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Freudentag in Genève-Saconnex

Freudentag in Genève-Saconnex

Und zugleich schwarzer Tag für die Schweizer Mobilfunkbetreiber. Am Nachmittag des 18.11.03 fuhr wie ein Blitz aus heiterem Himmel eine Abbruchmannschaft im Quartier de la Tour auf und holte auf Geheiss des Bundesgerichtes 3 Mobilfunkantennenmasten vom Dach des Gebäudes Chemin Tavernay No.5.

Hans-U.Jakob, 20.11.03

Bis anhin hatte der Mobilfunkbetreiber Sunrise alle Abbruchverfügungen der Mietgerichte, der Baudirektion und des Regierungsrates des Kantons Genf einfach ignoriert, resp. mit Beschwerde an die nächsthöhere Instanz weitergezogen. Dies mit der gebetsmühlenartigen Wiederholung: „Die Grenzwerte sind eingehalten, die Grenzwerte sind eingehalten, die Grenzwerte sind …………………..“.

Bereits Ende 2000 hatten die Genfer Mietgerichte den Anwohnern der Antenne infolge Strahlenbelastung eine Mietzinsreduktion von 30% zugesprochen. Dies bei Strahlungswerten von 0.7 bis 2.9V/m (Grenzwert in diesem Fall=4V/m) und ihnen zugleich erlaubt, die Wohnungsmieten bis zum Abbruch der Antennen auf ein Sperrkonto einzuzahlen, auf welches der Vermieter keinen Zugriff hat. Worauf der Vermieter, die Pensionskasse des CERN, auf fristlose Auflösung des Vertrages mit dem Mobilfunkbetreiber klagte und den sofortigen Abbruch der Antennen verlangte.

Die Gerichte schoben in der Folge den Fall hin und her wie eine heisse Kartoffel. Jede Abbruchverfügung wurde von Sunrise hohnlachend mit einer Beschwerde an die nächst höhere Instanz quittiert.

Mehr noch: Verdeckte Messungen, ohne Wissen der Mobilfunkbetreiber, ausgeführt von der „Fachstelle nichtionisierende Strahlung“ der Interessengemeinschaft Elektrosmog-Betroffener in diesem Frühjahr, ergaben, dass Sunrise auf mindestens einem der 3 Antennenmasten die Sendeleistung illegal um das 4-Fache, das heisst ohne vorherige Baupublikation, erhöht hatte. In Zahlen ausgedrückt von 474Watt ERP auf über 2000 Watt ERP. Worauf der Kanton Genf eigene verdeckte Messungen anordnete und eine weitere Abruchverfügung erliess. Auch diese Verfügung, wahrscheinlich die vierte im Umzug, wurde ans Bundesgericht weitergezogen, mit dem Hinweis, die Grenzwerte seien ja trotzdem immer noch eingehalten.

Warum jetzt plötzlich dem Bundesgericht der Geduldsfaden riss und dieses die Antennen unverzüglich vom Dach holen liess, ist noch nicht bekannt. Ob die Unzumutbarkeit des Mietvertrages Sunrise/CERN (Mobilfunkbetreiber/Standortvermieter) im Vordergrund stand oder die unbewilligte Leistungserhöhung oder eventuell beides, wird erst nach der Veröffentlichung des Urteils beurteilt werden können.

Jedenfalls sind die Antennen weg. Diese wurden heute Nachmittag unter einen ziemlichen Presserummel abtranportiert. Sunrise spricht von einem schwarzen Tag für den Mobilfunk und die Pensionskasse des CERN kann nach 3 Jahren endlich wieder über die Mieteinnahmen eines ganzen Wohnquartiers verfügen. Das hätte den Ruin der Kasse bedeuten können.
Und das Wichtigste: Die Anwohner feiern nach 4 Jahren Antennenkrieg ihren verdienten Sieg.
Einen Sieg auf welchen allerdings einige Schatten fallen. So etwa der Suizid eines Nachbarn, welcher die Strahlenbelastung einfach nicht mehr aushielt und der Wegzug einer beliebten Familie, deren Töchter ständig krank waren und sich unterdessen am neuen Wohnort prächtig erholt haben.

Von Hans-U. Jakob

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