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Enteignungsandrohung – Ein grosser Bluff der Mobilfunkbetreiber

Enteignungsandrohung ??? Ein grosser Bluff der Mobilfunkbetreiber

Die Mobilfunkbetreiber stehen, was die Okkupation von neuen Senderstandorten betrifft, mit dem Rücken zur Wand. Die Vermietung eines Senderstandortes wird von weiten Bevölkerungskreisen geradezu als krimineller Akt betrachtet und kaum jemand ist noch gewillt, die entsprechende Verachtung auf sich zu nehmen. Immer öfter drohen deshalb in letzter Zeit die Mobilfunkbetreiber den Grundeigentümern, darunter auch Gemeinden, mit der Enteignung.

Hans-U. Jakob, 26.5.05

Mobilfunkantennen liegen nicht im öffentlichen Interesse
Das Bundesgericht macht diesem Treiben nun ein jähes Ende. Wer hätte das gedacht!
Mit Urteil 1A.266/2004 vom 6.April 05 schützt das Bundesgericht ein Urteil des Verwaltungsgerichtes des Kantons Luzern, welches besagt, Mobilfunkantennen hätten nicht den Charakter des öffentlichen Interesses. Dieses öffentliche Interesse liege nur für Anlagen der Grundversorgung vor. Erstaunlich?

So ganz erstaunlich doch wieder nicht. Denn im Bundesgesetz über die Enteignung steht bereits im ersten Artikel, dass ein Enteignungsverfahren nur für Werke, die im Interesse der Eidgenossenschaft, oder eines grossen Teiles des Landes liegen, angehoben werden kann und nur sofern es zur Erreichung des Zweckes keine andere Möglichkeit gibt.

Und wenn schon eine Enteignung ins Auge gefasst werde, dann bestimmt nicht innerhalb eines Baurechtsverfahrens. Dazu, meint das Bundesgericht, müsse der Zivilprozessweg durch alle Instanzen hindurch beschritten werden und hier sei der Ausgang höchst ungewiss.
Wenn schon ein so mobilfunkfreundliches Gericht wie das Bundesgericht von einem ungewissen Ausgang spricht, bedeutet das so gut wie Ablehnung.

Der Instanzenweg
Ein Enteignungsgesuch müsste in erster Instanz bei der Gemeinde beantragt werden. Dazu müssten die Baupläne aufgelegt werden, und alle Betroffenen könnten dagegen einsprechen.
Erste Rekursinstanz wäre die eidg. Schätzungskommission. Auch gegen deren Entscheide könnte rekurriert werden und zwar beim Bundesgericht.

Kostenlos
Was immer und überall verschwiegen wird: Alle Kosten für Enteignungsverfahren müssen vom Enteigner getragen werden, inklusive der Anwaltskosten und anderer Aufwände des Enteigneten, auch wenn dieser unterliegt.
Ein mit einem Enteignungsverfahren Bedrohter kann also völlig gratis, das heisst zu Lasten des Enteigners bis ans Bundesgericht gelangen und sich dafür erst noch einen Staranwalt leisten.

Und es dauert und dauert……..
Enteignungsverfahren können unheimlich in die Länge gezogen werden. Unter 3 Jahren ist da für den Enteigner schon gar nichts zu machen. Die längsten uns bekannten Verfahren dauerten bis zu 10 Jahren. Bis dahin dürfte ein Mobilfunksenderstandort längstens gestorben, oder durch einen ganz anderen ersetzt worden sein.
Eine Generalabonnement für Enteignungsverfahren kann von den Mobilfunkbetreibern nicht gelöst werden. Für jeden Senderstandort muss ein neues Verfahren eröffnet werden.

Reiner Bluff
Die übliche Drohung an Grundeigentümer, wenn er den Mietvertrag für den Senderstandort nicht schleunigst unterschreibe, werde er kaltschnäutzig enteignet, ist also reiner Bluff und kann mit einem herzhaften Lachen quittiert werden.

Rückzug der Unterschrift unter den Bauplänen ist rechtens
Wurde bei einem Grundeigentümer die Unterschrift unter die Baupläne arglistig erschlichen, etwa mit der Behauptung, die Strahlung sei bei der Einhaltung der Grenzwerte unbedenklich und niemand könne ihn für Strahlenschäden zur Verantwortung ziehen, kann dieser Grundeigentümer laut demselben Bundesgerichtsurteil, seine Unterschrift mit eingeschriebenem Brief an die Gemeinde rückgängig machen. Die Gemeinde darf nun, infolge fehlendem Einverständnis des Grundeigentümers, das Baugesuch nun nicht mehr bewilligen.
Dieser Weg wurde schon öfters beschritten. Die rückzugswilligen Grundeigentümer wurden dann jedoch von den Mobilfunkbetreibern flugs mit unverschämten Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe bedacht und fielen meistens gleich wieder um.
Er sei auf diese Art mit renitenten Grundeigentümern noch immer fertig geworden rühmt sich der orange Mobilfunkbetreiber im vorliegenden Bundesgerichtsverfahren und man solle ihm jetzt nicht mit Lappalien, wie einer fehlenden Unterschrift kommen. Das sei Willkür.

NIX Willkür hat nun das Bundesgericht entschieden
Die Mobilfunker müssten den angeblichen Schaden, in einen separaten Zivilprozessverfahren erst einmal beweisen, sagt das Bundesgericht.
Und wie wäre ein Schaden an einer noch gar nicht existierenden Anlage wohl zu beweisen?
Oder die Schmälerung eines noch gar nicht existierenden Gewinnes, der ebensogut ein Riesenverlust sein könnte? Das wäre dann wirklich eine Premiere in der Schweizer Rechtsprechung.

Vergewaltiger wirft den Vergewaltigten unsittliches Verhalten vor

Als Pointe an diesem wohl einmaligen Bundesgerichtsverfahren wirft der orange Mobilfunkbetreiber der Gemeindeversammlung, welche zur Unterstützung des ausstiegswilligen Grundeigentümers einen Beitrag von Fr. 50’000 gutgeheissen hatte, unsittliches Verhalten vor und erfindet gleich noch einen völlig neuen Strafgesetzbuchartikel. Nämlich: Anstiftung zum Vertragsbruch.
Verursacht Mobilfunkstrahlung nun tatsächlich Denkfehler? Es macht den Anschein!

Uebrigens der Bundesgerichtspräsident hiess diesmal nicht Aemisegger

Von Hans-U. Jakob

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