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Ein gelungener Informationsabend in Brienz

Ein Leserbrief aus Brienz im Berner-Oberland vom 19.11.2010


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<<<Bild links: Im Dorfkern von Brienz

Trotz strömendem Regen, war gestern Abend das Sääli des Hotels zum weissen Kreuz fast vollständig belegt und die Initiantinnen des Vortragsabends konnten ganz erfreut und wider Erwarten 50 Besucher/Innen begrüssen.

Hans-U. Jakob, der Präsident von Gigaherz.ch, der Schweizerischen Interessengemeinschaft Elektrosmog-Betroffener vermochte einmal mehr mit einem von Galgenhumor durchzogenen Vortrag, das Publikum in seinen Bann zu ziehen.

Zuerst erklärte er kurz den Aufbau und das Funktionieren der Mobilfunknetze und vor allem den Grund, warum tausende von strahlenden Sendeanlagen mitten in Dörfern und Städten gebaut werden. Wenn demnächst in Brienz ein Bauboom an Mobilfunksendeanlagen losginge, sei das vor allem dem Kaufrausch der eigenen Bevölkerung für I-Phones und andere Endgeräte zu verdanken, welche bewegte Bilder mit hoher Datenrate empfangen und senden könnten. Denn irgendwoher müssten diese Geräte ja gespiesen werden. Dummerweise durch die Luft.

Dann erläuterte Hans-U. Jakob die 4 schönsten Märchen, welche die Mobilfunkbetreiber jeweils an Einspracheverhandlungen vorbringen würden:

Das erste Märchen der Mobilfunkbetreiber laute, dass es keine einzige wissenschaftliche Studie gebe, welche die Schädlichkeit von Mobilfunkstrahlung nachweisen können. Solche Studien gäbe es zu Hunderten, erläuterte Jakob, der Grund weshalb diese nicht anerkannt würden, liege bei den Bundesämtern für Umwelt (BAFU) und Gesundheit (BAG). Diese würden Studien erst dann anerkennen, wenn dazu keine Gegenstudien, die das Gegenteil behaupten, auftauchen würden. Und mit solchen Gegenstudien würden zur Zeit Millionen verdient. Es seien akademische Gesundbeter und Ablassverkäufer unterwegs wie nie zuvor in der Geschichte. Bei einem Reingewinn der Swisscom von 1500Millionen pro Jahr könnten diese ein Millionensponsoring an die bei der ETH Zürich eingemietete Forschungsstiftung Mobilkommunikation, welche dann die vom Verdacht der Industriefinanzierung reingewaschenen Gelder an notleidende Forschungsinstitute vornimmt, quasi aus der Portokasse finanzieren. 

Jakob deckte die Wege, welche diese Forschungsgelder aus industriellen Quellen, manchmal gleich über 2 bis 3 Geldwaschinstitute nehmen, schonungslos auf.

Das zweite Märchen der Mobilfunkbetreiber laute, dass es unterhalb der von der ICNIRP, der sogenannten internationalen Strahlenschutzkommission festgelegten Grenzwerte von 60V/m zu keinerlei gesundheitlichen Schäden kommen könne.

Jakob zeigte genüsslich die von den Mobilfunkbetreibern bestgehasste und von den Revolverjournalisten meistzerrissene, Bamberger Ärztestudie. In einer eindrücklichen Grafik wurde dargestellt, was die Bamberger Ärzte bereits ab einem Hundertstel der ICNIRP-Grenzwerte (>0.6V/m) alles gefunden haben. Bei Menschen, die unter solchen Strahlungsverhältnissen leben müssen, treten bei 76% Schlafstörungen, bei 70% Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen, bei 45% häufige Entzündungen und Schmerzen, bei 29% Ohrgeräusche und bei 28% Herzrhythmusstörungen auf. Die Studie sei zwar 5 jährig, werde aber laufend immer wieder von Neuem bestätigt. Die Bamberger Ärzte seien die ersten gewesen, die ein kleines Strahlungsmessgerät in ihrem Ärztekoffer mitgeführt hätten und gerade deshalb finde er diese Studie besonders wertvoll. Andere würden immer nur mit der Distanz zum Sender arbeiten und das sei höchst ungenau.  Jakob zeigte als Ergänzung das kleine Messgerät, das eigentlich auch in jeden Schweizer Ärztekoffer gehören sollte und spielte den Zuhörern gleich den von diesem Gerät empfangen 1.74Kilohertz-Ton das heisst, der Taktfrequenz des nächstliegenden Mobilfunksenders vor, über welchen sich auch die Anwohner beklagen, die unter Ohrgeräuschen leiden.

