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Preiskiller-Antennen


Preiskiller-Antennen?

Geplante oder bereits realisierte Mobilfunk-Antennen
können zur Folge haben, dass Wohneigentümer eine
Wertverminderung bis zu 20 Prozent in Kauf nehmen
müssen. Auch wenn sich die «Fachleute» über die
Auswirkung auf die Gesundheit noch streiten, ist die
Wertminderung von Liegenschaften eine Realität, die
nachweisbar ist. Über die Wertverluste für Immobilien hat
David Strohm im Magazin «K-Geld», Nr. 1/2004
Interessantes recherchiert.

Leitartikel in den Wiler-Nachrichten vom 26.2.04

Wiedergabe mit Genehmigung der Redaktion in Wil SG

Autor Hermann Ruegg

In der Schweiz gibt es bis heute mehr als 7000 Mobilfunkantennen
und die Zahl ist immer noch steigend, dies vor allem auch auf
Grund des Ausbaus auf den UMTS-Standard. Zwei Drittel der
Anlagen befinden sich in Siedlungsgebieten und sorgen hier für
Hektik, Unmut und Stress.

Die Geister die man rief

Es gibt in Bezug auf den Umweltschutz die Aussage: «Alle wollen
zurück zur Natur, nur die wenigsten zu Fuss». Im Zusammenhang
mit der Mobiltelefonie könnte man dies folgendermassen
adaptieren: «Alle wollen ihre SMS verschicken, alle wollen ein
Handy am Ohr, nur niemand will eine Antenne vor dem Haus.» So
einfach und banal ist aber die ganze Geschichte wohl nicht. Mit der
ganzen Handymanie wurde ganz klar von Seiten der Wirtschaft ein
Bedürfnis geschaffen und lanciert, das in der heute überbordenden
Form mit Sicherheit in keiner Art und Weise lebensnotwendig ist,
auch wenn unbestritten ein Handy zur rechten Zeit angewendet,
sicher schon viele Leben gerettet hat. Das Marketing hat toll
funktioniert und Mann und Frau wurde erfolgreich suggeriert, dass
man ohne Handy und ohne SMS gar nicht mehr dazu gehört.
Genau diese Anbieter müssen nun aber auch das Netz
sicherstellen, um der «handymobilen» Flut auch gerecht zu werden.

Gelehrte und Betroffene

Nach wie vor streiten sich die «Gelehrten» und Fachleute über die
negativen Einflüsse von Mobilfunkantennen. Fakt ist, dass die
Häufung dieser zunimmt. Fakt ist, dass nachgewiesenermassen im
Umfeld von bereits stehenden Antennen gesundheitliche Einbussen
für Mensch und Tier bestehen können. Fakt ist, dass zum Beispiel
in Spanien kürzlich 2000(!) Mobilfunkantennen in Wohngebieten
abgebrochen werden mussten, weil negative Einflüsse
nachgewiesen wurden. Fakt ist auch, dass im Januar 2004 das
Verwaltungsgericht des Kantons Bern die Beschwerden einer
Antennenbetreiberin abgewiesen hat mit Begründung, die geplante
Anlage füge sich am geplanten Standort nicht ins Orts- und
Landschaftsbild ein. Damit wurde ein richtungweisender Entscheid
gefällt.

Geld für Standorte

Die Netzbetreiber zahlen zum Teil ganz schöne Summen Geld,
wenn Hausbesitzer ihr Dach oder ihr Grundstück zur Verfügung
stellen. In städtischen Agglomerationen kann dies weit über 10
000 Franken jährlich betragen. Experten gehen davon aus, dass in
der Folge aber nicht nur der Wert der Standortliegenschaft,
sondern auch die Immobilien in der Umgebung einer
Antennenanlage um fünf bis zwanzig Prozent weniger wert sind.

Vorzeichen sind schlecht

In Deutschland ist man bereits so weit, dass man an guten
Wohnlagen bis zu 50 Prozent Einbusse hat und nun bei den
Mobilfunkbetreibern Sammelklagen auf Schadenersatz und
Wertminderung eingereicht hat. Makler sprechen sogar davon,
dass Objekte in speziellen Fällen gar unverkäuflich geworden
seien. Diese Erfahrung machte auch ein Ostschweizer
Immobilientreuhänder. Wegen einer Mobilfunkantenne in der
Nachbarschaft wollten einige Besitzer ihre Einfamilienhäuser
verkaufen – vergeblich. Wie David Strohm im «K-Geld» schreibt,
warnt Donato Scognamiglio, Geschäftsführer der
Liegenschaften-Bewertungsfirma Iazi: «Gewisse Makler sprechen
davon, dass Gebäude in speziellen Fällen unverkäuflich werden,
weil sie zu nahe bei einer Antenne stehen.»

Einsprachen

In Genf erhielten Mieter einer Liegenschaft mit Mobilfunkantenne
auf dem Dach eine Mietzinsreduktion von 30 Prozent zugebilligt.
Dieses Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, hätte aber
Signalwirkung und eine klare Minderung des Ertragswerts für die
Liegenschaft zur Folge. Der Sekretär des Schweizerischen
Immobilienschätzer-Verbandes, Heinz Lanz, rät Hauseigentümern
zu Einsprachen, wenn in der Distanz von unter 300 Metern zur
eigenen Liegenschaft eine Antenne geplant ist. Chancen zur
Ablehnung haben Antennenanlagen aber meistens nur, wenn sie
nicht dem Zonenplan oder dem Baurecht entsprechen. Der
Bundesrat hat letztes Jahr festgehalten, dass ohne objektive
Schädigung keine Rechtswidrigkeit gegeben sei. Allerdings muss
man künftig wohl dringend auch die materiellen Einbussen in die
Beurteilung von Bewilligungen mit einbeziehen. Es kann ja nicht
sein, dass attraktive und familienfreundliche Wohnlagen in
Quartieren und Gemeinden unter der übertriebenen
Handy-Mobilität und der Profitgier von einzelnen Betreibern
leiden.

