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Tausende von illegalen Mobilfunkantennen in der Schweiz

Tausende von illegalen Mobilfunkantennen in der Schweiz

Hans-U. Jakob, 28.10.04

Um allfällige Milliardenschäden an der Gesundheit der Bevölkerung nicht selber tragen zu müssen, sondern dereinst elegant auf die Grundeigentümer abschieben zu können, kaufen Mobilfunkbetreiber in der Regel keinen einzigen Quadratmeter Boden um ihre Anlagen aufzustellen, sondern treten lediglich als Mieter auf.
Wird eine industriell-gewerbliche Anlage jedoch fest mit dem Erdreich verbunden, wie ein hoher Sendemast, erfordert dies nicht einen Miet-, sondern einen Baurechtsvertrag, welcher auch im Grundbuch eingetragen werden muss. Damit wäre der ursprüngliche Grundeigentümer aus dem Schneider und die Mobilfunker würden voll haftbar. (Art 679 und 684 ZGB) Klar, dass das letzteren nicht ins Konzept passt und diese deshalb ausschliesslich Mietverträge abschliessen.
Mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Dorneck wurde diese Praxis nun beendet und Tausende von Mietverträgen sind ungültig geworden. Tausende von Mobilfunkantennenmasten, die direkt auf dem Erdboden stehen, sind illegal geworden.
Oppositionsgruppen tun gut daran bei der Baupolizeibehörde ihrer Gemeinde mit eingeschriebenem Brief die sofortige Stillegung und den Abbruch zu verlangen, falls kein Baurechtsvertrag und kein Eintrag im Grundbuch vorliegt.
Nur ältere Anlagen haben wegen dem Gewohnheitsrecht eine Chance, stehen zu bleiben.
Auch Umrüstungen auf UMTS können ab sofort nur noch mittels eines Baurechtvertrages erreicht werden.

Lesen Sie dazu einen Artikel der Basler-Zeitung vom 27.10.04

Gemeinde Bättwil zwingt Orange vor Gericht in die Knie

Der Mobilfunkbetreiber darf im hinteren Leimental eine geplante Sendeanlage wegen eines fehlerhaften Vertrags nicht bauen

Kurt Tschan

Auch das Bundesgericht hat nicht immer Recht. Obwohl es in einem öffentlich-rechtlichen Verfahren der Orange SA die Erlaubnis zum Bau einer Mobilfunkantennenanlage gegeben hat, ist das Projekt nun geplatzt. Ein neues Urteil vom Dornacher Amtsgericht könnte ein Beben in der Branche auslösen.

Das dreiköpfige Amtsgericht in Dornach unter der Leitung von Markus Christ hat gestern in einem Zivilverfahren den Bau einer Mobilfunkantenne im Bättwiler Industriegebiet gestoppt. Damit lässt sich auch der Entscheid der obersten Schweizer Richter, die dem Projekt bereits die Baubewilligung erteilt hatten, nicht vollziehen. Der Grund: Die Vertragskündigung des Vermieters, eines Garagisten, war bereits vor Baubeginn rechtskräftig und erfolgte aus wichtigen Gründen.

Einmalig. Nachdem der Bau der rund 300 000 Franken teuren Anlage im 1200-Seelen-Dorf bekannt geworden war, hagelte es Kritik. Zwei Initiativkomitees sammelten rund 700 Unterschriften. Der Garagist selber wurde beschimpft. Kunden tankten plötzlich woanders und brachten ihre Fahrzeuge nicht mehr zur Reparatur. In einem für schweizerische Verhältnisse bis jetzt einmaligen Vorgang bewilligte die Gemeindeversammlung überdies einen Blanko-Check im Kampf gegen die Orange-Antenne. Sie nahm dadurch ein beträchtliches finanzielles Risiko in Kauf. In ihrer Widerklage forderte die Orange Communications SA nämlich Schadenerstatz in der Höhe von 900 000 Franken.

Fehlerhafter Vertrag. Letztlich bleiben dem orangen Telekommunikations-Riesen nach dem erstinstanzlichen Urteil aber nur Unkosten. Orange SA hat dem Garagisten eine Parteientschädigung von 18 000 Franken zu entrichten und muss die Gerichtskosten von 10???000 Franken berappen. In seinem Urteil sprach das Gericht von einem eigentlichen Boykott im Dorf gegen den Garagisten. Dessen Existenzängste seien begründet gewesen. Für die Vertragsauflösung hätten deshalb wichtige Gründe vorgelegen. Gleichzeitig habe
Orange aber ihre Schadenersatzforderungen nur pauschal in den Raum gestellt und nicht detailliert beziffert.

Mit dem Dornacher Urteil kommt Orange in die Bredouille. Das Gericht spricht nämlich von einem Baurechtsvertrag mit mietrechtlichen Elementen, der abgeschlossen worden sei. Die Orange-Verträge sind aber als Mietverträge deklariert. Zudem hätte im vorliegenden Fall fälschlicherweise das Mietrecht als solches im Grundbuch eingetragen werden sollen. Richtig wäre aber ein Eintrag als Dienstbarkeit gewesen. Da Orange nach eigenen Angaben bis jetzt in der ganzen Schweiz vergleichbare Standard-Mietverträge für das Aufstellen von Antennenanlagen ausgestellt hat, geht der siegreiche Anwalt des Garagisten, Lorenz Altenbach aus Dornach, davon aus, dass das gestrige Urteil des Amtsgerichtes Signalwirkung haben und weitere Prozesse auslösen könnte.

Von Hans-U. Jakob

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