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In Memoriam Kurzwellensender Schwarzenburg

Wie jedes Jahr wenn sich der Fall des Kurzwellensenders Schwarzenburg jährt, tauchen in den Medien, besonders zur Zeit der sauren Gurken, immer wieder all die Märchen auf, die angeblich zu diesem folgenschweren Ereignis geführt haben.

Von Hans-U. Jakob,
Schwarzenburg, 6.August 2014

Gesundheitliche Auswirkungen, verursacht von elektromagnetischer Strahlung, wie diese von Sendeanlagen aller Art ausgeht, dürfen einfach nicht wahr sein. Man stelle sich vor, wenn plötzlich in der Schweiz 20‘000 Mobilfunksender stillgelegt werden müssten. Eine Wirtschaftspleite von nie dagewesenem Ausmass wäre die Folge  Da lohnt es sich für die Konzerne schon, alle Register der Lügenpropaganda zu ziehen.

Besonders beliebt und immer wieder hervorgeholt scheint dabei eine längst verflossene Rede des Direktors von Schweizer Radio international zu sein. Denn dieser durfte niemals zugeben, dass sein Sender in Schwarzenburg wegen schwerwiegenden Gesundheitsschäden in der umliegenden Bevölkerung 1998 stillgelegt und ersatzlos abgebrochen werden musste. Nicht gerade ein rühmliches Ende eines Lebenswerkes.

Abbruch KWS-2

Bild1: so sah die Antennenanlage des Kurzwellensenders Schwarzenburg am 2. Juli 1998 aus. (Bild zur Vergrösserung bitte anklicken) Der 120m hohe Zentralmast, gefällt wie ein riesiger Baum, bizarr verkrümmt und verbogen am Boden zerstört. Zur grossen Freude und Erleichterung der Anwohner. Bitter für alle Elektrosmog-Leugner und Gesundbeter.

Und hier (in Schrägschrift) einige Auszüge aus der Abdankungsrede, gehalten vom damaligen SRI-Direktor Nicolas Lombard

Nach dem Fall der Berliner Mauer Ende der 80-er Jahre und dem Abbau der Spannungen zwischen Ost und West konzentrierten sich die Medien auf die nationale Berichterstattung. Die internationalen Sender gerieten in eine Identitätskrise.

Plötzlich stand SRI vor einer neuen Herausforderung: „Jetzt wurde plötzlich eine unserer Hauptaufgaben überflüssig. Wir mussten uns fragen, was wir nun machen“, sagt Lombard.

„Wir erkannten, dass es in der ‚Nach-Kalten-Kriegszeit‘ nicht mehr möglich war, auf internationaler Ebene gegenüber anderen Kurzwellen-Sendern, wie zum Beispiel der BBC, konkurrenzfähig zu bleiben“, erklärt Lombard.

„Deshalb begannen wir uns auf das Konzept der ‚Swissness‘ zu konzentrieren. Wir wussten, dass wir im Bereich der weltweiten Information über die Schweiz, Marktleader sein können.“

1998 zeichnete sich das Internet als neue Richtung ab. Im gleichen Jahr wurde der KW-Sender Schwarzenburg abgeschaltet. Ein Jahr später, am 24. Dezember 1999, wurde die strategische Neuausrichtung von SRI hin zur Multimedia-Plattform vom Bundesrat genehmigt – „ein richtiges Weihnachtsgeschenk“, so Lombard.

Siehe unter http://www.swissinfo.ch/ger/die–radio-stimme-der-schweiz-ist-verstummt/4170760

Das sind natürlich alles über-oberfaule Ausreden.
Denn noch 1997 sollte die 40jährige, unterdessen veraltete Antennenanlage, das waren 3 sternförmig angeordnete 350m lange und im Sternpunkt 120m hohe zaunartige Gebilde, durch 2 moderne Drehstand Antennen ersetzt werden. Kostenpunkt 15Millionen! Im Projektbeschrieb von 1997 hiess es, man müsse noch mindestens bis 2015 weitersenden. Von einer Identitätskrise oder Rückbesinnung auf Swissness oder gar einer sogenannten strategischen Neuausrichtung keine Spur! Und interessant am Ganzen war, dass der Bevölkerung das Projekt als Sanierung verkauft wurde. Dass dabei die abgestrahlte Leistung um das 5-Fache erhöht werden sollte verschwieg man tunlichst.

Antennenzaun KWS

Bild2, oben: Im Bild einer der 3 sternförmig angeordneten Antennen-Zäune. Im Sternpunkt 120m hoch (Zur Vergrösserung Bilder bitte anklicken)

Hauptstrahlrichtungen KWS

Bild 3, oben: Diese Anlage erlaubte wegen der fix verankerten Antennen-Zäune lediglich Sendungen in 5 bestimmte Hauptrichtungen.
Nämlich in Richtung 65° (Ferner Osten bis Australien) in Richtung 125° (Naher Osten) in Richtung 185° (Afrika) in Richtung 245° (Südamerika bis Australien) und in Richtung 305° (Nordamerika)
Dieses Bild zeigt auch sehr schön, wie falsch das Studienkonzept der UNI Bern (von Altpeter et al) war, die Gesundheit der Bevölkerung in einem 1km- Kreis (Zone A) und in einem 2km-Kreis (Zone B) gegenüber einer angeblich unbestrahlten Bevölkerung in den Zonen C untersuchen zu wollen.
Erstens gab es selbst in den Zonen A und B zwischen den Senderichtungen praktisch unbestrahlte Bevölkerungsteile, was zu einer unzulässigen Ausdünnung der Krankheitszahlen führte und
Zweitens war die angeblich unbestrahlte Zone C im Südwesten (links unten im Bild) alles andere als unbestrahlt, weil wesentlich höher als die Sendeantenne gelegen. Alles in Allem ein Konzept, das von Beginn weg gar nichts Schlimmes ergeben konnte, da eine Trennung von bestrahlten Anwohnern zu einer unbestrahlten Kontrollgruppe nie ernsthaft angestrebt wurde. Denn es durfte bei dieser Studie keinesfalls etwas Negatives für die Senderbetreiber herauskommen.
Der Sender musste nicht zuletzt auch deshalb abgebrochen werden, weil die Bevölkerung (mit Hilfe eines eigenen unerschrockenen  Messtechnikers) dem Schwindel auf die Spur gekommen war.