Und in Wil?

Nebst der konjunkturbedingten Wertverminderung von
Liegenschaften grundsätzlich kommt mit Sicherheit der Standort
oder schon die Planung einer Antenne erschwerend dazu. Auch
wenn bis heute in Wil noch keine konkreten Beispiele vorliegen, ist
die Antennenfrage bei möglichen Kaufinteressen immer vorhanden
und drückt auf den Preis. Bis heute hat Karl Mosimann, von der
Mosimann Immobilien Treuhand AG, Wil, in der Region Wil noch
keine konkreten Fälle von Wertverminderungen erlebt. Er räumt
allerdings ganz klar ein, dass es zu einem Problem werden kann.
«Auch wenn ich bis anhin noch keinen Fall auf meinem
Schreibtisch hatte, ist es aber sehr wohl denkbar, dass
Liegenschaften infolge von Hochspannungsleitungen und
Antennenanlagen Wertminderungen in Kauf nehmen müssen. Das
Thema wird unter Fachleuten auch intensiv diskutiert und ist nicht
zu unterschätzen», so Mosimann. Wie Ruedi Vettiger von der
G&V Immobilientreuhand AG, Wil, sagt, ist es durchaus ein
grosses Problem. «Überall wo Starkstrommasten oder
Mobilfunkantennen stehen oder geplant sind, sinken sofort die
Werte von Immobilien. Es ist in der ganzen Schweiz spürbar ein
echtes Problem», sagt Vettiger, der den Immobilienmarkt über die
Region hinaus und in der ganzen Schweiz kennt und verfolgt. Mit
Skepsis auf die kommenden Immobilienwerte schaut auch
Immobilienverwalter Roger Fässler von der Ed. Vetter AG in
Lommis: «Zur Zeit gibt es noch keine gravierenden Fälle von
Wertverminderungen in der Region Wil. Jedoch ist das Thema
Mobilfunkantennen immer ein Faktor in Verkaufsgesprächen. Ich
kenne auch selber Fälle, wo Hausbesitzer aus diesem Grund
umziehen oder umgezogen sind. Wir haben auch aus diesem
Grund gegen die geplante Antennenerweiterung an der
St.Gallerstrasse in Wil Einsprache erhoben. Dies zum Schutz von
künftigen Mietern und Käufern, aber auch auf Grund der
Befürchtung, dass sich die Antennen negativ auf die
Immobilienpreise auswirken könnten. Das Problem ist ganz klar
vorhanden», meint Fässler, ohne aber auf Panik zu machen.

Zusammenarbeit?

Es ist richtig, dass die verschiedenen Netzbetreiber von Seiten des
Bundes (BAKOM) verpflichtet sind, in absehbarer Zeit das Netz
so auszubauen, dass 98 Prozent der Bevölkerung erreichbar sind.
Realisiert werden soll dies, indem unser Land von einem
bienenwabenförmigen, engen Raster, sogenannter Funkzellen,
überzogen wird, die miteinander verbunden sind. Nebst dem
ästhetischen Fragezeichen kommt hinzu, dass die Gegend, egal ob
bewohnt oder nicht, mit einem Elektrosmognetz überzogen wird,
das immer näher an die Grenzwerte stossen wird. An dieser Stelle
ist nun aber die Politik gefordert, um die Netze per Gesetz
zusammenzulegen und die einzelnen Betreiber gemeinsam
Antennenstandorte nutzen müssten und nicht jeder für sich das
Netz abdeckt.

Es stimmt…

Es stimmt, dass die Grenzwerte vielerorts noch weit unter den
gesetzlichen Vorgaben liegen. Es stimmt, dass unser Natelnetz
Löcher aufweist. Es stimmt, dass die Menschheit immer vernetzter
und mobiler ist und es teilweise auch sein will. Es stimmt aber
auch, dass die Menschheit selten aus Fehlern der Vergangenheit
gelernt hat und des Profites willen immer wieder dieselben macht.
Funklöcher werden gestopft, um die Löcher in den Kassen der
Betreiber zu stopfen. Da ist auch die Wohnqualität der
Bevölkerung zweitrangig.

Übertriebener Ausbau

Die bei uns projektierten Hochleistungsanlagen werden nebst den
bisherigen GSM 900 und 1800MHz Frequenzen auch mit UMTS
2200MHz ausgerüstet. Die schädlichen Auswirkungen von UMTS
wurden im Sonntagsblick vom 8. Februar 2004 anhand von neuen
Studien aufgezeigt. Die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) fordert ein Moratorium für UMTS. Die Antennenprojekte
in Wil sind teilweise zusätzlich vorgesehen für WLL, das heisst,
drahtlose Telefon-Hausanschlüsse, obwohl heute eigentlich jedes
Haus mit mindestens einer sicheren Leitung versorgt ist.

Wiler-Nachrichten, 1998-2004
Ein Produkt des Verlaghauses Rolf-Peter Zehnder AG.

Von Hans-U. Jakob

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