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Vollzug einer Volksintiative wird 30 Jahre lang verhindert

Vollzug einer Volksintiativ wird 30 Jahre lang verhindert

Schwerverkehr auf die Schiene, sagte das Volk 1994. Das Bundesamt für Verkehr verschiebt jetzt das Ziel um 30 Jahre auf 2023. So oder ähnlich dürfte es jeder Volksinitiative im Mobilfunk-Bereich ergehen.
Spätestens jetzt sollte dem letzten Träumer aufgegangen sein, wieviel das Volk in diesem Land zum Umweltschutz noch zu sagen hat. Nämlich gar nichts mehr.

Hans-U. Jakob, 26.7.05

Zitat aus der Zeitschrift ECHO des Vereins zum Schutz des Alpengebietes vor dem Transitverkehr:
1994 hat das Volk der Alpen-Initiative zugestimmt und beschlossen, dass der alpenquerende
Transitgüterverkehr innerhalb von zehn Jahren auf die Schiene verlagert werden muss. Dann passierte lange Zeit nichts. Erst, als die Umweltorganisationen 1999 mit derAblehnung der bilateralen Abkommen I drohten, beschloss das Parlament, endlich ein provisorisches
Verkehrsverlagerungsgesetz und verschob dabei den Verlagerungssterrnin auf 2009.

Und jetzt will das Bundesamt für Verkehr (BAV) neuerdings die Erreichung des Verlagerungszieles auf 2018 oder gar 2023verschieben.
Die Verlagerungsinstrumente seien ungenügend – als ob dies die Alpen-Initiative
nicht schon seit Jahren gesagt hätte. Allen voran will BAV-Direktor Max Friedli die
Schweiz zum Musterknaben machen, der die lastwagenfreundlichen europäischen
Verkehrsregeln genauer einhält, als die EU-Mitgliedländer selber. Und es ist zu
befürchten, dass auch Verkehrsminister Moritz Leuenberger den BAV-Streich
unterstützt und das geplante Güterverkehrsgesetz (ohne Vorschläge für neue
Massnahmen!) in die Vernehmlassung schickt. Ende Zitat

Die Mobilfunkbetreiber hätten sich einen Riss ins Bauchfell gelacht
Das Beispiel Alpeninitiative zeigt eindrücklich, wie schade es um unsere Zeit, unser Geld und unsere Nerven gewesen wäre, hätten wir von Gigaherz uns vor 3 Jahren für ein Engagement bei der eidgenössische Volksintiative für ein Moratorium beim Bau von Mobilfunkantennen entschlossen. 30 Jahre, bis ein vom Volk beschlossenes Gesetz und die dazugehörenden Vollzugsbestimmungen alle parlamentarischen und administrativen Hürden genommen hätte.
Bis zu diesem Zeitpunkt wäre wohl schon die 5. Generation Mobilfunkantennen gestanden und die Betreiber hätten sich einen Riss ins Bauchfell gelacht, wie wir unsere personellen und finanziellen Recourcen buchstäblich verheizt und zerschlissen hätten.

Neben diesen 30 Jahren machen sich die Prognosen des Präsidenten von Gigaherz geradezu lächerlich, welche auf 7 Jahre gelautet hatten, bis eine Bremse im Antennenbau langsam zu greifen beginnen würde.

Selbst, wenn diese geradezu kühne Prognose von 7 Jahren realisierbar gewesen wäre, wären dem wirtschaftsfreundlichen und mobilfunkverrückten Parlament und dem Bundesrat noch ein Dutzend anderer Wege offengestanden, um den Volkswillen zu verhindern.

Das Schlussinterview mit dem abtretenden Buwal-Direktor, Philippe Roch, in der Berner zeitung vom 23.7.05, sagt genug aus über die von den Industrielobbys ausgeübten Praktiken

Journalist:
Das Parlament verschonte das Buwal in den vergangenen Jahren nicht. lm Gegenteil: Bei
den Sparrunden musste es fast durchwegs mehr Federn lassen als alle anderen Bundesämter.

Philippe Roch:
Das Parlament bestraft uns nicht, weil wir schlecht arbeiten, sondern weil wir gut arbeiten.
Das Buwal tut aber letztlich nichts anderes, als die Gesetze konsequent anzuwenden, welche
das Parlament beschlossen hat. Heute herrscht in der Politik eine Mentalität, in der alle nach mehr wirtschaftlicher Freiheit verlangen. Dabei stört das Buwal mit dem Schutz der Natur.

Kommentar Gigaherz:
Ach, so läuft das! Wenn das Parlament unter dem Druck des Volkes ein Gesetz beschlossen und der Bundesrat die entsprechenden Verordnungen erlassen hat, werden den Bundesämtern von den Wirtschaftsvertretern im Parlament einfach die Mittel entzogen, um deren Anwendung und Vollzug zu verhindern. Wirklich eine famose Demokratie lassen wir uns da vorgaukeln!

