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Telefonieren bis es kracht

Telefonieren, bis es kra(nk ma)cht

Das Publikationsorgan der Migros „Brückenbauer“ veröffentlichte am 8. Juli 03 einen Beitrag unter dem Titel: „Telefonieren, bis es kracht“, mit dem Bild eines handysierenden Autofahrers. Es ging um die Frage, ob Telefonieren während des Fahrens gefährlich ist. „Es ist gefährlich“, sagen Fachleute schon lange: Nach Meinung des Experten Michael Rytz vom Verkehrsclub der Schweiz (VCS) verringert sich das Risiko sogar durch eine Freisprechanlage nur geringfügig.

Nicht berücksichtigt hat er jedoch dabei die zusätzliche Gefährdung durch die starke Strahlung im Fahrzeug. Der Vizepräsident des Autofahrlehrer-Zentralverbandes Peter Wassmer, der Telefonieren mit dem Anzünden einer Pfeife oder Musikhören vergleicht, lässt diesen wichtigen Punkt völlig ausser Acht.

Der Brückenbauer fordert seine Leser auf: „Schreiben Sie uns, Ihre Meinung interessiert uns.“
Verschiedene Leser haben nun auf die Aufforderung des „Brückenbauer“ reagiert und sich die Mühe für einen Leserbrief genommen. Veröffentlicht wurde kein einziger.

Also lauter leere Worte. Im Gegenteil: Die verantwortliche Leserbriefredaktion hat ihr Leserpublikum mit der lapidaren Antwort verärgert, man müsse aus der grossen Zahl von Lesermeinungen aus Platzgründen eine Auswahl treffen und schliesst mit

„Wir wünschen Ihnen für die Zukunft alles Gute und freuen uns, wenn wir Sie weiterhin zu unserer interessierten Leserschaft zählen dürfen“

Eines unserer Mitglieder liess das Ganze nicht auf sich beruhen. Stellvertretend für andere Leserbriefschreiber hier seine Antwort auf die Ignorierung seiner Meinung:

Ihre Meinung interessiert uns – dann doch nicht.

Oder: nur mobilfunkfreundliche Leserbriefe erwünscht

von Lothar Geppert, 25.8.03

Ich studiere tagtäglich Zeitungen, um Artikel zum Thema Mobilfunk zu lesen. Im Anschluss an einen Artikel findet man dann oft noch den Hinweis „Schreiben Sie uns, Ihre Meinung interessiert uns! Doch speziell meine Meinung interessiert dann anscheinend doch nicht – sie ist eben mobilfunkkritisch.

Unermüdlich durchforste ich jedes Mal das Leserforum einer Zeitung, doch die einzigen Zeitungen, in denen ich bisher mobilfunkkritische Leserbriefe fand, waren die Konsumentenzeitungen SALDO, PULSTIPP und BEOBACHTER. Der „Brückenbauer“ der Migros gehört dann schon nicht mehr dazu. Ich dachte mir, ich lasse es einmal selber drauf ankommen und schrieb auf den Artikel „Telefonieren, bis es kracht“ (Nr. 28, 8.7.03) einen Leserbrief „Telefonieren, bis es kra(nk ma)cht.“ Der wanderte aber auch trotz Beteuerungen der Redaktion, man lege grössten Wert auf Lob, Kritik, Fragen und Anregungen aus der Leserschaft, wieder im Papierkorb – wie viele meine bisherigen Mobilfunk-Leserbriefe an Nicht-Konsumentenzeitungen.

Wird der alte Gottlieb Duttweiler bei der Migros nur noch aus der Kiste geholt, wenn er zur Steigerung des Konsums beitragen soll? Den Verkauf von Handys darf er offensichtlich nicht stören. Hier wird die Kiste schnell wieder zugemacht. Dass die Gesundheit unserer Kinder dabei langfristig massiv gefährdet ist, hat ihn nicht zu interessieren. Was soll´s? Er ist ja auch schon längst tot.

Aber bevor ich mir nun die Finger weiterhin sinnlos wund schreibe,hätte ich doch noch eine Bitte an alle Nicht-Konsumentenzeitungen: Druckt doch den Vermerk gleich unter den Artikel, dass MAN AUS PLATZGRÜNDEN AUF DEN ABDRUCK VON MOBILFUNKKRITISCHEN LESERBRIEFEN VERZICHTEN MUSS.

Ich spare dadurch viel Arbeit ein. Herzlichen Dank im Voraus.

Frage: Geht´s nicht noch ein wenig scheinheiliger? Der „Brückenbauer“ ist ein heisser Kandidat für die Vergabe des Preises von Gigaherz für die grösste Scheinheiligkeit.

Von Hans-U. Jakob

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