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Erste UMTS-Antenne im Kanton Zug

Erste UMTS-Antenne im Kanton Zug / Brauerei Baar

Offener Brief von André Masson, Baar 7.3.2001

Sehr geehrte Damen und Herren Gemeinderäte,

In den höchsten Tönen wird im ZUGERBIETER (22.Feb.) vom Kanton her gelobt: „Wir garantieren dafür, dass die Grenzwerte … eingehalten werden“ (A. Rutishauser, Amt f. Umwelt-schutz). Genau diese Garantie ist nicht möglich! Weil neben dem juristischen Verfahren auch eine politische Dimension vorliegt (über 500 Menschen befürchten gesundheitliche Beein-trächtigungen), möchte ich Ihnen zeigen, wie sich die elektromagnetischen Wellen im besie-delten Gebiet verhalten. Unzählige Reflexionen an Mauern und Hügeln werden in den amtli-chen Rechnungen überhaupt nicht berücksichtigt. Die neue UMTS-Technik bringt es mit sich, dass (vermutlich) auch nicht mehr per Messung festgestellt werden kann, ob die Grenzwerte eingehalten werden oder nicht.

Die Gemeinde Baar wird eine Antenne bewilligen, bei der weder durch Rechnung noch durch Messung verifiziert werden kann, ob die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind oder nicht.

a)Berechnung der Feldstärke

Die elektromagnetischen Wellen werden vom Sender ausgestrahlt und erzeugen durch allerlei Reflexionen am Gelände und an Gebäuden ein wildes Chaos, das sich jeder Berechnung ent-zieht. Die beiliegenden Kurven zeigen, wie stark die Feldstärke von Ort zu Ort schwankt.

Bei der Antenne auf der Brauerei wurde durch die amtliche Normrechnung eine Feldstärke von 4.748 V/m prognostiziert. Das ist 95 % des maximal zulässigen Wertes von 5 V/m. Wenn der gerechnete Wert von 4.748 V/m in der Realität bloss um 6 % überschritten würde, wären die gesetzlichen Anforde-rungen nicht mehr erfüllt.

Nun werden in der amtlichen Normrechnung überhaupt keine Fehlergrenzen angegeben! Und dies geschieht ganz bewusst, denn die Fehler, Unsicherheiten und Schwankungen sind enorm gross. Aus den beiliegenden Kurven können Sie entnehmen, dass allein auf der Länge meines Bettes die Feldstärke des diAx-Senders in Zug (944.6 MHz) mehr als um einen Faktor 10 schwankt – von einer Genauigkeit von 5% kann überhaupt keine Rede sein!

Sie alle kennen die Satelliten-Schüsseln, mit denen die Mikrowellen gesammelt und verstärkt werden. Die amtliche Normrechnung unserer Mobilfunk-Hausdach-Antennen geschieht nun aber so, dass von jeder Reflexion abgesehen wird. Man würde also mit dieser Rechnung nur die Strahlung des Satelliten selber berücksichtigen, ohne jede Verstärkung durch den Spiegel. Sicher könnte niemand mehr die Programme empfangen, wenn es keine Verstärkung der Si-gnale durch die Reflexionen gäbe.

Die amtlichen Rechnungen sind grob und untauglich. Tauglich wären sie vielleicht schon, wenn man sich selber und anderen Leuten dauernd eingestehen würde, dass alles stark ver- einfacht ist. Wird aber von Amtes wegen der Eindruck erweckt, dass man rechnerisch alles im Griff habe, und dass man sogar garantieren könne, dass die Feldstärke den willkürlich festge-legten Grenzwert von 5 V/m nicht überschreitet, so wird es falsch und unwahr.

b)Messung der Feldstärke

Die UMTS-Technik ist völlig anders konzipiert als die bisherige GSM-Technik. Auch bei der UMTS-Technik wird es ohne weiteres möglich sein, mit einem Messgerät in ein Zimmer zu stehen und jederzeit die momentane Feldstärke abzulesen.

