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Strahlende SBB

Strahlende SBB

„Trittst im Morgenrot daher, seh ich dich im Strahlenmeer“ so beginnt schliesslich unsere Nationalhymne. Klar, dass bei diesen gewaltigen Worten die Schweizerischen Bundesbahnen nicht neben den Gleisen fahren dürfen.

Eine Zusammenfassung von Elisabeth Buchs

In der Zeitschrift „Saldo“ vom 2. März 2005 ist Folgendes zu lesen: Die SBB lassen seit drei Jahren von Swisscom, Sunrise und Orange kleine Handy-Antennen in die Abteile der Intercity-Doppelstockzüge einbauen, sogenannte Repeater, die das Signal verstärken und Daten, sowie Gespräche von den Aussenantennen zu den Reisenden leiten und umgekehrt. Die Repeater befinden sich in den oberen Abteilen bei jeder zweiten runden Sitzbank, in den sogenannten Business-Abteilen, genau über dem Kopf der Reisenden.

Beispiele: In einem Doppelstockwagen Zürich – Bern sind auf der Sitzbank 1. Klasse, direkt unter der Antenne im Kopfbereich des Passagiers, durchschnittlich 1,73 V/m, und maximal 6,22 V/m zu messen . Bei einem anderem Repeater im gleichen Zug strahlt es mit maximal 12.15 V/m.

Repeater.jpg

Bild: Was in der oberen linken Bildecke aussieht wie ein Rauchmelder, ist in Tat und Wahrheit ein kleiner Mobilfunksender. Wer unmittelbar darunter sitzt, hat dauernd zwischen 1.73 bis 16.35V/m am Kopf (Bildausschnitt aus Saldo 4/2005)

Im Intercity Luzern – Zürich beträgt die Höchststrahlung 16.35 V/m am Kopf des Reisenden auf der 1. Klass-Sitzbank. Die permanente Belastung ergibt 9,31 V/m, selbst wenn in naher Umgebung niemand telefoniert. Über den ganzen Zug hinweg beträgt die Strahlung durchschnittlich noch 1 V/m.

In den Neigezügen gibt es keine Repeater, dennoch kann dank eines Kabels in der Decke einwandfrei mobil telefoniert werden. Die Messung auf der Strecke Yverdon – Basel bestätigt: praktisch kein Mobilfunk-Elektrosmog. Diese Lösung sei aus Platzgründen in den Doppelstockzügen nicht möglich, sagen die SBB. Auch in Regionalzügen finden sich keine Antennen, hier sendet das Handy am Ohr einfach stärkere Signale.

Die SBB überlassen der Swisscom bis September weitere 35 einstöckige Intercity und 40 Doppelstockwagen, um Antennen fürs kabellose Surfen im Internet einzubauen.

Der Bundesrat habe die Bahn nicht als Ort mit empfindlicher Nutzung eingestuft, der Grenzwert sei deshalb hier zehnmal höher, wird von interessierten Kreisen und von den SBB behauptet. Das heisst, 50 statt „nur“ 5V/m.

Elektrosmog sinkt halt nicht
Der Saldo-Artikel hat auch die Konsumentenschutzsendung „Espresso“ von Radio DRS1 am Montagmorgen, 7.3.05 auf den Plan gerufen.
Espresso hat mit Hans-U. Jakob, Präsident und Messtechniker bei Gigaherz.ch ein Interview zu dieser Thematik geführt, welches in der Folge auf ein absolutes Minimum an Sendezeit zusammengeschnitten wurde. Das Thema wurde fallen gelassen wie eine heisse Kartoffel. Dafür wurde umso ausführlicher darüber berichtet, was zu tun sei, wenn tiefgefrorene Fische auf dem Heimweg vom Supermarkt im Auto auftauen und dieses jämmerlich verstinken. Ein wahrlich weitaus aktuelleres Thema, besonders in dieser kalten Jahreszeit.

Wir wiederholen hier deshalb das ungekürzte Interview in seiner ganzen Länge.

Espresso: Was sagen Sie zu den Ergebnissen des ?Saldo?-Tests?

Gigaherz: Super, würde ich glatt alles unterschreiben, denn sie entsprechen unseren eigenen Messungen bei Repeatern im Innern von Gebäuden.

Espresso: Die Messwerte liegen doch unter den geltenden Grenzwerten….. Wo ist das Problem?

