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Klammheimlich und hinterrücks

Klammheimlich und hinterrücks

Autor: Hans-U. Jakob, Schwarzenburg 18.8.2001

In Thalwil wurde die Sendeleistung der Mobilfunkantennen auf dem Berg-Schulhaus klammheimlich und hinterrücks fast verdoppelt und eine Senderichtung abgeändert. Die zuständige Aufsichtsstelle, das Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft AWEL des Kantons Zürich bezeichnet den Messtechniker, der als Entwicklungsingenieur auf dem Gebiet der Hochfrequenztechnik tätig ist und der das an den Tag brachte, kurzerhand als unfähig, also im Klartext zu dumm, um solche Messungen zu verstehen.

Die Gemeindebehörden von Thalwil sehen deshalb nach dieser Stellungnahme des AWEL keinen Handlungsbedarf mehr.

Nachdem es ihm fast täglich schlechter ging, nahm ein betroffener Anwohner erneute Messungen in seiner Wohnung vor. Und siehe da: die seinerzeit im Baugesuch der Antenne festgeschriebenen Werte von maximal 2.7 Volt/m innerhalb seiner Wohnung waren plötzlich auf 4,4 V/m angestiegen!

Da aber die Gemeinde Thalwil über keinerlei fach- und sachkundiges Aufsichtspersonal verfügt, wurde seine Reklamation kurzerhand an das Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft AWEL des Kantons Zürich weitergeleitet.

Hier wurde der Fall sofort zur Chefsache erklärt und Herr Limacher, seines Zeichens Chemiker HTL, hat selbst Antwort gegeben:

Solche Messungen schreibt er, seien eine hochkomplizierte Sache und dürften deshalb nur von sogenannt akkreditierten Fachstellen vorgenommen werden, und dies nur in enger Zusammenarbeit mit den Mobilfunkgesellschaften. Dann folgt eine bunte Reihe von Fachausdrücken, die wohl einen Gemeinde-Bauvorsteher vor Ehrfurcht erstarren lassen, jedoch auf einen Fachmann in diesem Zusammenhang eher wie eine humoristische Einlage wirken.

Zum Schluss schreibt Herr Limacher, ein Vergleich mit alten Werten sei überhaupt nicht erlaubt, weil die neuen Messungen gar nicht in Zusammenarbeit mit der zuständigen Mobilfunkgesellschaft erhoben worden seien. Und der Clou: weil derjenige, der die Messungen durchgeführt hat, das Prinzip der selektiven Messung gar nicht verstanden habe.

Was Herr Limacher allerdings nicht wusste, war, dass es sich beim Betroffenen, der die Messungen durchgeführt hatte, um einen Entwicklungsingenieur mit einschlägigem Fachwissen handelt und dass die kantonale Zürcher Aufsichtsstelle exakt dieselben Messgeräte und Methoden anwendet, wie diejenigen die hier zum Einsatz gekommen sind.

Der Kanton Zürich täte wirklich gut daran, für die Bearbeitung solcher Fälle einen Fachmann und nicht einen Chemiker einzusetzen. Man bestellt den Frack auch nicht beim Schuster. Denn was Limacher zum Schluss schreibt, schlägt dem Fass vollends den Boden aus.

Zitat: „Es ist nicht so, dass Anlagen periodisch höhere Immissionen verursachen können, als bewilligt worden sind……“ „…….weil Mobilfunkanlagen netzförmig eng mit anderen Funkzellen verbunden sind, kann die obere Leistungsgrenze nicht einzeln überfahren werden, ansonsten die Nachbarzellen gestört würden.“ Ende Zitat.

Mein Gott, Herr Limacher, nichts einfacher als das! Nachbarzellen arbeiten mit anderen Frequenzen und ein Übersprechen, das heisst eine Störung, ist deshalb gar nicht möglich.
Es ist vielmehr so, dass die Antennen im Bergschulhaus aus Preisgründen (kein Mastaufbau) viel zu tief unten angebracht worden sind und deshalb keine optimale Versorgung oder – nach anderer Betrachtungsweise – keine optimale Verseuchung der Zelle gewährleisten. Um diesen Mangel auszugleichen, wurden eines Tages einfach die Leistungen auf das Höchstmögliche hinaufgedreht.

