News

Oeffentliche Anhörung „Mobilfunk“ im Deutschen Bundestag

Oeffentliche Anhörung „Mobilfunk“ im Deutschen Bundestag

Vorwort und Auswahl der Fragen durch Hans-U.Jakob, Schwarzenburg. 4.7.2001

Prof. Dr, med. R. Frentzel-Beyme aus Bremen gehört zu den wenigen Wissenschaftern im deutschsprachigen Raum, die sich von der Mobilfunklobby weder kaufen , noch einschüchtern lassen. Er ist zudem ein sehr guter Kenner der Schweizer Verhältnisse und hat seinerzeit bei der Schliessung aus gesundheitlichen Gründen des Kurzwellenzentrums von Schweizer Radio-International in Schwarzenburg ein gewichtiges Wort mitgeredet. Die hiesige Bevölkerung erinnert sich noch sehr gut und in grosser Dankbarkeit an sein Wirken von 1996 bis 1998.
Auch in der öffentlichen Anhörung über Mobilfunk im Deutschen Bundestag am 2.Juli 01 nahm er in anerkennenswerter Weise wiederum kein Blatt vor den Mund.

Die Fragen wurden vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gestellt. Alle hier wiedergegebenen Antworten stammen ungekürzt und im Orginal von Prof. Dr. med. R. Frentzel-Beyme.

Unter welchen Umständen sind auch bereits installierte oder in Betrieb genommene Mobilfunkanlagen rechtlich angreifbar?

Die derzeitigen Verfahren gehen von einer völligen Wirkungslosigkeit aus, und zwar allein, weil sie die (gesetzlichen) Bestimmungen erfüllen. Die Bestimmungen hinken aber dem Kenntnisstand hinterher. Sie sind vor allem von Betreiberseite einseitig konzipiert, beeinflusst und formuliert worden. Daher sind auch bereits in Betrieb genommen Anlagen rechtlich angreifbar, wenn die Folgen im deutlichen Zusammenhang mit der Inbetriebnahme stehen. Der Nachweis kann nur durch genaue Buchführung und objektive Verfahren erbracht werden. Da den Betroffenen dazu keine Gelegenheit gegeben wurde, ist die bisherigen Vorgehensweisen rechtlich angreifbar.

Wie bewerten Sie die Ergebnisse der Runden Tische von Mobilfunkbetreibern,
Kommunen und Anwohnern im Sinne der Regeln einer ergebnisoffenen Meditation?
Haben diese Runden Tische in der Regel oder nur ausnahmsweise zu Standort
Alternativen geführt?

Demokratie ist etwas anderes, als in Gesprächsrunden durch Risikokommunikation zur allgemeinen Beruhigung beizutragen. Ergebnisoffen ist zwar ein schönes Schlagwort, aber unbrauchbar, wenn die sensitivsten Bevölkerungsteile nicht anwesend sind. Die Betroffenen haben selten die gleichen Möglichkeiten wie die Betreiber, zur Information beizutragen, wenn gleichzeitig die adäquate Erfassung ihrer gesundheitlichen Belange vor und nach Inbetriebnahme nicht gewährleistet wird. Kleinkinder, gebrechliche und alte Personen sind in entsprechenden Abstimmungsrunden zumeist nicht vertreten, und Nicht-Benutzer der Mobilphonangebote werden als technikfeindlich gar nicht erst einbezogen in die Entscheidungsprozesse.
Eine reizvolle Fehlleistung: Meditation hilft da wahrscheinlich mehr als Mediation, die hier gemeint sein dürfte.

Wie bewerten Sie den Anspruch auf körperliche Unversehrtheit von Nicht-
Mobilfunknutzern, die ihre Strahlenbelastung durch Mobilfunk nicht verursachen, in
Abwägung zum Anspruch flächendeckender Mobilfunkkommunikation der Handy-
User?

Die Seite der Nicht-Benutzer ist so bedenklich unterbewertet worden, dass es ein kultureller Skandal ist, der zur jetzigen Beunruhigung und Formierung von Widerstand beigetragen hat. Die Frage ist mehr rhetorisch zu verstehen und wird daher nicht beantwortet.

Gibt es Studien über Langzeitauswirkungen?

JA

Wie beurteilen Sie die in mehreren Studien beschriebenen Effekte auf das genetische Material, wie z.B. Strangbrüche in Nukleinsäuren?

