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Manchmal wirkt’s

Manchmal wirkt???s

Die Europapremiere

Von Hans-U. Jakob, 26.1.06

Der 2.November 05 war nicht gerade ein strahlender Tag. Eine graue, triste Hochnebeldecke lag über dem Ländle als ich beim Eindunkeln mit einem flauen Gefühl im Magen in Triesen FL aus dem Liechtensteiner Bus stieg. Beinahe hätte ich die Haltestelle verpasst. Ausgerechnet die einzige, die im ganzen Land nicht angeschrieben war. Beim überstürzten Aussteigen mit dem schweren Gepäck noch rasch den Fuss verknackt. Dann hinkend ab, auf die Suche nach dem Gemeindehaus. Das riesige Gebäude konnte es ja kaum sein, das da direkt vor mir lag. In der Schweiz haben wir halt viel kleinere Gemeindehäuser.
Eine Passantin die ich fragte, schüttelte nur missbilligend den Kopf. Glaubte wahrscheinlich ich wolle sie nur blöd anmachen. Aha, da steht ja tatsächlich „Gemeindezentrum“! Jetzt nur noch den richtigen Eingang finden. Bei der 3. schweren Türe klappte es, es war tatsächlich die Gemeindeverwaltung. Ich war am Ziel und sollte hier dem Gemeinderat einen Vortrag über die Schattenseiten des Mobilfunks halten. Die Sitzung sei öffentlich, hiess es und ich hatte deshalb einen ziemlich grossen Saal erwartet. Da war aber lediglich ein ganz gewöhnliches Sitzungszimmer mit 11 Gemeinderatssesseln und einem 12.Notsitz für mich.
Das mache man in Liechtenstein eben anders, wurde ich belehrt. Die Bürger/Innen bräuchten sich nicht ins Gemeindehaus zu bemühen, man übertrage die Sitzungen mit Bild und Ton jeweils auf dem gemeindeeigenen Glasfaser-Kabelnetz direkt in die Wohnzimmer. Ja, ja selbstverständlich auch meinen Vortrag und man werde jetzt versuchen, meinen Laptop oder den Beamer „anzuzapfen“ damit es auf den Bildschirmen in den Triesener Stuben wirklich schöne Bilder gäbe.
Nach einigem hin und her und Kabelumstecken und Software nachladen kam das OK von der Technik. Zeit für Lampenfieber war keine mehr. 5-4-3-2-1-Gong und ab die Post. Europapremiere. Ein mobilfunkkritischer Power-Point-Vortrag direkt auf die Polstergruppen in die Wohnzimmer übertragen. Gab es das schon irgendwo? Warum hatte ich plötzlich so feuchte Hände?

Offenbar hat???s gewirkt
„Nachhaltiger Mobilfunk“ hiess einst ein ETH-Projekt. Nur war dessen Wirkung etwas anders gemeint als dieses hier. Nachhaltig sicher deshalb, weil am 19.1.06 im Liechtensteiner Volksblatt, das ist eine der 2 ansässigen Tageszeitungen, folgende Meldung erschien:

JA zu handyfreien Zonen

Triesener Gemeinderat befürwortet handyfreie Schulareale und Kindergärten

Von Michael Benvenuti, Liechtensteiner Volksblatt 19.1.05

Der Triesner Gemeinderat hat in seiner Sitzung am Dienstagabend einstimmig den Grundsatzentscheid gefällt, das Vorhaben „Schulareal und Kindergärten = handyfreie Zonen“ zu befürworten.
Dabei geht es aber nicht darum, das lästige Gebimmel während des Unterrichts zu unterbinden, vielmehr sollen die Kinder vor unnötiger Strahlenbelastung geschützt werden, wie Triesens
Vorsteher Xaver Hoch festhält: „Es geht uns um die Gesundheit der Kinder. Diese steht an erster Stelle.“

Wien als Vorbild
Mit der Schaffung von handyfreien Schularealen und Kindergärten würde Triesen dem Vorbild von Österreichs Hauptstadt Wien folgen, wo seit Oktober 2005 die schriftliche Empfehlung des Stadtschulrates vorliegt, Mobiltelefone aus der Schule zu verbannen.
Begründet wurde diese Empfehlung mit dem Vorliegen der von der EU geförderten „Reflex-Studie“, welche negative Auswirkungen der Mobilfunkstrahlen speziell auf junge Menschen befürchtet.
Betroffen von einer Umwandlung in handyfreie Zonen wären die Primarschule sowie die Gemeindekindergärten in Triesen. Real- und Oberschule, welche beide in die Zuständigkeit des Landes fallen, sowie die private Formatio-Tagesschule wären (vorerst) von einem Handy-Verbot ausgenommen.

Primarschule seit 2001 handyfrei
Wirklich neu ist das Ansinnen des Gemeinderats für Jörg Biedermann, den Leiter der Primarschule Triesen, nicht. „Seit März 2001 ist es bei uns an der Schule geregelt,
dass die Handys der Lehrkräfte während des Unterrichts deaktiviert sein müssen. Gleichzeitig haben wir damals die Eltern informiert, dass eingeschaltene Handys nicht erwünscht sind und haben zudem die Schnurlostelefone in den Unterrichtsräumen durch Festnetzapparate ersetzt.“
Vom ins Auge gefassten Vorhaben, bereits das Mitführen von Mobiltelefonen zu verbieten. musste die Primarschule Triesen hingegen Abstand nehmen. „Wir können zwar verbieten. dass Schüler ihre Handys eingeschaltet haben, das Tragen von Mobiltelefonen zu verbieten,
ist rechtlich aber nicht erlaubt“, erklärte Jörg Biedermann.

Melanie Öhri, der Kindergartenleiterin von Triesen, ist noch kein Kind mit einem Handy untergekommen, „das ist bei 4- bis 6-Jährigen zum Glück noch kein Thema“.
Dennoch steht sie dem Vorhaben, Schulen und Kindergärten in handyfreie Zonen umzuwandeln,
wohlgesonnen gegenüber: „Das finde ich absolut sinnvoll. denn die Gesundheit der Kinder muss im Vordergrund stehen.“

Ball liegt beim Schulrat
Ob und wann Triesen die Primarschule und Kindergärten zu handyfreien Zonen erklärt, liegt nun bei Gemeindeschulrat Florin Banzer, der vom Gemeinderat mit der Umsetzung dieses Proiektes hetraut wurde.

Kurzkommentar von Hans-U. Jakob
Das wäre eine möglicher Weg, den Antennenwildwuchs zu stoppen. Die Schweizer Mobilfunkbetreiber machen 60% ihres Umsatzes mit Kindern. Deshalb schauen sie so darauf, dass in erster Linie alle Schulhäuser nachhaltig bestrahlt werden. Wenn da nun plötzlich keine Kunden mehr wären……….Nicht auszudenken dieser rasante Baustopp!

Von Hans-U. Jakob

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