Der Haken dabei ist nur, dass die Verordnung diejenige Feldstärke begrenzt, die bei vollem Datenverkehr auftritt, d.h. wenn alle möglichen Kanäle mit Gesprächen besetzt sind, und wenn die Dach-Antenne jedes Handy mit der maximal möglichen Leistung bedient. Das wird rea-listischerweise gar nie der Fall sein. Irgendwelche Gespräche werden sicher aus direkter Nachbarschaft geführt werden, so dass die Hausdachantenne mit geringer Leistung ab-strahlt.

Eine Messung der Feldstärke zu einem bestimmten Zeitpunkt sagt also nichts darüber aus, ob die NISV erfüllt wird oder nicht! Wahrscheinlich geht es nicht einmal dann, wenn die Betrei-berfirma nachträglich eruiert, wie viele Telefongespräche es zu dieser Zeit gab, da die Sende-leistung laufend und für jedes einzelne Gespräch angepasst wird. Eine sinnvolle Messung wäre nur dann möglich, wenn der Sender dafür vorgesehen wäre, zu Testzwecken kurzfristig alle Frequenzen mit voller Leistung abzustrahlen. Davon war noch nie die Rede. Auch wird man abhängig vom Grad der Kooperationswilligkeit der Betreiberfirma…

Bei der bisherigen GSM-Technik werden dauernd einzelne Kontrollfrequenzen mit voller Leistung abgestrahlt. Durch Messung der Feldstärken dieser sog. BCCH-Frequenzen lässt sich rechnerisch bestimmen, wie gross die Feldstärke wäre, wenn einmal alle Kanäle besetzt wä-ren (sofern man die Anzahl Sendefrequenzen kennt, sofern man die frequenzselektive Mes-sung dreidimensional ausführt, sofern…..?? Gerne würde ich einmal so eine Rechnung unter die Lupe nehmen!). Leider geht das bei UMTS alles nicht mehr. Auf der EMC-Messe der ETH (20.-22.2.01) habe ich niemanden gefunden, der mir sagen konnte, wie eine sinnvolle UMTS-Messung aussehen müsste! Sorry, wenn es etwas technisch geworden ist, aber verein-fachende Sprüche wie „wir garantieren die Einhaltung…“ rufen geradezu nach einer differen-zierenden Betrachtungsweise.

Gerne lasse ich mich von jemandem darüber belehren, wie per Messung entschieden werden kann, ob eine UMTS-Antenne die gesetzlichen Anforderungen der NISV erfüllt oder nicht. Ich denke, heute kann das tatsächlich niemand. Aber heute schon muss die Baubewilligung erteilt oder abgewiesen werden… Ich hoffe, Sie werden erst dann eine Baubewilligung ertei-len, wenn von Bund oder Kanton her klar gezeigt wird, wie bewiesen werden soll, ob die neue UMTS-Anlage die NISV erfüllt oder nicht! Alles andere wäre unverantwortlich.

Anschliessend folgen einige Bilder, wie sich die Intensität der Strahlung auf kurzen Distanzen ändert infolge von Reflexionen. Diese Diagramme mögen den Eindruck hinterlassen, dass die Wellen eher aussehen wie der Zugersee bei tosenden Föhnsturm, und nicht wie schön regelmäs-sige und berechenbare liebliche Wellen auf sonst glatter Seeoberfläche.

Mit freundlichen Grüssen,

A. Masson

Messung der Feldstärke eines diAx-Senders an verschiedenen Orten

In den folgenden Diagrammen wurde die Feldstärke einer einzelnen Frequenz gemessen. Ein Spektrum Analyzer empfängt laufend das Signal des Senders und speichert es ab. Die Zeit für einen Durchlauf (d.h. für ein Bild) beträgt 13 Sekunden. In dieser Zeit kann man sich im Zimmer verschieben und erhält so ein Mass dafür, wie unterschiedlich die Feldstärke im Zimmer ver-teilt ist.

