News

Lügen für die Mobilfunkbetreiber – Ein lukratives Geschäft

Lügen für die Mobilfunkbetreiber ??? Ein lukratives Geschäft

Beinahe so lukrativ und so schmutzig wie der Drogenhandel. Die Hoffnung auf das schnelle Geld, das Sponsoring von millionenschweren Apparaturen oder Einrichtungen oder gar die Hoffnung auf Rettung vor dem drohenden Konkurs macht auch vor Forschungsinstituten, Spitälern und Arztpraxen nicht halt. Die Möglichkeit, sich rasch nebenbei eine Yacht, ein Privatflugzeug oder auch „nur“ einen Ferarri zu verdienen, liegt für einzelne Forscher durchaus in der Luft. Vielleicht ist es bei einigen auch nur der Wunsch, rasch berühmt zu werden, in der Welt herumzujetten und an allen möglichen und unmöglichen Orten vor illustrem Publikum aufzutreten.

Hans-U. Jakob, 17.5.05

Kurz und gut, das finanzielle Engagement und die Einmischung der Mobilfunkbetreiber (und der übrigen Industrie) in die Forschung hat ein so alarmierendes Ausmass angenommen, dass sich die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) und die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) im Dezember 04 genötigt sahen, folgende Richtlinien zu erlassen:
Alle Auszüge aus dieser 14-seitigen Richtlinie sind in Schrägschrift und allfällige Kommentare von Gigaherz in Normalschrift gesetzt.
Die meisten Auszüge sind jedoch so klar, dass diese gar keines Kommentars bedürfen und bei unserer Leserschaft von selbst ein grosses AHA-Erlebnis auslösen dürften.

Zusammenarbeit Ärzteschaft ??? Industrie
Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW)
und der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH)
vom 2.12.04

Präambel
In den vergangenen Jahren hat sich die Kooperation, nicht zuletzt bedingt durch den teilweisen Rückzug der öffentlichen Hand, stark intensiviert. Diese Zusammenarbeit kann ??? auch und gerade innerhalb vorgegebener gesetzlicher Rahmenbedingungen ??? Interessenkonflikte und Abhängigkeiten mit sich bringen oder sogar ??? in Ausnahmefällen ??? zu Konflikten mit dem Gesetz führen.
Für die SAMW und die FMH geht es bei der Zusammenarbeit von Ärzteschaft und Industrie nicht nur um eine Frage des Rechts, sondern auch um eine zentrale Frage der Berufsethik.

Kapitel Klinische Forschung
Einleitung

Die Zusammenarbeit klinischer Forscher mit der Industrie oder mit von ihr beauftragten Forschungsinstituten ist in vielen Bereichen eine wichtige Voraussetzung für innovative Forschung. Diese Zusammenarbeit, aber auch die Forschungsförderung durch nichtindustrielle
Donatoren können Interessenkonflikte verursachen. Die Aussicht, mit einem Versuch oder
dessen Ergebnissen finanzielle Vorteile oder Bekanntheit zu erlangen, kann Forscher dazu
verleiten, bei der Planung, Durchführung oder Auswertung eines Versuches inkorrekt zu
handeln.
Die zur Gewährleistung der Qualität der Forschungsvorhaben und zum Schutz der
darin einbezogenen Versuchspersonen geltenden Regeln bedürfen der Ergänzung durch
Richtlinien, die zur Objektivität der Forschung, zur Vermeidung von Abhängigkeiten und zum
bewussten Umgang mit Interessenkonflikten beitragen.

Kapitel Klinische Forschung
Richtlinien

4. Der verantwortliche Prüfer und seine Mitarbeiter haben kein finanzielles Interesse am Versuch oder dessen Ergebnis.
Alle an einem Versuch beteiligten Forscher haben gegenüber der Institution, an der sie
tätig sind, ihre finanziellen Interessen offen zu legen. Insbesondere dürfen der für einen
klinischen Versuch verantwortliche Prüfer und seine Mitarbeiter nicht gleichzeitig Inhaber,
Teilhaber, Verwaltungsrat oder bedeutender Aktionär einer Firma sein, die das zu prüfende
Verfahren anwendet oder das zu prüfende Produkt herstellt oder vertreibt. Begründete
Ausnahmen von dieser Regelung müssen von der Institution, an der die Forscher
tätig sind, bewilligt werden. Ebenso sind der Institution allfällige Beratungsmandate mitzuteilen.

