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Falsche Zahlen zur Mobilfunk-Akzeptanz?

Das Mediencommuniqué Forum Mobil, 11. Juni 2007 steht hier in Normalschrift (was nicht bedeutet, dass diese Ansicht normal ist)  Und die Stellungnahme von Gigaherz in Schrägschrift (was nicht bedeutet dass unsere Ansicht schräg ist.

Mit Kommentaren von Hans-U. Jakob, 11.6.07 13.00Uhr

Das Mobiltelefon – vom Statussymbol zum Alltagsgegenstand

Die Schweizerinnen und Schweizer sind wieder stärker als auch schon überzeugt vom

Nutzen der mobilen Kommunikation. Die Einstellung gegenüber Mobilfunk ist von hohem

Nutzen, steigendem Pragmatismus und einer leicht weniger kritischen Einstellung

gegenüber den potenziellen gesundheitlichen Risiken geprägt. Dies ergab eine

repräsentative Umfrage des Forschungsinstituts gfs.bern im Auftrag des Forum der

Mobilkommunikation.

Das ForumMobil ist eine PR-Agentur der Mobilfunkbetreiber, dessen geschönte Zahlen wohl kaum ernst zu nehmen sind.   Vom ForumMobil beauftragte Forschungsinstitute schreiben natürlich zu Gunsten ihrer Auftraggeber, ansonsten sie von diesen nie mehr einen Auftrag erhalten.  Beispiele dazu gibt es massenweise aus jüngster Zeit.  Man denke nur an die völlig entgleiste Replikation der TNO-Studie der UNI/ETH Zürich von 2005/2006.   Man muss bloss das Forschungskonzept, das heisst die Fragestellung entsprechend anpassen, um zu den vom Auftraggeber gewünschten Zahlen zu kommen.

86 Prozent der SchweizerInnen über 16 Jahren besitzen ein Handy und für 79 Prozent steht der Nutzen der mobilen Kommunikation eindeutig im Vordergrund, auch wenn das Handy viel von seinem Nimbus als Statussymbol verloren hat und heute pragmatischer beurteilt und eingesetzt wird, als auch schon. Soziodemografische Unterschiede in der Handynutzung gibt es nur wenige: Berufstätige nutzen das Handy überdurchschnittlich häufig für Telefonie und Büroapplikationen, bei den unter 40-Jährigen finden sich überdurchschnittlich viele SMS-VerwenderInnen und bei der Gruppe der Wenig oder NichtnutzerInnen finden sich weniger die bewusst handykritischen Kreise, als eher die über 65-Jährigen, Erwerbslosen oder Befragte mit tiefem Einkommen.

Das ist eine typische Diskriminierung der Elektrosmog-Erkrankten.   Erwerbslos oder einkommensschwach werden viele, weil sie die elektromagnetischen Belastungen in ihrer beruflichen Umgebung nicht ertragen.   Hier liegt eine Verzerrung der Tatsachen, ganz nach dem Strickmuster des Forum Mobil, vor. Elektrosensibilität nimmt mit zunehmendem Alter stark zu.  Dazu haben wir exakte Zahlen aus der Schwarzenburger-Studie von 1995  (UNI Bern)

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Während 20-jährige bei hochfrequenten E-Feldstärken von 3V/m noch herrlich pennen, bekommen 32-jährige bereits bei 1V/m Schlafprobleme und 45-jährige schon bei 0.4V/m.

Bei 60-jährigen ist meistens schon bei 0.1V/m Schluss mit gesundem Schlaf und katastrophal wirken sich HF-E-Felder bei 70-jährigen aus. (Grenzwert für Mobilfunk = 5V/m)

Die Aufnahmen stammen von einem Feldversuch, wurden also nicht in einem von Orange gesponserten  Schlaflabor erhoben. Diese Grafik wurde indessen nie veröffentlicht, ist jedoch bereits 1996 über Umwege in die Hände von Gigaherz gelangt.  Man möge die schlechte Bildqualität entschuldigen (Faxkopie von 1996)

Die Befragten gehen zwar immer noch mehrheitlich, aber doch spürbar weniger davon aus, dass die Mobilfunktechnologie gesundheitliche Risiken birgt (55% gegenüber 66% im Jahr 2004). Auch die mobilfunkkritischste Gruppe hat einen pragmatischen Zugang zu Mobilfunk, betont einerseits die gesundheitlichen Risiken, ist aber auch von der Unverzichtbarkeit der Mobilfunktechnologie überzeugt.

Uns (Gigaherz) hat man dazu nicht befragt, wir sind immerhin die grösste mobilfunkkritische Organisation der Schweiz.   Auch hier zeigt sich: man muss nur die falschen Leute befragen, um zu gewünschten Resultaten zu kommen.   Prof. Olle Johansson aus Schweden sagt dem „Eisbärensuche in der Sahara“

Der Nutzen steht für 79% der Befragten gegenüber dem Risiko wieder so deutlich im Vordergrund, wie 2003 (76%).

Das Thema Mobilfunktechnologie brennt nicht (mehr) spürbar unter den Fingernägeln, nach wie vor wünscht aber eine Gruppe von besonders risikosensibilisierten Pragmatikern mehr Informationen über die gesundheitlichen Risiken.

