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Mobilfunkerschulden, die Sargnägel der Wirtschaft.

Der finanzielle Super-GAU ist nicht mehr aufzuhalten!

Vorspann von Hans-U-Jakob 3.3.2001

400 Milliarden Schulden der Europäischen Telekommunikationsbranche werden in diesem Jahr zur Rückzahlung fällig. Beträge die infolge des mörderischen Konkurrenzkampfes bei den Gesprächstaxen, infolge der Millionen von verschenkten Handys, infolge der zahlreichen Bestechungsgelder an Regierungen, Behörden und Wissenschafter, infolge des steigenden Widerstandes gegen neue Mobilfunktürme in der Bevölkerung und dem damit verbundenen schleppenden Netzaufbau und infolge fallender Aktienkurse nicht mehr, oder nur noch zu einem kleinen Teil vorhanden sind. Ein intergalaktischer Crash wird für die 2.Jahreshälfte erwartet. Die meisten Investitionen von Banken, Anlagefonds, Versicherungsgesellschaften, Pensionskassen und ähnlichen Institutionen scheinen heute schon so gut wie verloren.

Die Umschuldungsversuche der Mobilfunker, das heisst mit der Auflage neuer Aktien, alte Schulden und Rückzahlungsverpflichtungen zu begleichen sind kläglich gescheitert.
Orange hoffte so 300 Milliarden einzunehmen, eingegangen sind knapp 90 Mia. Und die Aktien mussten erst noch 17% unter dem Nominalwert angeboten werden, damit überhaupt jemand darauf einstieg.
Und in der Schweiz muss Swisscom um zu überleben, ihre eigenen Gebäude, in welchen sie arbeitet und geschäftet, für 2 Milliarden verkaufen und dann teure Mietverträge mit den neuen Besitzern abschliessen. Eine kurzsichtige Politik, welche vielleicht bis zum nächsten Quartalsabschluss reicht, nicht aber für die nächsten 5 Jahre.

Lesen Sie dazu einen Ausschnitt aus der Wochenzeitung „Neue Solidarität“ Bahnstrasse 9a in D-65205 Wiesbaden. http://www.solidaritaet.com/neuesolidaritaet.

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion von Solidarität hier wiedergegeben:

Telekomschulden – Sargnagel des globalen Finanzsystems?

Von Lothar Komp

Etwa 400 Mrd. DM Schulden der internationalen Telekomunternehmen werden in diesem Jahr fällig. Neben der Hyperinflation im Energiesektor ist dies ein weitere Zeitbombe für die internationalen Finanzmärkte.

Allein in diesem Jahr müssen die sieben grössten europäischen „Telekoms“ – British Telecom, France Telecom, Deutsche Telekom, die niederländische KPN,
Vodafone in Grossbritannien, Telecom Italia und Telefonica in Spanien – mehr als 160 Mrd. DM an fälligen Schulden begleichen. Für die gesamte Branche weltweit
werden die im Jahre 2001 fällig werdenden Schulden auf 400 Mrd. DM geschätzt.

Natürlich sind die betreffenden Unternehmen nicht in der Lage, auch nur einen gewissen Anteil dieser Schulden aus den Gewinnen ihrer laufenden Geschäftstätigkeit
abzuzweigen. Denn weil sie auch noch riesige Investitionen für den Aufbau der UMTS-Infrastruktur aufbringen müssen und obendrein noch immense Summen für
Werbung und Dumping ausgeben, um den Kundenstamm im Mobilfunk auszuweiten, schreiben sie fast alle Verluste.

Ein besonders schlagendes Beispiel ist das vor kurzem noch mittelständische Unternehmen Mobilcom aus Rendsburg-Büdelsdorf, das im Sommer 2000 – freilich mit
der France Telecom im Rücken – bei der deutschen UMTS-Auktion zwei Lizenzen für insgesamt 16,2 Mrd. DM kaufte. Bisher hatte Mobilcom kalkuliert, „nur“ die
nächsten 24 Quartale mit Verlust abzuschliessen. Doch jetzt musste die Geschäftsführung eingestehen, dass dieses Ziel wohl nicht erreichbar ist und die Gewinnschwelle auch in dem für die Aktienmärkte in ferner Zukunft liegenden Jahr 2006 vermutlich nicht erreicht werden kann. Daraufhin stürzte der Mobilcom-Kurs, der im März 2000 noch bei 210 Euro gelegen hatte, am 14. Februar auf ein neues Tief von mickrigen 25 Euro.

Der Reinfall mit den Aktien:

Es gibt verschiedene Wege, wie ein grosses Unternehmen an Liquidität in Milliardenhöhe herankommen kann. Traditionell wäre hier an erster Stelle der Bankkredit
zu nennen. Aber die Banken, ganz besonders die europäischen, sitzen bereits auf so hohen Telekomkrediten, dass die Bankenaufsichten und Zentralbanken in
London, Frankfurt und anderswo Alarm geschlagen haben und sie eindringlich vor jedem weiteren Engagement in diesem Sektor warnten.

