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5G: Es dämmert langsam

Das Unerwartete geschieht immer!
Es ist das erste mal in der Schweizergeschichte, dass sich ein Verwaltungsgericht als zweithöchste Instanz im Land, die Mühe macht, die Argumente der Beschwerdeführenden in Sachen 5G überhaupt zu prüfen, statt von Verschwörungstheorien und Esoterik zu reden, oder einfach nur alles den Mobilfunkbetreibern oder deren Helfern auf den kantonalen Umweltämtern nachzuplappern.

Ein Kurzbericht von
Hans-U. Jakob (Gigaherz.ch)
vom 22.2.2021

Von der Antennentechnologie, das heisst von der Baugrösse der Antennengehäuse her, ist der Betrieb im adaptiven 5G-Modus ausschliesslich in dem von den Mobilfunkbetreibern erworbenen Bereich im 3400-3600MHz-Band möglich. Knapp möglich wäre noch gerade das 2600MHz-Band. Die Behauptung, adaptive Antennen seien auch schon mit bisherigen Antennen, etwa in den 800 und 900MHz-Bändern betrieben worden, ist blanker Unfug, welcher schon gar nicht den damals erteilten Baubewilligungen entsprochen hätte.
Adaptiv heisst demnach: Ausschliesslich im MIMO- und Beamforming-Modus.

MIMO heisst bekanntlich, statt einer Strahlenkeule pro Sektorantenne, je nach verwendetem Typ, jetzt deren 32 bis 81.  Und Beamformig heisst, dass sich die Strahlenkeulen nicht mehr fix ausrichten, sondern die Handys und andere Endgeräte verfolgen und infolgedessen im Millisekunden-Tempo im 120°-Kreissektor sowohl horizontal wie vertikal, wild herumtanzen.
Das führt bei MIMO zu einer lückenlosen Ausleuchtung eines 120°-Kreissektors, ohne jeglichen Funkschatten. Das heisst, ohne jeglichen Dämpfungsfaktor bis 60° horizontal (links und rechts) sowie vertikal bis 45°nach unten. Und Beamforming führt durch die im Millisekunden-Takt in einem 120°- Kreissektor horizontal wie vertikal herumtanzenden, bis zu 8 Datenbeams zu einer chaotischen Pulsierung mit Flankensteilheiten, wie diese in der Funktechnik bisher noch nie beobachtet wurden.

Adaptives 5G ist also technisch wie biologisch etwas komplett Neues und mit der bisherigen Mobilfunktechnologie überhaupt nicht vergleichbar.

Nachdem es der Bundesrat am 22. Mai 2020 trotz aller Erpressungsversuchen der Mobilfunkindustrie abgelehnt hatte, die sogenannten Anlage- oder Vorsorgegrenzwerte für Mobilfunk-Sendeanlagen zu lockern, begann in den Baugesuchen zu diesen Anlagen, um adaptives 5G doch noch einsetzten zu können, eine unsägliche Trickserei.

Die häufigste Trickserei ist es, den Baugesuchen gefälschte Antennendiagramme beizulegen. Nämlich solche mit Vertikalkeulen die kaum je 5° nach oben und lediglich 15° statt 45° nach unten abdecken. Die Antennendiagramme sind zudem ohne Neigungswinkel konstruiert worden. Das heisst für TILT NULL. Womit schon bereits die Abbildung der Nebenkeulen völlig falsch ist.
Dies hätte im Standortdatenblatt, Zusatzblatt 2 (technische Angaben zu den Sendeantennen) noch korrigiert werden können, wenn die dort beantragten elektrischen, das heisst für adaptives 5G automatischen Neigungswinkel  bis 35° nach oben und 45° nach unten deklariert worden wären. Aber das hätte unweigerlich zu Grenzwert-Überschreitungen geführt.

Das alles unseren Baubewilligungsbehörden in den Gemeinden und Kantonen klar zu machen, war bisher wegen der völlig fehlenden Fachkompetenz in Sachen Funktechnik der Mitglieder dieser Gremien, im Besonderen in Sachen adaptives 5G nicht möglich. Diese waren bereits mit der herkömmlichen Mobilfunktechnik überfordert und jetzt mit der MIMO und Beamforming-Technologie erst recht ausser Rand und Band geraten.

In ihren-Einsprache Abschmettugen steht unter allen noch so guten und noch so klaren Argumenten in den allermeisten Fällen der Satz: «Es besteht kein Anlass an den Ausführungen des Kantonalen Amtes für Umwelt, resp. deren Fachstelle für Immissionsschutz, nur im Entferntesten zu zweifeln.»
Dass diese Fachstellen in den meisten Fällen, Einmann- resp. Einfrau-Betriebe sind, die ihre Argumentationen der Einfachheit halber einfach den Mobilfunkbetreibern abschreiben, können die braven, folgsamen Gemeindemannen und Frauen ja auch nicht wissen. Diejenigen auf den kantonalen Ämtern dann schon, aber sie dürfen nicht, ohne ihre politischen Vorgesetzten, die Regierungsräte dermassen zu verärgern, dass ihnen ihre Entlassung oder Versetzung droht.



Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat jetzt einem Beschwerdeführer in dieser Sache Recht gegeben und die Sache zur Neubeurteilung an das Baurekursgericht ZH zurückgewiesen. Urteil Nr. VB2020.00544. vom 15. Januar 2021 Kap. 4.4 und 4.5

Gemeinde- und Kantonsverwaltungen können sich somit nicht mehr länger auf Aussagen von kantonalen Fachstellen, oder auf solche der Mobilfunkbetreiber verlassen und in den Einsprache-Abschmetterungen diesen einfach alles abschreiben. Sie werden vielmehr gehalten, die Vorbringungen der Einsprechenden zu prüfen, oder wenn sie dazu selber nicht in der Lage sind, was in den allermeisten Fällen zutrifft, diese von neutraler unabhängiger Stelle überprüfen zu lassen. Denn die Voreingenommenheit kantonaler Umweltämter, vorab deren NIS-Fachstellen ist landesweit bestens bekannt. So haben sich Mitarbeiter der NIS Fachstellen verschiedener Kantone in der Vor-Corona Zeit regelmässig mit grossem Aufwand an 5G-Propagandaveranstaltungen der Mobilfunkbetreiber beteiligt und dort deren Interessen besser vertreten als diese selbst.

Zu den falsch deklarierten Sendeleistungen hat sich das Verwaltungsgericht ZH (noch) nicht geäussert.

Weitaus am unglaubwürdigsten sind jedoch jeweils die für die adaptiven 5G-Antennen beantragten Sendeleistungen von nur gerade 50 bis 350Watt ERP.
Wenn wir diese 350Watt ERP noch durch den Antennengewinn von 21dB oder Faktor 125 dividieren, kommen wir auf eine Senderleistung am Antenneneingang von noch gerade 2.8Watt.
Mit 2.8Watt in vorstädtischem Gebiet rund 1000 Endgeräte gleichzeitig mit Daten in Rekordgeschwindigkeit versorgen zu wollen, dürfte wohl endgültig ins Reich der Phantasie verschoben werden.
Noch phantasievoller wird es bei den 50Watt ERP. Wenn wir diese 50Watt ERP noch durch den Antennengewinn von 21dB oder Faktor 125dividieren, kommen wir auf eine Senderleistung am Antenneneingang von nur noch gerade 0.4Watt.  Das ergibt vielleicht gerade noch eine Reichweite bis zur Dachkante des Standortgebäudes.

Dipl. Ing. ETH Thomas Fluri hat in seinem Schreiben an das BAFU vom 20. November 2020 einwandfrei nachgewiesen, dass adaptive Antennen unterhalb 20% ihrer maximal möglichen ERP-Leistung gar nicht mehr funktionieren können. Es sei denn als blosse Heizkörper um den Sendemast vor Vereisung zu schützen. Bei den von den Antennenherstellern angegebenen Sendeleistungen  von 25’000Watt wären dann 20% = 5000Watt ERP statt der von den Mobilfunkbetreibern deklarierten 50-350Watt ERP.

Ofensichtlich hat die Trickserei mit den negativen Sendewinkeln und den gefälschten Antennendiagrammen dem Verwaltungsgericht ZH bereits genügt um zu folgendem Urteil zu gelangen: «Der Rekursentscheid (des Baurekursgerichts des Kantons ZH als Vorinstanz red) vom 16. Juli 2020 ist aufzuheben und die Sache ist in Anwendung von §64 Abs.1 VRG im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.»

Es ist das erste mal in der Schweizergeschichte, dass sich ein Verwaltungsgericht als zweithöchste Instanz im Land, die Mühe macht, die Argumente der Beschwerdeführenden in Sachen 5G überhaupt zu prüfen, statt von Verschwörungstheorien und Esoterik zu reden, oder einfach nur alles den Mobilfunkbetreibern oder deren Helfern auf den kantonalen Umweltämtern nachzuplappern.
Des Rätsels Lösung mag sein, dass diesmal eine Verwaltungsgerichtspräsidentin, statt ein Verwaltungsgerichtspräsident am Werk war. Frauen müssen ja bekanntlich an ihren Posten immer doppelt so gut sein, um bei ihren männlichen Vorgesetzten anerkannt zu werden…

Das Urteil Nr. VB2020.00544. des Verwaltungsgerichts ZH vom 15. Januar 2021 kann hier heruntergeladen werden.
https://www.gigaherz.ch/wp-content/uploads/2021/02/Urteil-VB2020.00544-Verwaltungsgericht-ZH.pdf
Zu dessen Verständnis ist jedoch ein gerütteltes Mass an technischem Fachwissen zu adaptivem 5G erforderlich.

Von Hans-U. Jakob

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