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Handy am Steuer – BfU verwässert Gefahr

Handy am Steuer – BfU verwässert Gefahr

Sind die Gehirne vom Geschäftsleiter/Innen gemeinnütziger Organisationen und Stiftungen schon so stark verstrahlt (oder ver-sponsert?), dass diese nicht mehr klar denken können (oder dürfen) ?
Die neueste Berechnung der BfU (Beratungsstelle für Unfallverhütung) über die Gefahren bei Handytelefonaten am Steuer stützt sich auf eine Studie von 1998. Nur, dass es 1998 infolge mangelhafter Netzabdeckung noch gar nicht möglich war, während der Fahrt am Steuer zu telefonieren. Und 1998 gab es in der Schweiz erst 580’000 Handys und 2003 bereits 5’800’000. Also was soll das jetzt? Ist die BfU etwa zur BfuH (Beratungsstelle für unbeschränkten Handygebrauch) mutiert?

Der Artikel „Handy am Steuer“ im
Zofinger Tagblatt von Mittwoch, 11. August 2004
forderte Evi Gaigg zu folgendem Leserbrief heraus:

In einem Untertitel des oben genannten Beitrags ist zu lesen:

Verlässliche Zahlen (durch Handyablenkung) gibt es nicht. Die Bfu stützt sich dabei auf eine Studie der deutschen Bundesanstalt für Strassenwesen aus dem Jahr 1998 (!) und rechnet dann recht alibimässig auf Schweizer Verhältnisse um, wo es 2 Tote und 25 Schwerverletzte weniger gibt. Sehr schön, aber erstens ist jeder Tote und jeder Schwerverletzte einer zu viel und zweitens muss man sich schon fragen, warum sich die Bfu auf eine, in unserer schnelllebigen Zeit, fast 6 Jahre alte Studie stützt.

Studie aus der Pfahlbauerzeit herangezogen
Im Jahre 1998 gab es in der Schweiz erst 580 000 Mobiltelefonbenutzer und das Telefonieren im Auto während der Fahrt war zu dieser Zeit wegen der lückenhaften Netzabdeckung überhaupt noch nicht möglich. Von daher schon hinkt dieser Vergleich ganz bedenklich. Heute ist die Zahl der Handybenutzer auf 5’800’000 angewachsen und ergo auch die Zahl von Automobilisten, die auf den Gebrauch ihres Handys im Auto nicht verzichten möchten, hat sich verzehnfacht. Die von der bfu angeführten Zahlen haben also ungefähr den Stellenwert wie solche über das Auftreten von Aids bei den Pfahlbauern. Klar wird dabei, dass man sich ausgerechnet an zuständigen Stellen gar nicht um neuere Studien und verlässlichere Zahlen bemüht, obschon sie vorhanden sind; beispielsweise eine sehr aussagekräftige Studie des Transport Research Laboratory (TRL) vom 29. März 2002.

Wenn nun Nationalrat Giezendanner moniert, das Mobiltelefon sei ein integrierter Bestandteil des täglichen Lebens und ein Telefonierverbot (im Auto) würde an der Umsetzung scheitern, so ist dem zu entgegnen, dass wir dann auch Einbrechen und Stehlen, Randalieren und Vandalismus nicht mehr zu verbieten brauchen, denn es ist auch schon Fakt und lässt sich aus dem täglichen Leben ebenfalls nicht mehr wegdenken. Merkwürdige Logik!

Wer schon einmal einen Automobilisten gesehen hat, der einhändig in einen Kreisel einfuhr und mit der anderen Hand das Handy ans Ohr hielt und selbstverständlich zusätzlich durch sein Gespräch vom Fahren abgelenkt war, der mag sich ausmalen, was alles passieren kann. Von all denen, die bei hoher Geschwindigkeit auf Autobahnen und Schnellstrassen im Auto Telefonnummern einstellen, SMS lesen oder gar schreiben, gar nicht zu reden.

Eines stimmt natürlich: Es nützen alle Verbote nichts, alle Bussen (derzeit lächerlich gering für so ein verantwortungsloses Verhalten), wenn die Überwachung und die Ahndung nicht funktioniert. Solange sich dies nicht ändert, muss jeder froh sein, wenn er nicht völlig unverschuldet durch einen am Steuer handytelefonierenden Zeitgenossen zu Schaden kommt oder gar sein Leben verliert. Aber dann sind es ja „nur“ 2 Tote und 25 Schwerverletzte weniger als nach den hochgerechneten Zahlen einer veralteten deutschen Studie.

Siehe auch:
Handyaner am Steuer sind gefährlicher als Betrunkene (unter Aufrufe und Aktionen)
Telefonieren bis es kracht (unter Beiträge und Leserbriefe)

Von Hans-U. Jakob

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