Dann gibt es da noch die internationalen Anleihemärkte. Wie ein Heuschreckenschwarm sind die Telekomunternehmen in der jüngeren Vergangenheit über diese
Märkte hergefallen. Inzwischen ist dieses Treiben auch den grossen Ratingagenturen nicht ganz geheuer, so dass sie die „Ratings“ (eine Art Zensur für finanzielle
Gesundheit) der grossen Telekomunternehmen deutlich herabgestuft haben, was wiederum unmittelbar dazu führt, dass diese den Käufern ihrer Anleihen noch höhere
Zinsen versprechen müssen. Zu allem Überfluss werden die Anleihemärkte jetzt auch noch durch Meldungen über sich dramatisch häufende Zahlungsunfähigkeiten bei
Unternehmensanleihen aufgeschreckt.

Nun gibt es da noch einen weiteren Weg, an die dringend benötigten Milliarden heranzukommen: die Emission von Aktien. Die Deutsche Telekom hat dies im Juni
2000 getan und es mit zahlreichen Fernsehauftritten des vertrauenerweckenden TV-Lieblings Manfred Krug geschafft, jeden zweiten deutschen Haushalt zur
Zeichnung von Telekomaktien zum Stückpreis von 63 Euro anzustacheln. Die meisten kamen wegen der überhöhten Nachfrage nicht zum Zuge – glücklicherweise.
Denn in der zweiten Jahreshälfte 2000 ist der Telekomkurs, der im März 2000 bei 105 Euro gestanden hatte, auf rund 35 Euro abgestürzt.

Man kann das Ganze auch etwas eleganter anstellen und etwa die Mobilfunksparte als eigenständiges Unternehmen ausgliedern und sodann an die Börse bringen.
Die Deutsche Telekom wollte dies eigentlich schon im vergangenen Jahr mit ihrer Tochter T-Mobil tun. Doch aufgrund des Crashs bei den Technologieaktien hat
man diesen Schritt dann wohlweislich um mindestens ein Jahr hinausgeschoben.
Dagegen konnte die France Telecom nicht länger warten, weil sie ihre Schulden an Vodafone in London zu bezahlen hatte. Die Mobilfunktochter Orange musste
daher jetzt im Februar 2001 an die Börse gehen. Als France Telecom vor einem Jahr Orange dem britischen Konkurrenten Vodafone abkaufte, der wiederum
gerade Mannesmann geschluckt hatte, da plante man, mit dem Börsengang von Orange rund 300 Mrd. DM einzunehmen. Es sollte mit Abstand der grösste
Börsengang aller Zeiten in Europa werden. Doch das Unternehmen „Orange-Aktie“ ging gründlich schief. France Telecom musste seine Preisvorstellungen immer
weiter zurücknehmen. Unmittelbar vor Ende der Zeichnungsfrist musste der Ausgabepreis für die Orange-Aktien noch einmal um 17% gesenkt werden, weil
ansonsten ein Debakel drohte. Schliesslich sprangen lediglich 90 Mrd. DM beim Orange-Börsengang heraus – zwar ein hübsches Sümmchen, aber viel zu wenig, um
die ehrgeizigen Finanzpläne aufrechtzuerhalten. Und dann stürzte die ohnehin schon um 17% verbilligte Aktie an ihren ersten drei Handelstagen auch noch um weitere
13% in den Keller.

Daraufhin senkten die Ratingagenturen sogleich die Einstufungen derjenigen Telekomunternehmen, die wie die Deutsche Telekom oder KPN in nächster Zeit
ebenfalls einen Mobilfunkbörsengang einplanen. Eine weltweite Schockwelle wurde ausgelöst, welche die Aktienkurse des gesamten Telekomsektors erneut in den
Keller fallen liess. Aktien der Deutschen Telekom stürzten am 15. Februar auf den niedrigsten Stand seit Dezember 1998: auf lediglich 27,5 Euro, das heisst nur rund
ein Viertel des Höchststandes vom vergangenen Jahr.
Am Tag zuvor kursierten in Frankfurt Gerüchte, Deutschlands Top-Manager Ron Sommer sei zurückgetreten (worden) und der Börsengang von T-Mobil werde
schon wieder um ein Jahr verschoben. Das wurde zwar als „Quatsch“ dementiert. Sehr real sind aber die 120 Mrd. DM Schulden des deutschen Telekomriesen.
Vielleicht stehen Ron Sommer und Manfred Krug demnächst vor Ihrer Tür und bitten um eine milde Gabe. Wenn jeder deutsche Haushalt 4000 DM an Ron
Sommer spendet, dann ist alles wieder gut.

Von Hans-U. Jakob

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