Journalist:
Sie standen in Ihrer 11-jährigen Amtszeit oft unter schwerem Beschuss. So zum Beispiel bei
der Debatte bei der Emission von Mobilfunkantennen und bei Feldversuchen mit gentechnisch
veränderten Pflanzen. Dennoch konnten Sie Erfolge verbuchen und in beiden Bereichen strenge Vorschriften durchsetzen.

Philippe Roche:
Weil das Buwal die ersten Freisetzungsversuche der ETH stoppte, wurde die Öffentlichkeit sensibilisiert. Die darauf folgende politische Debatte dauerte vier Jahre. Das Resultat
ist ein strenges Gesetz. Es ist weltweit eines der besten Gesetze. Ich schliesse dennoch
nicht aus, dass wir in Zukunft mit der Gentechnologie einige Überraschungen erleben werden
und dass sie mehr Monster herstellt, als Gutes zu tun.
Auch bei den Mobilfunkantennen konnten wir trotz aggressiver Lobby strengere Normen als
das Ausland einführen.

Kommentar Gigaherz:
Unglaublich, was Philippe Roch da von den Mobilfunkgrenzwerten von sich gibt. Ist er so naiv, oder tut er nur so, um das Gesicht zu wahren? Den Schwindel mit den schönen Schweizer Mobilfunkgrenzwerten pfeifen doch in ganz Europa schon die Spatzen von den Dächern. Strahlungswerte, die sich infolge von Gebäudedämpfung und Abweichung aus der Senderichtung völlig automatisch ergeben, dem Volk noch als strengste Grenzwerte Europas verkaufen zu wollen, das braucht wahrhaft gute Nerven, Monsieur Roch oder eine fast unglaubliche Naivität. Wir, von Gigaherz, glauben unterdessen, dass Sie diese Naivität nur spielen, um nicht zugeben zu müssen, dass Sie von der Telekommunikationsindustrie schamlos belogen und betrogen worden sind.
Ende der Interview-Auszüge

Dafür scheint die Gigaherz-Strategie jetzt Früchte zu tragen.
Die unermüdliche Aufklärungsarbeit, sei es auf unserer Internetseite mit bisher 4 Millionen Zugriffen oder mit Broschüren und Faktenblättern an Entscheidungsträger bei Behörden und Politikern und nicht zuletzt mit über 400 Vorträgen anlässlich von Informationsabenden, scheint nach jahrelanger harter Arbeit jetzt Früchte zu tragen.
Immer mehr Gemeinden lehnen Antennenbaugesuche mit Hilfe des Ortbilds- oder des Landschaftsbildschutzes erfolgreich ab oder finden in ihren Baureglementen oder den kantonalen Baugesetzen entsprechende Paragraphen, mit welchen sie sich der unersättlichen Gier der Mobilfunker entgegenstellen können. Zum Beispiel mit der Errichtung sogenannter Planungszonen.

Und es gibt immer mehr Gemeinden, zur Zeit sind es in der Schweiz über 20, die sich standhaft weigern, weitere Antennenbaugesuche überhaupt entgegen zu nehmen, geschweige denn zu behandeln.
Es sei Blödsinn, dass der Bund 5 Millionen in Forschungsprojekte investiere, um herauszufinden ob Mobilfunkstrahlung gesundheitsschädigend sei und gleichzeitig munter weitere Antennen zu bewilligen, sagen sie.
Ein wahrer Volksaufstand zeichnet sich rund um den Zürichsee ab, wo insgesamt 13 ad hoc gebildeter Interessengemeinschaft 29 Gemeinden erfolgreich bearbeiten. 2 davon haben bereits definitv ein Antennenmoratorium beschlossen.
Einen mustergültigen Ablehnungstext liefert die Zürcher Gemeinde Hedingen und stellt diesen erst noch andern moratoriumswilligen Gemeinden im Internet zur Verfügung.
Siehe auch unter:
Gemeinden verfügen Antennenmoratorium (Nachahmenswertes unter Recht oder Unrecht)

Immer mehr Gemeindefunktionäre berufen sich auf ihre Kantonsverfassung, auf welche sie ihren Amtseid abgelegt haben, und welche sie verpflichtet, vorort für den Schutz des Menschen und der Natur zu sorgen, ungeachtet dessen, was Lobbyisten und von diesen unterlaufene oder erpresste Bundesämter im fernen Bern beschliessen. Hut ab vor diesen mutigen Leuten, die sich dem Zorn ihrer gut von der Industrie mit lukrativen Verwaltungsratsmandaten* bedachten Vorgesetzen in den Regierungsräten der Kantone sicher sein können.

* Diese bringen im Schnitt so um die Fr. 100’000 für je 2 Sitzungen pro Jahr. Wahrlich kein schlechter Nebenverdienst.

Und was wollen die kantonalen Verwaltungsgerichte mit all ihren „unbotmässigen“ Gemeinden anfangen? Etwa Massenverurteilungen vornehmen? Passt bloss auf, liebe Verwaltungsrichter und besinnt euch, wer euch wieder wählen muss!
Es ist nicht sicher, dass euch dann Swisscom, Sunrise, Orange und Konsorten einen so lukrativen Ersatzjob bieten.

Von Hans-U. Jakob

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