Gigaherz: Dazu muss man natürlich wissen, wie solche Grenzwerte gemacht werden. Das Bundesgericht hat 30.8.2000 entschieden, dass Grenzwerte nicht nach medizinischen Gesichstpunkten festzulegen sind, sondern nach wirtschaftlicher Tragbarkeit und technischer Machbarkeit.
Noch schöner formuliert es das Bernische Verwaltungsgericht am 5.3.2001:
„Die Bevölkerung hat kein Anrecht auf ein Null-Risiko, Grenzwerte dienen lediglich dazu, die Schäden in vertretbaren Grenzen zu halten.“

Wer auf solche Basteleien der Justiz und der Politik vertraut, darf sich nicht wundern, wenn er oder sie eines Tages mit einem Hirntumor herumläuft.

Espresso: Was sagen Sie zu den Repeatern in öffentlichen Verkehrsmitteln generell?

Gigaherz: Diese sind völlig unnötig. Wenn ich im Zug mit dem PC arbeiten will, um etwa einen Gigaherz-Artikel zu schreiben, benötige ich sicher keinen Internetanschluss, sondern eine 230VAC-Steckdose, damit mir die Batterie des Notebooks nicht auf halbem Weg zwischen Bern und Zürich aussteigt.
Als Privilegierter der Spezies Mensch, benötige ich auch kein Handy, denn ich bin weder Diener noch Sklave, den man jederzeit herbeiklingeln kann.

Espresso: Wie könnten die SBB das Problem entschärfen und die nach Ihrer Meinung bestehenden Gefahren mindern?

Gigaherz: Die Abteile mit Repeatern müssen gekenzeichnet werden. Etwa wie Raucherabteile auch. Die Repeater selbst müssen mit grossen Warnschildern versehen werden, damit sich niemand der das nicht will, unwissentlich darunter setzt.

Espresso: Die SBB wollen weitere Züge mit Repeatern ausrüsten lassen: Was sagen Sie dazu?

Gigaherz: Die SBB werden vielleicht bald durch Schaden klug? Vielleicht dann, wenn sie durch ihr rücksichtsloses Vorgehen 5 bis 10% ihrer Kunden verloren haben.

Espresso: Kommen wir weg von den Mobilfunkstrahlen: Zugreisende sind auch anderen Strahlungen ausgesetzt: Wie sehen Sie da die Relationen?

Gigaherz: Rund um die Fahrleitung und rund um die Schienen, welche dem Fahrstrom als Rückleiter dienen, entstehen immense niederfrequente Magnetfelder. Vor allem beim Anfahren, Beschleunigen und in Steigungen. Diese Magnetfelder klingen mit der Distanz sehr rasch ab. In den Doppelstockzügen sitzt der Passagier jedoch unten praktisch auf den Schienen und im oberen Stock hat er den Kopf praktisch an der Fahrleitung.

Espresso: Wie beurteilen Sie generell die Wirkung, die von den niederfrequenten Magnetfelden ausgeht?

Gigaherz: Diese sind in der Tabelle der Gefahrenstufen ebenso hoch, wenn nicht gar noch etwas höher einzustufen.
Bei den niederfrequenten Feldern haben wir eine genügende Beweislage, um diese als „krebserzeugend“ zu bezeichnen. Die Intensität in den Doppelstockwagen ist dazu genügend hoch. Besonders gefährdet sind die Kontrolleure im oberen Stock, welche den Kopf infolge ihrer stehenden Arbeitsweise praktisch 8 Stunden am Tag direkt an der Fahrleitung haben.

Espresso: Gibt es hier Anliegen/Forderungen an die Bahnbetreiber?

Gigaherz: Die sollen ihre Passagiere besser einpacken. Niederfrequente Felder können nur an der Quelle abgeschirmt werden. Hier heisst das konkret: am Unterboden und an der Decke der Doppelstockwagen. Abschirmbleche und dicke Abschirmmatten sind heute marktübliche Handelsware und sind in verschiedenen, modernen Lokomotiv-Typen zum Schutz der Lokführer auch schon angebracht worden.

Espresso: Was raten Sie Bahnreisenden?

Gigaherz: Bei der Generaldirektion SBB schriftlich protestieren und sich ja nicht mit eingehaltenen Grenzwerten abspeisen lassen. Diese dienen nämlich nicht dem Gesundheitsschutz, sondern dem Schutz der Mobilkfunkbetreiber und der Stromhändler vor den Anliegen der Bevölkerung.

Von Hans-U. Jakob

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