News

Bundesrat verabschiedet Bericht zu Gesundheitsschutz vor nichtionisierender Strahlung

Bundesrat verabschiedet Bericht zu Gesundheitsschutz vor nichtionisierender Strahlung

Bern, 24.05.2006 (EDI) – Der Bundesrat hat einen Bericht zum Gesundheitsschutz vor nichtionisierender Strahlung in der Schweiz verabschiedet. Der Bericht erläutert und analysiert die Situation in der Schweiz und international und empfiehlt Verbesserungsmassnahmen. Die Empfehlungen werden vorerst durch grösseres internationales Engagement sowie verstärkte Information und Koordination umgesetzt. Federführend für die Herausgabe dieses Papiers ist das Bundesamt für Gesundheit, Frau Mirjana Moser, deren Adresse auch für Rückfragen angegeben wurde.

Ein Kommentar von Evi Gaigg, 3.7.06

Einmal mehr wird am zentralen Punkt vorbeigeredet
Im Dokument werden eine Reihe von Quellen nichtionisierender Strahlung aufgezählt. Wer diese 25 Seiten liest, kommt nicht um die Feststellung herum, dass dort empfohlen wird, wo es ganz leicht geht (z.B. Kinder sollen nicht ins Solarium), aber einmal mehr, wird am zentralen Problem der elektromagnetischen Strahlung von Handys und Antennen und deren Auswirkungen auf die Gesundheit der betroffenen Bevölkerung elegant vorbeigeredet.

Unter Punkt 2.3 zu den gesundheitlichen Auswirkungen elektromagnetischer Felder wird zwar zugegeben, dass es zu akuten Schädigungen durch niederfrequente EMF kommen kann. Jedoch seien bei hochfrequenten schwachen elektromagnetischen Feldern mit niedrigen Dosen die Veränderungen im Körper so klein, dass sie zu keinen unmittelbaren Auswirkungen auf die Gesundheit führen, wobei akute und schädigende Auswirkungen bei alltäglichen Anwendungen nicht vorkommen können.

Man beachte dabei das Wort „akut“, was ja besagt: Schädigung, bzw. Tod innerhalb kürzester Zeit. Was unter längerfristigen Wirkungen geschieht, bleibt ungesagt.

Hier einige Zitate aus dem Originaltext (und Evis Kommentare dazu in rot):
„In vielen Studien wurde beispielsweise ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Kinderleukämie und Magnetfeldern der Stromversorgung festgestellt. Weil dabei aber die grundlegenden Wirkungsmechanismen unklar sind, wurden diese Felder von der International Agency for Research on Cancer (IARC) nicht als „sicher“ oder „wahrscheinlich kanzerogen“, sondern nur als „möglicherweise kanzerogen“ klassiert.

Weil es sich nur um nicht sichere, sondern nur um möglicherweise kanzerogene Felder handelt, müssen wir nicht vorsorgen, sondern dürfen abwarten, was weiter passieren wird.

„Festgestellt wurde auch, dass hochfrequente EMF von Mobiltelefonen schwache Veränderungen der Hirnaktivität verursachen können. Unklar ist aber, ob und inwieweit diese Veränderungen die Gesundheit beeinflussen.“

Während bei Medikamenten unter solchen Umständen die Alarmglocken längst klingeln, lässt man es hier bei Vermutungen.

„Gegenwärtig lässt sich kein Zusammenhang zwischen einer häufigen Benutzung des Mobiltelefons und dem Auftreten von Hirntumoren herstellen, und auch der Einfluss der Strahlung von Mobilfunkantennen auf die Befindlichkeit von Anwohnerinnen und Anwohnern (Schlafstörungen, Kopfweh und andere unspezifische Symptome) ist wissenschaftlich nicht nachgewiesen, allerdings bisher auch kaum untersucht.“

Hier handelt es sich um eine faustdicke Lüge und zudem um sträfliche Ignoranz. Wenn man sich an zuständiger Stelle endlich anhand der mittlerweile reichhaltigen Literatur und der vorhandenen alarmierenden Ergebnisse namhafter Studien kundig machen würde (sie wenigstens lesen würde) käme man nicht zu der merkwürdigen Aussage, die Zusammenhänge seien nicht wissenschaftlich nachgewiesen und kaum untersucht.

„Offen sind weiterhin Fragen bezüglich einer postulierten Elektrosensibilität bestimmter Personen (gesundheitliche Beeinträchtigungen, die von den Betroffenen auf den Einfluss von EMF zurückgeführt werden) sowie zu einer allfälligen besonderen Empfindlichkeit von Kindern.“

Wenn das BAG und dort wiederum Frau Mirjana Moser, anstatt Bücklinge vor der Industrie zu machen, die zahlreichen Erfahrungsberichte sammeln und sie lesen würde, wäre so eine merkwürdige Beurteilung nicht in dieses Papier gelangt.

Unter 2.3 über gesundheitliche Auswirkungen wird einmal mehr die ICNIRP zitiert und man findet u.a. „Für die Schweiz sind die ICNIRP und die WHO die wichtigen Partner im Bereich der NIS.“

Man will der Öffentlichkeit nach wie vor weismachen, diese beiden Organisationen seien glaubwürdig. Das Gegenteil ist der Fall, denn nirgends herrscht so viel Korruption und einseitige Parteinahme für die Industrie als ausgerechnet dort.