6. Die Bezahlung der Versuche geht an institutionelle Drittmittelkonten.
Alle von Sponsoren oder Donatoren im Zusammenhang mit klinischen Versuchen erbrachten
finanziellen Leistungen werden auf dafür bestimmte Drittmittelkonten eingezahlt.
Die Institution (Universität, Departement, Klinik, Stiftung u.a.), für welche der verantwortliche
Prüfer tätig ist, regelt den Zugriff auf diese Konten.
Diese Konten werden jährlich von einer unabhängigen Kontrollstelle revidiert. Die Rechnung
dieser Konten inkl. Revisionsbericht wird der Institution, für welche der verantwortliche
Prüfer tätig ist, jährlich zur Abnahme vorgelegt.

Hier läuten bei Gigaherz die Alarmglocken. Wer garantiert, dass diese Drittmittelkonten nicht einfach als Geldwaschmaschinen missbraucht werden, wo Industriegeld zu Forschungsmitteln gewaschen wird ?

8. Bei der Publikation und Präsentation von Ergebnissen eines Versuchs ist dessen
Finanzierung offen zu legen.

In den Publikationen von Versuchsergebnissen ist in einer Anmerkung oder Fussnote für die Leserschaft deutlich erkennbar zu machen, wer den Versuch als Sponsor finanziert hat. Bei der Vorstellung von Versuchsergebnissen an Vorträgen, Kongressen und dergleichen ist deutlich auf diese Tatsache hinzuweisen; ebenso sind allfällige Interessebindungen der Autoren offen zu legen.

Etwas, was Gigaherz seit Jahren fordert, scheint hier in Erfüllung zu gehen. Gigaherz wird bei allen Forschungsarbeiten, die nach dem 2.12.04 veröffentlicht wurden, auf diese Offenlegung pochen. Fehlt diese, werden wir bei Behörden und Gerichten darauf bestehen, diese Arbeiten aus den Akten zu eliminieren.
Diese Offenlegung der Forschungsmittel fehlt zum Beispiel bei den jüngst veröffenlichten Entwarnungen der Forschungsgruppe „Mensch-Umwelt-Technik MUT“ des Deutschen Forschungszentrum Jülich oder der Dänischen Krebsgesellschaft unter Christoffer Johansen. Er führte jene dänische Kohortenstudie durch, die in der Aussage gipfelte, Handys seien sicher und würden keinen Krebs erzeugen. Führt man sich dann vor Augen, dass diese dänische Kohortenstudie eine mittlere Nutzungsdauer von 2,5 Jahren berücksichtigte, weiss man, welchen wissenschaftlichen Wert diese Studie hat. Krebs hat bekanntlich eine Latenzzeit von mindestens 5 Jahren. Das ist die Zeit von der Entstehung bis zur Diagnostizierbarkeit durch den Arzt.
Als schlimmste Entgleisungen müssen auch die Veröffentlichungen des NIRMED-Clubs angesehen werden, wo man zugegebenermassen ausschliesslich auf das grosse Geld aus ist. Siehe:
NIRMED, die Strahlenwaschmaschine (unter Forschung und Technik)

10. Forscher wirken nicht mit beim Marketing von Produkten, an deren Prüfung sie beteiligt waren.
Für einen Versuch verantwortliche oder daran beteiligte Prüfer dürfen ihre Glaubwürdigkeit
nicht in Frage stellen, indem sie für das geprüfte Produkt oder Verfahren werben
oder sich in Marketing- und Werbeaktionen dafür einsetzen lassen.

Und was macht jetzt Prof Dr. Berz, seines Zeichens Wanderprediger bei Swisscom? Ist er jetzt akademischer Marketing-Berater oder wissenschaftlicher Forscher? Wie die SAMW-FMH-Richtlinie verlangt, geht beides zusammen nun nicht mehr. Dasselbe gilt wohl auch für Frau Mirjana Moser vom Bundesamt für Gesundheit und selbstredend auch für Dr. Dürrenberger von der Forschungsstiftung Mobilkommunikation und Umwelt von der ETH Zürich. Die beiden dürfen ja bei keiner grösseren Marketing- oder Werbeaktion (sprich Orientierungsveranstaltung) fehlen, wo sie stets die Unschädlichkeit der Mobilfunkstrahlung propagieren müssen.

Kapitel Aus- Weiter- und Fortbildung

7. Referenten und Organisatoren legen allfällige persönliche oder institutionelle
kommerzielle Interessen, finanzielle Verbindungen zum Sponsor, Beratertätigkeit
im Auftrag des Sponsors oder Forschungsunterstützung durch den Sponsor offen.