Von wegen „alles nur Einbildung“, wie die Mobilfunkbetreiber immer wieder betonen, war Jakob mit der Kälberstudie des Veterinärmedizinischen Institutes der UNI Zürich zu Stelle, welche 32% blinde Kälber bei Feldstärken zwischen 0.2 und 2V/m gefunden hat. ICNIRP-Grenzwert 60V/m (!)

Jakob zeigte weiter einige verheerende Gerichtsurteile, die besagten, dass die Bevölkerung kein Anrecht auf ein Null-Risiko habe und dass Grenzwerte nur dazu da seien, die Schäden in vertretbaren Grenzen zu halten. Dann zeigte er  ein eindrückliches Bild, wie sich die Luzerner Staatsanwälte vor den Bahnstrom-Magnetfeldern von 1.9 Mikrotesla, ihre neuen Büros an der Bahnlinie Olten-Luzern vollständig in Abschirmblech einpacken liessen, obschon der ICNIRP-Grenzwert hier 300Mikrotesla beträgt. Also Wasser predigen und Wein trinken.

Das dritte Märchen der Mobilfunkbetreiber lautete, dass die ICNIRP, die sogenannte internationale Strahlenschutzkommission eine Unterorganisation der WHO und im weiteren Sinn der UNO sei. Dies aber nur bis zum Jahre 2001. Damals hätte der Verein Gigaherz die Aktion „Goldene Mistgabel“ gestartet. Eine Petition, unterschrieben von 65 Organisationen aus 19 Ländern mit 40‘000Mitgliedern und 63 namhaften Wissenschaftlern aus 16 Nationen forderten den damaligen Generalsekretär der Uno, Kofi Anan dazu auf, die ICNIRP auszumisten, weil diese ausser thermischen Auswirkungen, das heisst Erwärmung von Gewebe, alles abstritt was mit Strahlungen aus Sendeanlagen und Hochspannungsleitungen in Zusammenhang gebracht wurde.

Jakob schilderte, wie sich die WHO Genf und später die UNO Wien weigerten die Petition entgegenzunehmen und wie dem Verein Gigaherz dann der Kragen platzte und sie die ganze Kiste schliesslich direkt an Mr. Kofi Anan, UNO-Gebäude, New-York spediert hätten. Der Speditionsfirma, die sich selber rühmte, es gebe kein Paket, welches sie nicht zustellen könne, gelang dann die Übergabe endlich beim 9. Zustellversuch.


UN_Geb.jpg<<<Bild links: UNO-Gebäude in New-York


Dann ging es plötzlich sehr schnell. Die WHO Genf musste auf höchsten Befehl dem Verein Gigaherz antworten, es tue ihr sehr leid, die ICNIRP gehöre nicht zu ihnen. Es handle sich viel mehr um einen rein privaten Verein, mit Sitz in München.

Unglaublich aber wahr: Ein industriefinanzierter Altherrenclub hat die Welt jahrelang zum Narren gehalten und sich als oberste Behörde feiern lassen. Das Schreiben der WHO-Genf vom 14.9.2001 wurde den staunenden Zuhörern gleich an die Wand projiziert.