Unter Punkt 4.1 Umweltschutz taucht nochmals der Begriff akute Gefährdung auf.
„Für die allgemeine Bevölkerung sind für den ganzen genannten Frequenzbereich Immissionsgrenzwerte für räumlich ausgedehnte Expositionen durch EMF festgelegt worden, ungeachtet von deren Herkunft. Sie entsprechen den Empfehlungen der ICNIRP und sollen den Schutz des Menschen vor wissenschaftlich gesicherten, akuten schädlichen Einwirkungen sicherstellen. Die Immissionsgrenzwerte müssen überall dort eingehalten werden, wo sich Menschen – auch nur kurzfristig – aufhalten können. Sie gelten jedoch nur für Strahlung, die gleichmässig auf den ganzen menschlichen Körper einwirkt (Ganzkörperexpositionen).Soweit es um konkrete emissionsbegrenzende Massnahmen und Zuständigkeiten geht, werden nur ortsfeste Anlagen erfasst (z.B. Hochspannungsleitungen, Fahrleitungen von Eisen- und Strassenbahnen, Sendeanlagen für Mobilfunk, drahtlose Teilnehmeranschlüsse oder Rundfunk).“

Wer nicht innerhalb von 10 Minuten tot vom Stuhl fällt, ist nicht akut gefährdet. Die Langzeitgefährung wird gar nicht angesprochen. Typisch dafür war ja auch die Züricher UMTS-Studie, die mit Absicht nur die Kurzzeitwirkungen untersucht hat.

Ein Vorsorgeprinzip, das keines ist, wird so definiert:
„In Konkretisierung des Vorsorgeprinzips wurden zusätzlich so genannte Anlagegrenzwerte eingeführt, die strenger als die Immissionsgrenzwerte sind und sich an den technischen und betrieblichen Möglichkeiten zur Verringerung der Strahlung sowie deren wirtschaftlicher Tragbarkeit orientieren. Sie liegen um die Faktoren 10 bis 300 unterhalb der Immissionsgrenzwerte und gelten an Orten mit empfindlicher Nutzung (z.B. Wohnungen, Büros).“

Man beachte dazu, dass sich auch dieses Vorsorgeprinzip nur nach den technischen und betrieblichen Möglichkeiten und der wirtschaftlichen Tragbarkeit orientiert. Andersherum ausgedrückt: Wenn die Betreibergesellschaften höhere Werte brauchen, um einen Handyempfang bis ins 5. Untergeschoss zu ermöglichen, ist das ganze Vorsorgeprinzip Makulatur.

Und nun noch das Eigenlob.

„Insgesamt betrachtet ist das umweltrechtliche Regelwerk mit Bezug auf NIS klar und im Vergleich mit anderen Ländern recht streng. Insbesondere der Anlagegrenzwert, der im Sinne der Vorsorge dem Vorbeugen von unbekannten Risiken dient, ist im internationalen Vergleich eine Ausnahme. Die Ausgestaltung der Vorsorge in diesem Bereich ist in der Schweiz grundsätzlich als vorbildlich zu betrachten.“

So klopft man sich beim Bund, bei den Bundesämtern, gegenseitig auf die Schultern und verbreitet hartnäckig weiterhin die wohlbekannte Grenzwertlüge.

Schwammiges Fazit:
„Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) und das Bundesamt für Umwelt (BAFU) haben zudem den Auftrag, beim Bundesrat eine Anpassung der Immissionsgrenzwerte der NISV zu beantragen, falls neue wissenschaftliche Kenntnisse über gesundheitliche Auswirkungen dies erfordern (Interpellation Saudan 04.3291: Mobile Funkantennen. Anwendung der NISV).“

Die reichlich vorhandenen wissenschaftlichen Kenntnisse werden kontinuierlich nicht berücksichtigt, um nicht handeln zu müssen.

„Gleiches gilt für die Anlagegrenzwerte, wenn der technische Fortschritt emissionsärmere Technologien betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar erscheinen lässt.“

Im Klartext: Wenn Neuentwicklungen für solche Technologien Geld kosten, so sind sie betrieblich nicht möglich und wirtschaftlich nicht tragbar, also lässt man alles, so, wie es ist.

„Es besteht zurzeit kein unmittelbarer Anlass, diese Grenzwerte zu revidieren oder zusätzliche Massnahmen zu ergreifen. Aufgrund der immer noch bestehenden Unsicherheit über die Risiken von NIS ist weitere Forschung und die Auswertung der bestehenden Erkenntnisse allerdings sehr wichtig, um die Immissionsgrenzwerte anzupassen, sollte sich herausstellen, dass das bestehende Schutzniveau ungenügend ist.“

Obwohl eine grosse Unsicherheit über die Risiken besteht, gibt es offensichtlich keinen Anlass zum Handeln (Senken der Grenzwerte). Dazu die Wiederholung der Aussage, ähnlich einer Schallplatte mit Sprung: Es braucht noch mehr Forschung. – Aber die Forschung darf ja nichts ergeben, was ein Handeln nötig macht! (siehe UMTS-Studie)

Rückfragen bei Mirjana Moser BAG kann Gigaherz allen Erfahrungen nach nur denjenigen empfehlen, denen die Zeit dafür nicht zu schade ist und die sich nicht über die stets von ihr wiederholten Aussagen und über ihre geradezu eklatante Unwissenheit und die mangelnde Bereitschaft, sich Wissen durch die Lektüre vorhandener reichhaltiger Fachliteratur anzueignen, ärgern.

Und das meint der Webmaster: Der Bundesrat hätte wahrscheinlich besser gleich Frau Moser verabschiedet als nur deren Bericht.

Von Hans-U. Jakob

Kommentare sind ausgeschaltet