Referentenhonorare sollen angemessen sein. Im Programm und in den Unterlagen einer Veranstaltung sollen alle Sponsoren aufgeführt werden.
Referenten sollen ihre Interessensbindungen dem Veranstalter, der Fachgesellschaft
sowie vor Beginn ihrer Präsentation den Teilnehmern auf geeignete Weise offen legen.

Gigaherz wird die Referenten gerne an diese Verpflichtung erinnern, falls sie diese „vergessen“ sollten.

Kapitel Annahme von Geld- und Naturalleistungen
Richtlinien

1. In öffentlichen Spitälern existieren Regeln für die Entgegennahme von Geld- oder
Naturalleistungen.

Innerhalb einer Institution ist festzulegen, welche Zuwendungen von der vorgesetzten
Stelle zu genehmigen sind und welche ihr nur zu melden sind (z.B. durch Bezeichnung
von Obergrenzen oder durch Erstellen einer ?Positivliste?).
Bei allen grösseren Einkäufen und Aufträgen braucht es eine Kollektivunterschrift (Vier-
Augen-Prinzip). Die Annahme von Geld- und Naturalleistungen und das Einkaufswesen
der Institution sind strikte zu trennen.
Alle Vereinbarungen über die Entgegennahme von Geld- oder Naturalleistungen oberhalb
einer institutionsintern festgelegten Grenze haben schriftlich zu erfolgen. Diese Vereinbarungen
enthalten auch die Zusicherung, dass keine (mündlichen oder stillschweigenden)
Nebenabsprachen getroffen wurden. Zusätzlich werden auch die erlaubten Verwendungszwecke
der auf dem Spendenkonto einbezahlten Gelder festgelegt. Das Verfügungsrecht
über das Konto ist institutionsintern zu regeln.

Auch hier läuten bei Gigaherz wieder die Alarmglocken betreffend der Geldwaschmaschinen.
Wir erinnern uns mit Schaudern an die von Mobilfunkbetreibern gesponserten, millionenschweren Einrichtungen für Schlaflabors an Universitätsspitälern. Schlaflosigkeit ist bekanntermassen das am weitesten verbreitete Uebel in der Nähe von Mobilfunksendern.

2. Ärzte in freier Praxis bzw. in nicht-öffentlichen Spitälern dürfen von der Industrie keine Geld- oder Naturalleistungen entgegennehmen, es sei denn solche von geringem Wert.

Und von was soll jetzt der arme Prof. Dr. Berz leben? Muss er jetzt seine Approbation als Arzt abgeben oder auf seine PR-Tätigkeit bei Swisscom verzichten? Er hat sich ja selbst als Berater von Swisscom geoutet.

FAZIT: Der kritische Leser wird gut daran tun, in Zukunft alle Forschungsarbeiten als ungültig zu betrachten, bei welchen die Herkunft der Finanzierungsmittel nicht klar deklariert ist. „Geldwaschmaschinen“ müssen ebenfalls als solche kenntlich gemacht und die dazugehörigen Quellen offengelegt werden.
Wir erinnern uns hier an die unverdächtige Schweizer Krebsliga, welche ebenfalls gesponserte Forschungsgelder verteilt.

Wer aber glaubt, mit einem Verbot der Forschungsfinanzierung durch die interessierte Industrie könnte Abhilfe geschaffen werden, irrt sich gewaltig
Bei der Verteilung der kürzlich bewilligten 5 Bundesmillionen gibt es eine noch viel heiklere Barriere. Die Verantwortlichen im Schweizer Nationalfonds können keineswegs über diese Gelder verfügen. Dies ist ausschliesslich dem sogenannten Forschungsrat vorbehalten und dieser besteht wiederum, wie könnte es anders sein, zu gleichen Teilen aus Politikern, Wirtschaftsvertretern und Wissenschaftern. Verstehen diese zu wenig von der Materie können sie externe Experten beiziehen, deren Name und Funktion geheim bleiben muss. (Bundesgesetz über die Forschung Art 13)

Es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die 5 Millionen ausschliesslich an regierungs- und mobilfunktreue Institute vergeben werden.

Die gesamte SAMW-FMH-Richtlinie kann heruntergeladen werden unter: http://www.samw.ch/content/Richtlinien/d_AI_2_12_04.pdf

Von Hans-U. Jakob

Kommentare sind ausgeschaltet