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Thalwil informiert

Thalwil informiert

Information der Bevölkerung durch die Baukommission Thalwil
im „Thalwiler“ vom 27.4.04

Zwingende Anwendung der NIS-Verordnung

Mobilfunkantennenanlagen auf SBB-Gelände.
Die geplante Neuerstellung von 2 Mobilfunkantennenanlagen mit UMTS auf SBB Gelände (beim Tunnelportal bei der Langrütistr. und bei der Gleisüberwerfung bei der Eisenbahnstr.) stösst bei vielen Anwohnern auf Ablehnung und Skepsis. Auch fühlen sich etliche Personen bereits durch die Lärmimmissionen des Eisenbahnverkehrs gestört oder hatten wegen der erst kürzlich abgeschlossenen Bauarbeiten zur Erstellung des Doppelspurtunnels länger dauernde Immissionen zu ertragen. Die Baukommission hat für diese Verunsicherungen und Verärgerungen Verständnis, umso mehr als die Vorgehensweise von SBB und Swisscom Befremden ausgelöst hat. Die Aussteckung und Eingabe der Baugesuche ist nämlich ohne die sonst übliche vorherige Information und Kontaktaufnahme mit der Behörde erfolgt.

Die zwei Baugesuche wurden am 1.4.04 im „Thalwiler“ und am 2.4. 04 im kantonalen Amtsblatt publiziert. Zugleich wurden sie dem Kanton zur Stellungnahme zugestellt, welcher die Einhaltung der Grenzwerte gemäss der NISV über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung vom 23. 12.99 überprüft. Es ist Aufgabe des Bundes abzuklären, inwieweit die durch Mobilfunkantennenanlagen erzeugte Strahlung gesundheitsschädlich ist; seine Risikobeurteilung wiederspiegelt sich in der NISV, welche sich wiederum auf das eidgenössische Umweltschutzgesetz abstützt und welche durch die Gemeinden bei der Beurteilung von Baugesuchen zwingend angewendet werden muss.

Bei Mobilfunkanlagen sind gemäss NISV zwei Grenzwerte einzuhalten: Einerseits der Immissionsgrenzwert (an allen zugänglichen Orten) und andererseits der Anlagegrenzwert (an allen Orten mit empfindlicher Nutzung). Bei den Immissionsgrenzwerten der NISV handelt es sich um die von der internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) im April 98 publizierten Grenzwerte für die (allgemeine) Bevölkerung. Die Anlagegrenzwerte der schweizerischen . NISV sind rund zehn mal strenger als die obgenannten und gelten insbesondere für Wohn-, Schulräume, Arbeits- und Kinderspielplätze.

Im Rahmen eines Baugesuches ist auf Grund der Emissionserklärung in einem Standortdatenblatt (detailliertes Verfahren) des Bundesamtes BUWAL nachzuweisen, dass sowohl der Emissionsgrenzwert überall, wo sich Menschen aufhalten können, wie auch der rund 10x strengere Anlagegrenzwert an allen Orten mit empfindlicher Nutzung eingehalten werden.

In diesem Sinne prüft die Gemeinde Thalwil jedes Baugesuch einzeln auf die Einhaltung der Grenzwerte gemäss NISV. Das Bundesgericht hat im Übrigen bestätigt, dass die NISV die vorsorgliche Emissionsbegrenzung abschliessend regelt und die rechtsanwendenden Behörden im Einzelfall nicht eine weitergehende Begrenzung verlangen können. (vgl. BGE 1A.10/2001/sta vom 8.4.02)
Nach der Einhaltung der Grenzwerte gemäss NISV prüft die Baukommission ferner auch die Zonenkonformität, sowie die ortsbauliche Einordnung einer Mobilfunkantennenanlage in die Umgebung.
Die Beurteilung der zwei vermerkten Baugesuche durch die Baukommission ist noch offen und wird voraussichtlich im Mai erfolgen.

Baukommission Thalwil

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Replik des Vereins ISBM

Die Interessengemeinschaft zum Schutz der Bevölkerung vor Mobilfunkantennen, Thalwil schreibt am 29.4.04 an Gemeinderat und Baukommission:

Zwingende Anwendung der NIS-Verordnung?