Drehstandantenne

Bild 4, oben: 1997 als man laut SRI-Direktor Lombard wegen einer Identitätskrise oder einer Rückbesinnung auf Swissness oder gar einer sogenannten strategischen Neuausrichtung angeblich über eine Stilllegung der Sendeanlagen in Schwarzenburg nachdachte, lancierte die selbe Direktion gleichzeitig ein Projekt, die drei 350m langen Zaunantennen durch 2 solcher Drehstandantennen zu ersetzen. Spannweite 100m, Höhe über alles 100m. Senderichtungen in alle Azimute von Null bis 359° möglich, da alles (Dipole und Reflektoren) an einem einzigen drehbaren  Zentralmast angebracht und mittels Elektromotoren über Fernsteuerung einstellbar. (Zur Vergrösserung Bild bitte anklicken)
Die Sendeanlage Schwarzenburg sollte laut diesen Plänen komplett automatisiert und von Bern aus überwacht und programmiert werden. Die 18 Vollzeitstellen in Schwarzenburg sollten auf eine einzige Hauswartstelle reduziert werden.
Kostenpunkt des Gesamtprojekts: 15 Millionen.
Die Zeichnung stammt aus den Plänen der amtlichen Baupublikation von 1997. Die rechte Hälfte stellt die Ansicht von hinten mit dem gigantischen Reflektorgitter dar, und die linke Hälfte die Ansicht von vorne, das heisst gegen die Hauptsenderichtung.

Die Behauptung, die Sendeanlage Schwarzenburg wäre auch ohne Widerstand der Bevölkerung stillgeleg und abgebrochen worden, ist demnach eine einzige grosse Lüge. 
Ebenso die Behauptung, die Sendergegner hätten 18 Arbeitsplätze vernichtet.

Übrigens: Im Umweltverträglichkeitsbericht zur sogenannten Sanierung der Sendeanlagen Schwarzenburg stand, im Reflektorgitter von 80x100m würden sich nur 6 Zugvögel verfangen. Bei genauerem Hinsehen pro Nacht, jedoch mit 365 Nächten zu multiplizieren.

Standorte DSA

Bild 5 oben: Zeigt die 2 Todeszonen von je 420m Durchmesser rund um die projektierten Drehstandantennen. (Zur Vergrösserung Bild bitte anklicken) Diese Zonen wären für eine landwirtschaftliche Nutzung nicht mehr verfügbar gewesen. Das heisst laut Verträgen mit allfälligen künftigen Pächtern, nur kurzzeitig befahrbar und nur nach Absprache mit den Senderbetreibern. Interessant war, dass Telecom Schweiz im Auftrag von Schweizer Radio International während der angeblichen strategischen Neuausrichtung ohne Kurzwellensender, den nötigen Landerwerb teilweise bereits getätigt und den sogenannt renitenten Landeigentümern bereits ein Enteignungsverfahren angedroht hatte. Was doch hinten und vorne nicht zu einer ohnehin geplanten Stilllegung passen kann.

Alle Angaben zu diesem Artikel stammen aus den Projektunterlagen, Umweltverträglichkeitsberichten und amtlichen Publikationen zum Projekt „Sanierung der Kurzwellensendeanlage Schwarzenburg“ von 1997 und sind im Archiv von Gigaherz.ch noch vollumfänglich vorhanden und können von Interessierten nach Voranmeldung gerne eingesehen werden.

Damit sollte nun die alljährlich beim Todestag des Kurzwellensenders Schwarzenburg immer wieder neu aufflammende Mär, der Sender wäre auch ohne Widerstand der Bevölkerung ohnehin abgebrochen worden, endgültig widerlegt sein.

Das Projekt „Sanierung der Kurzwellensendeanlage Schwarzenburg“ wäre vielmehr ohne die permanente Stationierung von 200 Polizeigrenadieren nicht durchführbar gewesen.

Was den damals verantwortlichen Bundesrat Moritz Leuenberger im November 1997 klugerweise veranlasste, auf die Durchführung zu verzichten und im Sommer 1998 die Anlage ersatzlos abzubrechen. Die aufgebrachte Bevölkerung liess sich auch von militärischen Drohgebärden, wie Luftlandeübungen und Stellungsbezügen von Panzertruppen nicht mehr abschrecken.

Die Veröffentlichung von weiteren Dokumenten aus dieser Zeit bleibt vorbehalten

Bereits früher veröffentlichte Berichte zum selben Thema (bitte Datum der Veröffentlichung beachten):
https://www.gigaherz.ch/zum-10-todestag-des-kurzwellensenders-schwarzenburg/
oder
https://www.gigaherz.ch/das-war-haarstraeubend/
oder
https://www.gigaherz.ch/was-man-schon-immer-wusste/
und
https://www.gigaherz.ch/der-sender-brennt-1256/

Von Hans-U. Jakob

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