Nach rechts (horizontal) verläuft die Zeit, resp. die gewandelte Strecke.
Nach oben ist die Signalstärke aufgetragen – in logarithmischem Massstab: .
10 dB mehr entsprechen einer Feldstärke, die Faktor 3.1 höher ist. Einheit: V/m.
20 dB mehr entsprechen einer Feldstärke, die Faktor 10 höher ist. .
30 dB mehr entsprechen einer Feldstärke, die Faktor 31 höher ist. .
40 dB mehr entsprechen einer Feldstärke, die Faktor 100 höher ist.

10 dB mehr entsprechen einer Leistung, die Faktor 10 höher ist. Einheit: Watt / m2. .
20 dB mehr entsprechen einer Leistung, die Faktor 100 höher ist. .
30 dB mehr entsprechen einer Leistung, die Faktor 1000 höher ist. .
40 dB mehr entsprechen einer Leistung, die Faktor 10’000 höher ist.

Bei der gesetzlichen Regelung wird immer von der Feldstärke gesprochen. Die Leistung würde viel steiler ansteigen (quadratisch mit der Feldstärke). .
Alle Messungen erfolgten mit einfacher Stabantenne, also nur eindimensional. Die anderen Raumrich-tungen kämen noch hinzu. Geeicht ist das Gerät nicht, eine Ablesung in V/m ist nicht möglich. Alle Messungen liegen sicher deutlich unter den Grenzwerten. Beste, grobe Schät-zung, die ich wage: 50 dB ent-sprechen vielleicht 0.05 V/m (unsicher!)

Bild 1:

umtsbild1.jpg

Feldstärke in meiner Wohnung im 3. Stock in Baar. Während des Empfanges verschob ich mich um knapp 15 Meter, auf gerader Strecke vom Badezimmer durch den Eingangsraum ins Wohnzimmer, weiter ins Büro. Es handelt sich um die Frequenz 944.6 Mhz des diAx-Senders in Zug, 2.3 km von meiner Wohnung weg. Es sind keine Erhöhungen zu sehen, wenn ich an einem Fenster vorbeikomme (4 Fenster auf dieser Strecke). Wird ein zweites Mal dieselbe Strecke gewandelt, sind die Kurven eini-germassen ähnlich (nicht genau dieselbe Spur mög-lich, nicht genau dieselben Geschwindigkeiten)

Bild 2:

umtsbild2.jpg

Feldstärke auf der Länge meines Bettes, ca. 30 cm oberhalb der Matratze. Ebenfalls 944.6 Mhz, Entfernung des Senders 2.3 km. Wo liegt der Kopf, wo das Herz ? Wie kann mit einer einzigen Zahl diesen komplizierten Verhältnissen Rechnung getragen werden ?

Bild 3:

umtsbild3.jpg

Hier liegt das Gerät ruhig auf dem Tisch. Ich schalte die Registrierung per Knopf-druck ein, entferne mich langsam vom Tisch (ca. 2 m, schräg vom Sender weg), und nähere mich wieder, mög-lichst auf demselben Weg. Dabei verän-dere ich gewisse Reflexio-nen: naheliegend ist, dass ich sie absorbiere, verschlucke. Denkbar ist auch, dass ich im Strahlungsfeld selber als Sender oder als Reflektor wirke.

Bild 4:

umtsbild4.jpg

Das Gerät liegt bewegungslos neben dem Fenster im schwach besetzten SBB-Wagen, der Zug steht abfahrbereit im Bahnhof Zürich. Zum Glück gibt es keine Zugsbewegungen auf den Nachbargeleisen. Ich selber bleibe atemlos, keine Handbewegung… so bleibt die Kurve schön konstant. Frequenz: 944.2 Mhz, diAx, Standort des Senders unbekannt (Strahlung nimmt ausserhalb Bahnhof eher zu).

Bild 5:

umtsbild5.jpg

Der Zug fährt ab; nach etwa 5 Sekunden Verzögerung die ersten 13 Sekunden, alles noch unter dem Perrondach. Mehrmals wurde verifiziert, dass z.B. im Tunnel drin die Strahlung auf unmessbar kleine Werte absinkt, d.h. nicht etwa teilweise im Gerät drin selber hergestellt wird!

Von Hans-U. Jakob

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