Jakob erläuterte, die internationale Strahlenschutzkommission sei noch heute als Verein organisiert, als Verein dessen Mitglieder sich je nach Bedarf gegenseitig selbst wählen oder absetzen. Als Verein in welchen keine Nation der Welt jemanden delegieren oder daraus jemanden abberufen könne. Als Verein der rein rechtlich gesehen, mit dem Jodlerclub von Brienz auf gleicher Stufe stehe. Einzig mit dem Unterschied, dass die Brienzer Jodler schön und die ICNIRP-Jodler falsch singen würden.

In jüngster Zeit glaubten nun die Mobilfunkbetreiber, der ICNIRP-Skandal von 2001 sei vergessen und sie würden erneut damit beginnen, der Bevölkerung das Märchen von der ICNIRP, als Teil der WHO, aufzutischen. Übrigens habe der Bundesrat 2001 als er um Auskunft zum ICNIRP-Skandal gebeten wurde, lediglich mit betretenem, eisigen Schweigen geantwortet.

Das vierte Märchen der Mobilfunkbetreiber, von welchem Hans-U. Jakob an diesem Abend erzählte, handelte von den angeblich 10 mal besseren Grenzwerten, welche die Schweizer gegenüber dem Ausland hätten.

Mit hochtechnischen Folien bewies Jakob, dass diese Strahlungswerte, die ohnehin nur an Orten empfindlicher Nutzung, wie innerhalb von Wohnungen, Innenarbeitplätzen und innerhalb von Kranken- oder Schulzimmern Gültigkeit hätten, rein aus physikalischen Gründen, wie aus der Gebäudedämpfung und der Abweichung zur vertikalen Senderichtung und natürlich aus Gründen der Distanz, ganz von selbst auf diese 10% zurückgingen. Das Märchen von den 10mal besseren Schweizer Grenzwerten, sei mit Abstand der grösste Schwindel, welcher den Eidgenossen seit dem Jahre 1291 je aufgetischt worden sei. Diese 10mal besseren Werte seien an diesen Orten empfindlicher Nutzung auch im Ausland erreicht, nur dass dort dann niemand auf die Idee komme, dies als Entgegenkommen der Behörden an die Bevölkerung zu verkaufen.

Mit speziellen Fragen zu einem geplanten Mobilfunksender in einem benachbarten Weiler von Brienz und mit einer angeregten Frage- und Diskussionsrunde ging dieser spannende Abend wie geplant um 22 Uhr zu Ende.  Dabei kam zum Vorschein, dass der Ort, wo dieser Sender geplant ist, im Ortsplan wohl als Industriezone blau gefärbt, aber nie rechtsgültig eingezont worden ist. Somit ist dieser Boden immer noch Landwirtschaftsgebiet und dem Projekt fehlt die Ausnahmebewilligung zum Bauen in der Landwirtschaftszone samt der notwendigen Standortbegründung und den dazu erforderlichen Netzabdeckungsplänen. Das Projekt dürfte deshalb eine Totgeburt sein. Interessant war auch zu erfahren, dass ein Standortgeber an Miete pro Jahr bis zu Fr. 12‘000 einkassieren kann, wenn er geschickt verhandelt und dass es halt immer Leute gibt, denen der eigene Geldbeutel näher liegt als das Wohlbefinden der Nachbarn.

Ein Diskussionsteilnehmer brachte es zum Schluss auf den Punkt.

Wenn die Brienzer keine weiteren Mobilfunksender mehr wollen, müssen sie halt künftig auf den Kauf von I-Phones und anderem Spielzeug verzichten.

Hier geht es zur ICNIRP-Story: /die-icnirp-story-ein-privater-altherrenclub-haelt-die-welt-zum-narren/

und hier zu den Luzerner Staatsanwälten: /schweizer-justizbehoerden-werden-vollends-unglaubwuerdig/

Von Hans-U. Jakob

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