Eine Anlage wird immer mit einer Leistungsreserve projektiert und erstellt, damit diese sich nicht überhitzt. Diese Leistungsreserve kann jederzeit, ohne jegliche Änderung der Anlage, zugeschaltet werden, was hier nun mit Sicherheit auch passiert ist. Deshalb soll die Anlage ja demnächst auch ausgewechselt werden. Dies wurde mit einem Baugesuch bereits angekündigt. Eine Anlage kann nicht dauernd mit „Volllast“, das heisst an ihrer oberern Leistungsgrenze betrieben werden, weil diese viel zu schnell altert oder störungsanfällig wird. Das dürfte wohl jedem klar sein, der schon einmal längere Zeit ein Auto gefahren hat.

Exakte Nachberechnungen meinerseits (gemäss NISV-Berechnungsformel) erlauben mit Sicherheit den Rückschluss auf folgendes Szenario:

Auf dem Bergschulhaus wurden die Antennen 1 und 2 von 400Watt ERP auf je 600Watt ERP hochgefahren und die Antennen 3 und 4 von 600 Watt ERP auf je 900Watt ERP. Weil darauf im nordwestlichen Eckzimmer (Klassenzimmer) die Vorsorge- oder Anlage-Grenzwerte nicht mehr eingehalten werden konnten, wurde die Senderichtung von 300 Grad auf 310 Grad geschwenkt, dass heisst, leicht vom Schulzimmer weg, dafür aber exakt in die Richtung des hier Betroffenen. Anders ist die Erhöhung der Feldstärke in der Wohnung des Betroffenen schlicht nicht zu erklären. (Als Berechnungsgrundlage dienten die Standortdatenblätter vom 31.1.2001)

Herr Limacher möchte das bitte zur Kenntnis nehmen. Es ist nämlich keineswegs so, dass Messungen nur von sogenannt akkreditierten Messfirmen und nur in Zusammenarbeit mit den Mobilfunkgesellschaften durchgeführt werden können. Messungen elektromagnetischer Feldstärken gehören zu den einfachsten in der gesamten Messtechnik. Es genügt dazu ein gesunder Arm, um die Antenne in die Höhe zu halten und mindestens ein gesundes Auge, um den Display abzulesen. Alles andere ist Show, Scharlatanerie und vor allem Geldmacherei.

Die neue Messverordnung des Bundes, welche gegenwärtig erprobt wird, zielt denn auch ganz explizit darauf ab, Messungen ohne komplexes Fachwissen und vor allem ohne jegliche Benachrichtigung der Mobilfunkgesellschaften durchführen zu können. Dagegen wehren sich natürlich die Mobilfunker und ihre Steigbügelhalter mit Händen und Füssen, denn damit kämen mit Sicherheit einige echte ungereimte Praktiken an den Tag.

Übrigens: In Schwarzenburg war im Schulhaus Tännlenen, 700Meter vor den nun abgebrochenen Kurzwellenantennen während 40 Jahren (vierzig Jahren !) infolge elektromagnetischer Bestrahlung der Kinder, die schlechteste Übertrittsrate in die Sekundarschule zu beobachten. Nicht nur die schlechteste Übertrittsrate der Region, sondern des ganzen Kantons Bern. Dies trotz bester Lehrkräfte, modernst ausgestatteter heller Schulräume und besten Unterrichtsmaterials. Im Zimmer der Übertrittsklasse herrschte während der Hauptunterrichtsszeit eine E-Feldstärke von 4V/m.

Diese 4V/m dürften sich unterdessen auch im nordwestlichen Eckzimmer des Bergschulhauses eingestellt haben. Die Schulleitung täte sehr gut daran, diese Feldstärken kontrollieren zu lassen, aber ohne vorherige Anmeldung und keinesfalls von einer sog. akkreditierten Messfirma in Zusammenarbeit mit der Mobilfunkgesellschaft. Denn einer solchen muss nach allen bisher gemachten Erfahrungen -sehr vorsichtig ausgedrückt – ganz ernsthaft misstraut werden. Bisher haben sich solche nämlich stets als Mogelpackung erwiesen.

Von Hans-U. Jakob

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