Wenn dem so wäre (brennt nicht mehr so stark unter den Fingernägeln) könnte ich mir vielleicht nach Jahren wieder einmal Ferien gönnen.  Das geht aber nicht, weil die Anzahl der Einsprachen und Beschwerden gegen Mobilfunkantennen unverändert hoch  geblieben ist. Tendenz eher steigend. 

Mobilfunk und Kinder

Handys für Kinder unter 16 Jahren gelten nur für 36% der Befragten als sinnvoll. Dem steht aber die Tatsache gegenüber, dass ein Kind heutzutage mit 13.5 Jahren sein eigenes Handy bekommt und dadurch für die Eltern besser erreichbar ist. Offensichtlich überwiegt auch hier der erlebte Nutzen eines Kinderhandys die Risiken deutlich. Diese Einschätzung von „Nutzen vor Risiken“ trifft insbesondere auch für die medial immer mehr angesprochene Problematik rund um Gewalt/Pornographie auf Kinderhandys zu. Zwar halten die Befragten dies für ein eminentes Problem, setzen es aber (noch) nicht in eine entsprechende Handlungsanweisung um. Die Vermutung liegt nahe, dass dies aktuell vor allem aufgrund einer fehlenden Problematisierung im Alltag geschieht, was sich durch erhöhte mediale Aufmerksamkeit schnell korrigieren könnte.

Das Forum Mobil setzt sich neuerdings vehement gegen ein Verbot des Pornoversandes auf Handys ein und handelt sich dabei aus unserer Sicht das Image einer kriminellen Organisation ein.

Sonja Bietenhard, die Geschäftsführerin des ForumMobil dazu in der Berner Zeitung vom 6.6.07:  Wenn man Handypornos generell verbiete, nehme man den Erwachsenen eine Freiheit, ohne Kindern zu helfen und „Handys bieten Erwachsenen viel Privatsphäre, im Versteckten pornographische Inhalte zu konsumieren“  Dies dürfe man zwar in Frage stellen, aber nicht unter dem Thema Jugendschutz.   Aber, aber Frau Bietenhard!

Die Grenzwerte und Forderungen

Im Gegensatz zu gesundheitlichen Bedenken und Kritik an der Handynutzung durch Kinder, sind die Grenzwerte 2006 aus Sicht der Schweizer Bevölkerung weniger ein Thema als beispielsweise noch 2003 und 2004. Tendenziell am stärksten findet sich die Kritik an den Grenzwerten nach wie vor bei handykritischeren Gruppen rund um Ältere und Einkommensschwache.

Das ist völliger Schwachsinn.  75% aller Anfragen an Gigaherz, betreffend  Unterstützung gegen Baugesuche von Antennen – und hier geht es um Grenzwerte – stammen von unter 65-Jährigen.  Die grösste Zahl, ca 60%, stammt von jungen Müttern unter 35.

Die veränderte Einstellung gegenüber der Mobilfunktechnologie zeigt sich auch in den regulatorischen Ansprüchen der Schweizer Einwohnerschaft: Zwar finden sich gewichtige Mehrheiten rund um die Forderung, dass Anwohner bei Antennenbau-Projekten mitreden und Anbieter ihre Netze zusammenlegen sollen. Andererseits beobachten wir mit Ausnahme des Rufes nach strengeren Grenzwerten in allen untersuchten Forderungen eine Abnahme der Zustimmung, was einmal mehr unterstreicht, dass der risikodominierte Druck auf die Mobilfunktechnologie seit 2004 erkennbar abgenommen hat.

Der Berg an unerledigten Gerichtsfällen wächst kontinuierlich und  spricht da eine ganz andere Sprache.

Die Stellungnahmen der Mobilfunkanwälte zu Einsprachen und Baubeschwerden werden immer gehässiger, kürzer und hilfloser, was darauf schliessen lässt, dass ihnen je länger je mehr die Zeit fehlt, um sich mit neuen Argumenten auseinanderzusetzen oder sich weiterzubilden.  Besonders schwer tun sich die Mobilfunkanwälte mit dem sogenannten Qualitätssicherungssystem, welches wohl ein Ueberfahren der in den Baugesuchen deklarierten Sendeleistungen und Abstrahlwinkel verhindern soll, aber nicht kann.


 

Die Datenbasis

Die Ergebnisse der Befragung „Mobilfunkmonitor“ basieren auf einer repräsentativen Befragung von 1213 EinwohnerInnen (d 750, f 250, i 208) ab 16 Jahren aus der ganzen Schweiz, welche gfs.bern befragt hat. Die Befragung wurde zwischen dem 20.11. und 9.12.2006 durchgeführt. Die Vergleiche mit 2003/2004 stützen sich auf eine Stichprobe mit jeweils 1000 Stimmberechtigten und sind entsprechend nicht ganz identisch.

Diese Datenbasis ist völlig fragwürdig bis liederlich.  Wir (Gigaherz) vertreten über 500 Einsprechergruppen gegen Mobilfunkantennenen.  Das ist ein Potential von über 50’000 Personen.  Wenn gfs 1200 Leute befragt, sind das nicht einmal 2.5% im Vergleich zu den durch uns Betreuten.

Am Elektrosmog-Erkrankte werden öfters der Diskriminierung und der Lächerlichmachung ausgesetzt und geben einem gfs mit Sicherheit keine Auskünfte und einem Forum Mobil erst recht nicht.

Da haben die falschen Leute die falschen Leute befragt.   2 mal falsch gibt auch nicht richtig!

Von Hans-U. Jakob

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