Jeder derartige Befund ist bedeutungsvoll und muss zur Prävention führen, bis Schädigungen sicher ausgeschlossen werden bzw. sichergestellt werden kann, dass kein gentoxischer Schaden existiert. Die Wirkung HF-Feldern ist aber nicht notwendigerweise über die gentoxischen Veränderungen anzunehmen und zu befürchten. Weit bedenklicher sind die Störungen der Regulation durch das Zwischenhirn und das limbische System.

Wie beurteilen Sie die beschriebenen zellulären Effekte am Immunsystem?

Diese Verschiebungen zellulärer Elemente im peripheren Blut sind Indikatoren für die Störungen der zentralnervösen Regulation, da sie irrtümliche Impulse und verschobene Regulationen widerspiegeln, die ohne Einwirkung der Felder nicht erfolgt wären. Die russische Forschung hat sich vor 50 Jahren diesen Phänomen bereits gewidmet und hat die Abhängigkeit von der Gesamtregulation nachgewiesen.
Solche Effekte lassen sich an Zellkulturen und mikrobiologischen Experimenten, auf die jeweils von der FGF verwiesen wird, nicht ermitteln. Die von Betreiberseite finanzierten aufwendigen Forschungen berücksichtigen die Bedeutung der zentralnervösen Funktionen überhaupt nicht.

Wie beurteilen Sie die beschriebenen Veränderungen der Permeabilität der
Blut-Hirn-Schranke?

Dieser Befund ist besorgniserregend und führt in Richtung der bereits vor 5 Jahren erstmals von Sobels und Theriault beschriebenen erhöhten Risiken für neurodegenerative Krankheiten (M. Alzheimer, Parkinsonismus).

Basieren die deutschen Grenzwerte für Hochfrequenzfelder nur auf den thermischen (Wärme-)Wirkungen oder liegen ihnen auch athermische Wirkungen zugrunde?

Offensichtlich nur thermische Wirkungen, wenn auch beträchtlich darunter liegende Werte die Regel sind. Da diese erreicht werden können, ohne dass sich Leistungseinbussen zeigen, ist rätselhaft, warum noch an den ungeeigneten Grenzwerten festgehalten wird.

Geben Sie bitte eine Einschätzung über die Wirkung der aktuellen Grenzwerte in Italien, Österreich und der Schweiz auf den Betrieb von Sendeanlagen.

Meine Einschätzung ist eher illusionslos. Da ständig argumentiert wird, man müsse bei geringerer Leistung (Grenzwert gesenkt) mehr Basisstationen errichten, wird wohl dem Landschaftsschutz kein Dienst erwiesen mit der Forderung nach geringerer Leistung. Diese ist aber gesundheitsrelevant. Deshalb ist die Einschränkung der Erreichbarkeit notwendige Folge.
Wünsche der Kunden und uneingeschränkte Entwicklung des Netzes dürfen keine Priorität vor gesundheitlicher Vorsorge und Prävention für Nicht-Teilnehmer haben.

Welchen Faktor zur Grenzwertsenkung (spezifische Absorptionsrate, elektrisches Feld, magnetisches Feld) halten Sie für ausreichend, um einen flächendeckenden Mobilfunk zu ermöglichen und trotzdem einen vorsorgenden Gesundheitsschutz zu gewährleisten?

Nach meinem Eindruck gibt es so lange keine Entscheidungsbasis, wie es keine einschlägigen Untersuchungen gibt, und zwar von elektrosensiblen, suszeptiblen und anderen Personengruppen, die nicht optimal reguliert sind.

Halten Sie einen Warnhinweis auf potentielle Gesundheitsgefährdungen bei der Benutzung von Handys durch Kinder für angebracht und wenn ja, ab welchem Alter und in welcher Form?

Die Frage sollte eher lauten, ab wann Kinder überhaupt ein Handy benötigen, solange es ein Festnetz gibt.

Wie beurteilen Sie den Zwiespalt nach Endgeräten mit möglichst geringer
Strahlungsintensität mit der Forderung nach möglichst wenig Basisstationen?

Zur Wiederholung: Da ständig argumentiert wird, man müsse bei geringerer Leistung (Grenzwert gesenkt) mehr Basisstationen errichten, wird wohl dem Landschaftsschutz kein Dienst erwiesen mit der Forderung nach geringerer Leistung. Diese ist aber gesundheitsrelevant. Deshalb ist die Einschränkung der Erreichbarkeit eine notwendige Folge, die nicht undenkbar sein darf.
Wünsche der Kunden und uneingeschränkte Entwicklung des Netzes dürfen keine Priorität vor gesundheitlicher Vorsorge und Prävention für Nicht-Teilnehmer haben.

Von Hans-U. Jakob

Kommentare sind ausgeschaltet