Die Schweizer Grenzwertlüge wird durch Wiederholung nicht wahrer.
Man könnte es als Fortschritt bezeichnen, dass die Thalwiler Baukommission für die Verärgerung und Verunsicherung der Anwohner wegen der neu zu erstellenden Mobilfunkantenne mit UMTS(!) auf dem SBB-Gelände Verständnis bekundet und ihren Unmut äussert, weil sie bei der Eingabe und Profilierung von Swisscom schlicht übergangen wurde. Aber weiter als bis zu dieser Unmutsäusserung hat die Courage der Baukommission leider nicht mehr gereicht. Dabei könnte sie endlich ein Zeichen setzen, könnte dem Beispiel vieler anderer Gemeindebehörden folgen, die zum Gesundheitsschutz ihrer Bevölkerung Antennenprojekte abgelehnt haben. Aber die Thalwiler Behörden verschanzen sich nach bewährtem Muster einmal mehr hinter der zwingenden Ausführung der NIS-Vorschrift des Bundes und hinter dem Umweltschutzgesetz und wiederholen mit Beharrlichkeit die Grenzwertlüge mit den angeblich 10x besseren Schweizer Grenz- und Anlagewerten.

siehe unter
Schweizer Vorsorgewerte sind und bleiben ein Riesenschwindel (unter Recht oder Unrecht)

Den unbequemen Weg scheuen
Dieses gebetsmühlenartige Zitieren wider besseres Wissen ist allemal bequemer, als eigenes couragiertes Handeln. Denn was es mit den angeblich so sicheren Schweizer Grenz- und Anlagewerten wirklich auf sich hat, wurde den Thalwiler Behörden mittlerweile sowohl mündlich und schriftlich mehrmals klar erläutert. Aber es besteht offenbar gar kein Bedürfnis, diesen Schwindel zur Kenntnis zu nehmen, geschweige denn die entsprechenden Schlüsse daraus zu ziehen und verantwortungsbewusst zu handeln. Um wieviel einfacher, die Verantwortung auf den Bund und die Bundesbehörden abzuschieben – und auf das Bundesgericht!

Ein Ping-Pong-Spiel
Wie die Thalwiler Behörden selbst zitieren, urteilt das Bundesgericht nach den Buchstaben des vom Bund erlassenen Gesetzes und der NIS-Verordnung, während der Bundesrat darauf hinweist, dass das Bundesgericht dasselbe in umgekehrter Weise tut, nämlich sich an die Verordnung des Bundes zu halten. So schieben sich Bundesrat und Bundesgericht in schöner Eintracht gegenseitig die Schnecken in den Sack. Soviel hat der Leser des Berichtes im Thalwiler vom 27. 4. verstanden: auf dem Rücken der betroffenen Bürger wird ein Ping-Pong-Match ausgetragen, bei dem sich die Gemeindebehörde wohlweislich heraushält. Den Betroffenen steht kein Recht zu, das Recht hat die Industrie – und die weiss das.

Druck von unten her ist nötig
Das Bundesgericht wird aber mittlerweile von Beschwerden Mobilfunk-Betroffener so überschwemmt, dass es beginnt, die Geduld zu verlieren und ihm Änderungen der bisherigen Praxis durch den Bund mehr als willkommen wären. Eine Gemeinde hat allemal aus den Steuereinnahmen ihrer Bürger so viel finanzielle Mittel, um von sich aus eine Klage beim Bundesgericht durchzufechten und damit wirksamen Druck von unten her zu machen. Das wäre ein tapferer Schritt, ein Zeichen von Solidarität mit Betroffenen, statt nach Velofahrermanier nach oben zu buckeln und nach unten zu treten.

Wielange noch?
Ja, wie lange werden sich die Menschen diese Behandlung noch gefallen lassen? Wer nichts mehr zu verlieren hat, als seine Gesundheit und sein Leben, wird möglichweise eines Tages zur Selbsthilfe greifen, Beispiele aus der Vergangenheit gibt es schon. Die Lunte brennt jedenfalls. Und das ist gefährlich.

Von Hans-U. Jakob

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