontiert
werden müssen.

Der Parlamentsbeschluss in Zollikofen ist ein Sieg für die Elternräte. Sie
hatten den Vorstoss eingereicht, den das Parlament gestern annahm. Das Thema
?Mobilfunkantennen? bewegt offenbar viele Eltern in der Gemeinde: Innert
weniger Stunden habe man 400 Unterschriften gesammelt, hatte Elternrat Peter
Wesphale verkündet, als er die Motion einreichte.

Mit Initiative gedroht

Der Anlass für den Vorstoss der Elternräte war ein Begehren von Sunrise: Der
Mobilfunkanbieter wollte die Antenne auf dem Schulhaus auf UMTS umrüsten.
Die Elternräte gingen auf Nummer sicher: Sie drohten auf Gemeindeebene eine
Volksinitiative zu starten, falls die Motion abgelehnt wird. Den
Initiativtext haben sie bereits zur Vorprüfung eingereicht. Sie hatte
dasselbe Ziel wie die Motion. Nach dem gestrigen Entscheid wird die

Initiative nun hinfällig.

Demontage in 3 Jahren

Trotz des Entscheids muss Sunrise die Antenne jedoch nicht sofort entfernen.
Dies wegen der Verträge zwischen den Mobilfunkanbietern und der Gemeinde.
Der nächstmögliche Kündigungstermin ist 2008. Die Gemeinde hat keine
rechtlichen Mittel, die Verträge früher aufzulösen.

Nicht an den Abbruch glauben will die Berner Wirtschaftszeitung „der Bund“ welche infolge ihrer bekannten Hetzartikel gegen Elektrosmog-Betroffene und ihre Schutzorganisationen schon Menschenleben auf dem Gewissen hat. In ihrer heutigen Ausgabe droht der „Bund“, die Angelegenheit werde sicher noch vor die Volksabstimmung gebracht und da werde es dann wahrscheinlich anders aussehen.
Stimmt wieder nicht, ihr Bund-Handyaner. In andern Gemeinden konnten die Antennengegner stets mit einer bequemen Mehrheit von 75% rechnen.

Von Hans-U. Jakob

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